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Riester-Verträge: Unwirksamkeit zweier Klauseln zur Kostenüberschussbeteiligung der Versicherungsnehmer

BGH 13.1.2016, IV ZR 38/14

Der BGH hat zwei Teil­klau­seln in den Be­din­gun­gen von Ries­ter-Ren­ten­ver­si­che­rungs­verträgen ei­nes deut­schen Ver­si­che­rungs­un­ter­neh­mens, wel­che die Kos­tenüber­schuss­be­tei­li­gung der Ver­si­che­rungs­neh­mer be­tref­fen, für in­trans­pa­rent und des­halb un­wirk­sam erklärt. Die be­an­stan­de­ten Text­stel­len we­cken bei dem Ver­si­che­rungs­in­ter­es­sen­ten zu Un­recht die Er­war­tung, in je­dem Falle an den Kos­tenüber­schüssen be­tei­ligt zu wer­den.

Der Sach­ver­halt:
Das Ver­fah­ren be­trifft zwei Teil­klau­seln in den Be­din­gun­gen von Ries­ter-Ren­ten­ver­si­che­rungs­verträgen des be­klag­ten deut­schen Ver­si­che­rungs­un­ter­neh­mens, die die Kos­tenüber­schuss­be­tei­li­gung der Ver­si­che­rungs­neh­mer be­tref­fen.

Die Text­stel­len lau­ten

"Wir be­tei­li­gen Sie nach § 153 Ver­si­che­rungs­ver­trags­ge­setz (VVG) an den Über­schüssen"

So­wie - spe­zi­ell zur Ver­tei­lung u.a. von Über­schüssen aus Kos­ten­ein­spa­run­gen

"Auch von die­sen Über­schüssen er­hal­ten die Ver­si­che­rungs­neh­mer min­des­tens den in der je­weils ak­tu­el­len Fas­sung der MindZV ge­nann­ten Pro­zent­satz (der­zeit 50 Pro­zent)."

Die bei­den kla­gen­den Ver­brau­cher­schutz­verbände hal­ten die Teil­klau­seln für in­trans­pa­rent.

Das OLG gab den Kla­gen statt und sprach ge­genüber der Be­klag­ten das Ver­bot aus, diese Klau­seln wei­ter­hin zu ver­wen­den. Die Re­vi­sion der Kläge­rin hatte vor dem BGH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Die be­an­stan­de­ten Klau­seln sind in­trans­pa­rent und des­halb un­wirk­sam.

Das Trans­pa­renz­ge­bot nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB ver­langt vom Ver­wen­der von AGB, dass die Rechte und Pflich­ten des Ver­trags­part­ners möglichst klar und durch­schau­bar dar­ge­stellt sind und die Klau­seln darüber hin­aus die wirt­schaft­li­chen Nach­teile und Be­las­tun­gen so weit er­ken­nen las­sen, wie dies nach den Umständen ge­for­dert wer­den kann. Eine Re­ge­lung hält des­halb ei­ner Trans­pa­renz­kon­trolle u.a. dann nicht stand, wenn sie an ver­schie­de­nen Stel­len in den Be­din­gun­gen nie­der­ge­legt ist, die nur schwer mit­ein­an­der in Zu­sam­men­hang zu brin­gen sind, oder wenn der Re­ge­lungs­ge­halt auf an­dere Weise durch die Ver­tei­lung auf meh­rere Stel­len ver­dun­kelt wird.

Die be­an­stan­de­ten Text­stel­len we­cken bei dem Ver­si­che­rungs­in­ter­es­sen­ten die Er­war­tung, in je­dem Falle an den Kos­tenüber­schüssen be­tei­ligt zu wer­den, während ihm ent­ge­gen der in­so­weit schein­bar un­ein­ge­schränk­ten Zu­sage nicht aus­rei­chend ver­deut­licht wird, dass Ren­ten­ver­si­che­rungs­verträge, de­ren Ga­ran­tie­ka­pi­tal ein von der Be­klag­ten in ih­rem Ge­schäfts­be­richt fest­zu­set­zen­des Vo­lu­men (der­zeit 40.000 €) un­ter­schrei­tet, auf­grund wei­te­rer, an an­de­rer Stelle ge­trof­fe­ner Re­ge­lun­gen von der Be­tei­li­gung an Kos­tenüber­schüssen von vorn­her­ein aus­ge­schlos­sen sind. Einen so weit­ge­hen­den und grundsätz­li­chen Aus­schluss kann der durch­schnitt­li­che Ver­trags­in­ter­es­sent, auf des­sen Sicht es in­so­weit maßgeb­lich an­kommt, dem Be­din­gungs­werk nicht aus­rei­chend ent­neh­men.

Die Be­din­gun­gen ent­hal­ten kei­nen hin­rei­chen­den Hin­weis dar­auf, dass Verträge mit ge­rin­gem Ga­ran­tie­ka­pi­tal, die un­strei­tig 30 bis 50 % des Ries­ter-Ren­ten­ver­si­che­rungs­verträge-Be­stan­des der Be­klag­ten aus­ma­chen, von der Be­tei­li­gung an den Kos­tenüber­schüssen gänz­lich aus­ge­schlos­sen wer­den sol­len. Das er­schließt sich erst über eine Kette von kom­pli­zier­ten Ver­wei­sun­gen, die bis zum jähr­li­chen Ge­schäfts­be­richt des be­klag­ten Ver­si­che­rers führen, wo an nicht her­vor­ge­ho­be­ner Stelle darüber in­for­miert wird, dass der für die Kos­tenüber­schuss­be­tei­li­gung maßgeb­li­che Zu­satzüber­schus­san­teil nur bei Ver­si­che­run­gen mit lau­fen­der Bei­trags­zah­lung und - bei sog. Grund­bau­stei­nen - be­stimm­ten Ga­ran­tie­ka­pi­tal­gren­zen gewährt wird.

So­weit die Be­klagte dar­auf ver­wie­sen hat, ihr Ver­tei­lungs­sys­tem sei sach­ge­recht und ent­spre­che in­halt­lich den ge­setz­li­chen Vor­ga­ben, ist das OLG dem nicht ent­ge­gen­ge­tre­ten. Dar­auf kommt es hier auch nicht an. Maßge­bend ist viel­mehr, dass die von den Klägern an­ge­grif­fe­nen Klau­seln beim durch­schnitt­li­chen Ver­si­che­rungs­in­ter­es­sen­ten die Er­war­tung er­weck­ten, in je­dem Falle im­mer­hin mit ei­ner Min­dest­be­tei­li­gung auch an den Kos­tenüber­schüssen zu par­ti­zi­pie­ren. Der Ver­si­che­rer hat aber die Pflicht, den Ver­si­che­rungs­in­ter­es­sen­ten das Nach­teils­ri­siko - mag es auch sys­tem­be­dingt zwangsläufig sein und wirt­schaft­lich nicht schwer wie­gen (nach der Be­haup­tung der Be­klag­ten wären bei­spiels­weise bei gleichmäßiger Ver­tei­lung des im Jahr 2012 ins­ge­samt für die Kos­tenüber­schuss­be­tei­li­gung ver­wen­de­ten Be­tra­ges von 300.000 € auf je­den Ver­trag rech­ne­ri­sch le­dig­lich 60 Cent ent­fal­len) - auf­zu­zei­gen, weil es ge­eig­net ist, de­ren An­la­ge­ent­schei­dung zu be­ein­flus­sen.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung wird demnächst auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
  • Für die Pres­se­mit­tei­lung des BGH kli­cken Sie bitte hier.
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