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Rückgängigmachung eines Investitionsabzugsbetrags infolge Betriebsaufgabe

BFH 27.4.2016, X R 16/15

Der durch die Rückgängig­ma­chung ei­nes In­ves­ti­ti­ons­ab­zugs­be­trags nach § 7g EStG a.F. ent­ste­hende Ge­winn ist nicht Teil ei­nes Veräußerungs- bzw. Auf­ga­be­ge­winns. Er ist ins­be­son­dere kein sons­ti­ger im Zu­sam­men­hang mit der Auf­gabe er­ziel­ter Er­trag.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin führte einen Tex­til-Ein­zel­han­del. Mitte 2010 erklärte sie die Be­triebs­auf­gabe. Zum 31.12.2007 hatte sie In­ves­ti­ti­ons­ab­zugs­beträge i.H.v. 12.000 € nach § 7g Abs. 1 EStG a.F. ge­bil­det. Mit der Ein­kom­men­steu­er­erklärung 2010 reichte sie eine be­rich­tigte Erklärung für 2007 ein, in der sie den In­ves­ti­ti­ons­ab­zugs­be­trag nach § 7g Abs. 3 EStG i.d.F. des UntS­tRefG rückgängig machte. Die Ge­win­nerhöhung von 12.000 € erklärte sie als begüns­tig­ten Veräußerungs­ge­winn nach § 16 Abs. 4 EStG.

Das Fi­nanz­amt machte den In­ves­ti­ti­ons­ab­zugs­be­trag durch geänder­ten Ein­kom­men­steu­er­be­scheid für das Jahr 2007 rückgängig und lehnte die An­wen­dung des § 16 Abs. 4 EStG ab. Mit der Klage machte die Kläge­rin in ers­ter Li­nie die An­wen­dung des § 16 Abs. 4 EStG für das Jahr 2007 gel­tend. Ih­ren ur­sprüng­li­chen Hilfs­an­trag für das Jahr 2010 ver­folgt sie in zwei­ter In­stanz nicht mehr.

Das FG wies die Klage ab. Die Re­vi­sion der Kläge­rin hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Der aus der Rückgängig­ma­chung des In­ves­ti­ti­ons­ab­zugs­be­trags re­sul­tie­rende Ge­winn des Jah­res 2007 ist lau­fen­der Ge­winn, so dass der Kläge­rin ein Frei­be­trag nach § 16 Abs. 4 EStG nicht zu­steht.

Nach § 16 Abs. 4 EStG wird un­ter be­stimm­ten persönli­chen Vor­aus­set­zun­gen ein Veräußerungs­ge­winn auf An­trag zur Ein­kom­men­steuer nur her­an­ge­zo­gen, so­weit er 45.000 € über­steigt. Nach § 16 Abs. 3 S. 1 EStG gilt als Veräußerung auch die Auf­gabe des Ge­wer­be­be­triebs. Der durch die Rückgängig­ma­chung ei­nes In­ves­ti­ti­ons­ab­zugs­be­trags nach § 7g EStG a.F. ent­ste­hende Ge­winn ist nicht Teil des Veräußerungs- bzw. Auf­ga­be­ge­winns, ins­be­son­dere kein sons­ti­ger im Zu­sam­men­hang mit der Auf­gabe er­ziel­ter Er­trag. An die Stelle der vor­ma­li­gen Auflösung der An­sparab­schrei­bung ex nunc tritt nach § 7g Abs. 3 EStG i.d.F. des UntS­tRefG die Rückgängig­ma­chung des Ab­zugs ex tunc, nämlich in dem Wirt­schafts­jahr, in dem der In­ves­ti­ti­ons­ab­zugs­be­trag ur­sprüng­lich ge­bil­det wor­den ist.

Die­ser Kor­rek­tur­me­cha­nis­mus schließt die Zu­ord­nung der da­durch be­wirk­ten Ge­win­nerhöhung zum begüns­tig­ten Auf­ga­be­ge­winn aus, auch wenn ein wirt­schaft­li­cher Zu­sam­men­hang zwi­schen der Be­triebs­auf­gabe und der ge­rade durch die Be­triebs­auf­gabe be­ding­ten Rückgängig­ma­chung nicht zu be­strei­ten ist. Die Rückgängig­ma­chung ei­nes zu Las­ten des lau­fen­den Ge­winns vor­ge­nom­me­nen Ab­zugs kann sich nur zu Guns­ten die­ses lau­fen­den Ge­winns aus­wir­ken. Die Rückgängig­ma­chung des In­ves­ti­ti­ons­ab­zugs­be­trags hat schon be­grifflich zur Folge, dass die Ge­winn­er­mitt­lung des be­tref­fen­den Jah­res wie­der auf dem Zu­stand vor dem Ab­zug be­ruht, und stellt so die vor dem Ab­zug be­ste­hen­den Verhält­nisse wie­der her. In­so­fern ist die Ge­win­nerhöhung durch Rückgängig­ma­chung in Wahr­heit eine Auf­he­bung der ur­sprüng­li­chen Ge­winn­min­de­rung.

Wäre sie Teil ei­nes begüns­tig­ten Veräußerungs- oder Auf­ga­be­ge­winns, hätte der zwi­schen­zeit­lich vor­ge­nom­mene Ab­zug einen Teil des ur­sprüng­lich lau­fen­den Ge­winns in einen begüns­tig­ten Ge­winn um­ge­wan­delt. Eine der­ar­tige Um­wid­mung wäre ge­rade keine Rückgängig­ma­chung mehr. Viel­mehr können Er­eig­nisse, die zwar von dem Zeit­punkt der Be­triebs­auf­gabe aus­ge­hen, steu­er­recht­lich je­doch auf frühere Zeit­punkte oder Zeiträume zurück­wir­ken, den Auf­ga­be­ge­winn nicht be­ein­flus­sen. Das gilt un­abhängig da­von, ob diese Rück­wir­kung ver­fah­rens­recht­lich auf § 7g Abs. 3 S. 2, 3 EStG a.F. oder auf § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 der AO zu stützen ist. Die steu­er­li­che Rück­wir­kung ist eine Frage des ma­te­ri­el­len Rechts. Er­eig­nisse mit steu­er­li­cher Rück­wir­kung zei­ti­gen ihre steu­er­li­che Wir­kung nicht in dem Ver­an­la­gungs­zeit­raum, in dem sie sich er­eig­nen, son­dern in dem Ver­an­la­gungs­zeit­raum, für den sie steu­er­lich von Be­deu­tung sind.

Fol­ge­rich­tig sind dann aber nicht nur spätere Er­eig­nisse, die Rück­wir­kung auf den Zeit­punkt der Veräußerung oder Auf­gabe ha­ben, in die Er­mitt­lung des Veräußerungs- oder Auf­ga­be­ge­winns ein­zu­be­zie­hen, son­dern um­ge­kehrt auch Er­eig­nisse, die zwar im Zu­sam­men­hang mit der Veräußerung oder Auf­gabe ste­hen, aber Rück­wir­kung auf frühere Zeit­punkte ha­ben, aus der Er­mitt­lung des Veräußerungs- oder Auf­ga­be­ge­winns aus­zu­klam­mern. Eine Be­triebs­auf­gabe kann grundsätz­lich auch den lau­fen­den Ge­winn be­ein­flus­sen. Dies ent­spricht der Be­hand­lung rück­wir­ken­der Er­eig­nisse nach Be­triebs­veräußerung und -auf­gabe. Bei der Veräußerung ei­nes Ge­wer­be­be­triebs wir­ken spätere Verände­run­gen des Veräußerungs­prei­ses nach Maßgabe von § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO auf den Zeit­punkt der Veräußerung zurück und be­ein­flus­sen so rück­wir­kend den Veräußerungs­ge­winn, und zwar un­abhängig da­von, wel­che Gründe für die Min­de­rung oder Erhöhung des Erlöses maßge­bend wa­ren.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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