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Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs bei Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts durch einen Miterben

BFH 9.7.2014, II R 50/12

Ein Grundstück­ser­werb, der auf der Über­tra­gung von An­tei­len an ei­ner Er­ben­ge­mein­schaft be­ruht, kann auch da­durch rückgängig ge­macht wer­den, dass ein Miterbe sein ge­setz­li­ches Vor­kaufs­recht ausübt und der Er­wer­ber in Erfüllung sei­ner Ver­pflich­tung aus § 2035 Abs. 1 S. 1 BGB die Erb­teile un­mit­tel­bar auf den vor­kaufs­be­rech­tig­ten Miter­ben überträgt. Dass die Ausübung des ge­setz­li­chen Vor­kaufs­rechts durch einen Miter­ben nicht zur Rück­ab­wick­lung des Erb­teils­kauf­ver­trags mit dem ur­sprüng­li­chen An­teils­verkäufer führt, steht dem nicht ent­ge­gen.

Der Sach­ver­halt:
Mit meh­re­ren no­ta­ri­ell be­ur­kun­de­ten Erb­teils­kauf­verträgen er­warb der Kläger zwi­schen Juni und De­zem­ber 2006 ins­ge­samt 337/384 der An­teile an ei­ner un­ge­teil­ten Er­ben­ge­mein­schaft. Zum Nach­lass gehörten meh­rere Grundstücke. Auf die­ser Grund­lage stellte das Fi­nanz­amt die Be­steue­rungs­grund­la­gen für die Grund­er­werb­steuer un­ter dem Vor­be­halt der Nachprüfung ge­son­dert fest.

Eine wei­tere Miter­bin (M) übte im Som­mer 2007 ihr ge­setz­li­ches Vor­kaufs­recht ge­genüber dem Kläger aus und machte ih­ren An­spruch auf Ab­tre­tung der Erb­teile vor dem LG gel­tend. Zur Be­en­di­gung des Rechts­streits schlos­sen der Kläger und M im No­vem­ber 2008 einen ge­richt­li­chen Ver­gleich, mit dem der Kläger die wirk­same Ausübung des Vor­kaufs­rechts durch M so­wie die hier­aus fol­gen­den An­sprüche an­er­kannte und seine An­teile an der Er­ben­ge­mein­schaft ge­gen Er­stat­tung des ge­zahl­ten Kauf­prei­ses, der an­tei­li­gen Gut­ha­ben aus dem Haus­ver­wal­ter­konto so­wie wei­te­rer, durch die Erb­teils­kauf­verträge ent­stan­de­ner Kos­ten auf M über­trug.

Den An­trag des Klägers, die Be­scheide über die ge­son­derte Fest­stel­lung der Be­steue­rungs­grund­la­gen für die Grund­er­werb­steuer nach § 16 GrEStG auf­zu­he­ben, lehnte das Fi­nanz­amt ab. Mit Schrei­ben von Sep­tem­ber 2009 erklärte der Kläger hilfs­weise den Rück­tritt von den Erb­teils­kauf­verträgen.

Das FG wies die Klage ab. Auf die Re­vi­sion des Klägers hob der BFH das Ur­teil auf und gab der Klage statt.

Die Gründe:
Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des FG hat der Kläger einen An­spruch auf Auf­he­bung der Fest­stel­lungs­be­scheide in ent­spre­chen­der An­wen­dung des § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG. Diese Er­werbs­vorgänge sind auf­grund der Ausübung des ge­setz­li­chen Vor­kaufs­rechts durch M und der Über­tra­gung der Erb­teile auf M durch den ge­richt­li­chen Ver­gleich vom No­vem­ber 2008 als rückgängig ge­macht an­zu­se­hen.

Er­wirbt der Veräußerer das Ei­gen­tum an dem veräußer­ten Grundstück zurück, wird nach § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG auf An­trag so­wohl für den Rücker­werb als auch für den vor­aus­ge­gan­ge­nen Er­werbs­vor­gang die Steu­er­fest­set­zung auf­ge­ho­ben, wenn die Ver­trags­be­din­gun­gen des Rechts­ge­schäfts, das den An­spruch auf Übe­reig­nung begründet hat, nicht erfüllt wer­den und das Rechts­ge­schäft des­halb auf­grund ei­nes Rechts­an­spruchs rückgängig ge­macht wird. Diese Vor­schrift gilt auch für Fest­stel­lungs­be­scheide nach § 17 GrEStG und ist fer­ner über ih­ren Wort­laut hin­aus auf Er­werbs­vorgänge i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG an­wend­bar, die auf der Über­tra­gung von An­tei­len an ei­ner Er­ben­ge­mein­schaft be­ru­hen, wenn ein Miterbe sein ge­setz­li­ches Vor­kaufs­recht ausübt und der Er­wer­ber in Erfüllung sei­ner Ver­pflich­tung aus § 2035 Abs. 1 S. 1 BGB die Erb­teile auf den vor­kaufs­be­rech­tig­ten Miter­ben überträgt.

Übt ein vor­kaufs­be­rech­tig­ter Miterbe nach Überg­ang der Erb­teile auf den Erb­teilskäufer sein ge­setz­li­ches Vor­kaufs­recht aus, ent­steht zwi­schen dem Erb­teil­ser­wer­ber und dem das Vor­kaufs­recht ausüben­den Miter­ben ein ge­setz­li­ches Schuld­verhält­nis. Ge­genüber dem An­teils­verkäufer er­lischt das Vor­kaufs­recht mit der Über­tra­gung des Miter­be­nan­teils. Der vor­kaufs­be­rech­tigte Miterbe er­wirbt mit Ausübung des Vor­kaufs­rechts un­mit­tel­bar ge­gen den Erb­teilskäufer einen schuld­recht­li­chen An­spruch auf Ab­tre­tung der Erb­teile Zug um Zug ge­gen Er­stat­tung des ge­zahl­ten Kauf­prei­ses und der durch den Erb­teils­kauf­ver­trag ent­stan­de­nen Kos­ten. Der vor­kaufs­ver­pflich­tete An­teilskäufer muss sich letzt­lich so be­han­deln las­sen, als ob ein Erb­teils­kauf­ver­trag zwi­schen dem An­teils­verkäufer und dem vor­kaufs­be­rech­tig­ten Miter­ben zu­stande ge­kom­men wäre, der auch ihm ge­genüber wirkt.

Überträgt der Er­wer­ber in einem sol­chen Fall die Miter­be­nan­teile in Erfüllung sei­ner Ver­pflich­tung aus § 2035 Abs. 1 S. 1 BGB und nicht auf­grund ei­ner ihm aus dem Erb­teils­kauf­ver­trag ver­blei­ben­den Rechts­po­si­tion un­mit­tel­bar auf den das Vor­kaufs­recht ausüben­den Miter­ben, ist es ge­recht­fer­tigt, die­sen Er­werbs­vor­gang ei­ner Auf­he­bung des Erb­teils­kauf­ver­trags gleich­zu­stel­len und ent­spre­chend § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG wie einen Rücker­werb we­gen Rückgängig­ma­chung auf­grund Rechts­an­spruchs zu be­han­deln. Dass die Ausübung des ge­setz­li­chen Vor­kaufs­rechts durch einen Miter­ben nicht zur Rück­ab­wick­lung des Erb­teils­kauf­ver­trags mit dem ur­sprüng­li­chen An­teils­verkäufer führt, steht dem nicht ent­ge­gen. Ent­schei­dend ist viel­mehr, dass der Erb­teil­ser­werb be­reits durch das Vor­kaufs­recht be­las­tet ist und sich mit Ausübung des Vor­kaufs­rechts die von vorn­her­ein be­ste­hende Möglich­keit rea­li­siert, dass der Er­wer­ber die Erb­teile wie­der her­aus­ge­ben muss.

Da­nach lie­gen im Streit­fall die Vor­aus­set­zun­gen für eine ent­spre­chende An­wen­dung des § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG vor, da M ihr ge­setz­li­ches Vor­kaufs­recht ge­genüber dem Kläger ausgeübt und ihr der Kläger in Erfüllung sei­ner Her­aus­ga­be­ver­pflich­tung die er­wor­be­nen Erb­teile Zug um Zug ge­gen Er­stat­tung des ge­zahl­ten Kauf­prei­ses und der mit den Erb­teils­kauf­verträgen ver­bun­de­nen Kos­ten ab­ge­tre­ten hat.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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