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Schadenabwicklungsunternehmen von Rechtsschutzversicherern nicht vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen

BGH 26.10.2016, IV ZR 34/16

Das Scha­den­ab­wick­lungs­un­ter­neh­men ei­nes Rechts­schutz­ver­si­che­rers i.S.v. § 126 VVG ist nicht vom Vor­steu­er­ab­zug aus­ge­schlos­sen. An­sprüche auf die Ver­si­che­rungs­leis­tung aus einem Ver­trag über eine Rechts­schutz­ver­si­che­rung können, wenn ein selbständi­ges Scha­den­ab­wick­lungs­un­ter­neh­men mit der Leis­tungs­be­ar­bei­tung be­auf­tragt ist, nur ge­gen die­ses gel­tend ge­macht wer­den.

Der Sach­ver­halt:
Zwi­schen der Kläge­rin und der A-Ver­si­che­rung be­stand ein Rechts­schutz­ver­si­che­rungs­ver­trag, aus dem die Kläge­rin und ihr Ehe­mann die Be­klagte als Scha­den­ab­wick­lungs­un­ter­neh­men des Ver­si­che­rers aus einem Ver­fah­ren vor dem LG Stutt­gart auf De­ckung in An­spruch ge­nom­men hatte. Dort er­gin­gen ge­gen die Kläge­rin und ih­ren Ehe­mann im Juli 2011 Be­schlüsse zu Kos­ten­fest­set­zung zu­guns­ten der Be­klag­ten, in de­nen an­tei­lige Um­satz­steuer i.H.v. 608,19 € ent­hal­ten war.

In zwei wei­te­ren Ver­fah­ren vor dem LG Stutt­gart wand­ten sich die Kläge­rin und ihr Ehe­mann ge­gen Voll­stre­ckungsmaßnah­men der Be­klag­ten aus dem De­ckungs­pro­zess. In die­sen Ver­fah­ren er­gin­gen Kos­ten­fest­set­zungs­be­schlüsse, in de­nen an­tei­lige Um­satz­steuer von 390,06 € und von 385,23 € ent­hal­ten war.

Die Kläge­rin leis­tete die Um­satz­steu­er­beträge le­dig­lich un­ter Vor­be­halt. Sie war der Auf­fas­sung, die Be­klagte sei vor­steu­er­ab­zugs­be­rech­tigt, wes­halb die Um­satz­steuer zu Un­recht fest­ge­setzt und ge­zahlt wor­den sei. Das AG wies die auf Rück­zah­lung von ins­ge­samt 1.383,48 € ge­rich­tete Klage ab. Das LG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Be­ru­fung zurück. Auf die Re­vi­sion der Kläge­rin hob der BGH die Vor­ent­schei­dun­gen auf und gab der Klage statt.

Die Gründe:
Der Kläge­rin steht ge­gen die Be­klagte ein An­spruch auf Rück­zah­lung der ge­leis­te­ten Um­satz­steu­er­beträge gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zu, weil die Er­stat­tung der Um­satz­steuer in den Kos­ten­fest­set­zungs­be­schlüssen zu Un­recht zu­guns­ten der Be­klag­ten fest­ge­setzt wurde. Ein der­ar­ti­ger Rück­for­de­rungs­an­spruch aus un­ge­recht­fer­tig­ter Be­rei­che­rung kommt so­gar in Be­tracht, ob­wohl die Zah­lung der Kläge­rin auf­grund rechtskräfti­ger Kos­ten­fest­set­zungs­be­schlüsse er­folgt war.

Das Be­ru­fungs­ge­richt hatte zu Un­recht an­ge­nom­men, dass die Be­klagte hier vom Vor­steu­er­ab­zug aus­ge­schlos­sen war. Im vor­lie­gen­den Fall wa­ren nicht die Leis­tun­gen des Ver­si­che­rers, son­dern der Be­klag­ten als Scha­den­ab­wick­lungs­un­ter­neh­men i.S.v. § 126 VVG zu be­ur­tei­len. Be­auf­tragt der Ver­si­che­rer mit der Leis­tungs­be­ar­bei­tung in der Rechts­schutz­ver­si­che­rung ein selbständi­ges Scha­den­ab­wick­lungs­un­ter­neh­men, ist die­ses gem. § 126 Abs. 1 S. 2 VVG im Ver­si­che­rungs­schein zu be­zeich­nen. An­sprüche auf die Ver­si­che­rungs­leis­tung aus einem Ver­trag über eine Rechts­schutz­ver­si­che­rung können, wenn ein selbständi­ges Scha­den­ab­wick­lungs­un­ter­neh­men mit der Leis­tungs­be­ar­bei­tung be­auf­tragt ist, nur ge­gen die­ses gel­tend ge­macht wer­den. Der Ti­tel wirkt für und ge­gen den Rechts­schutz­ver­si­che­rer. Fer­ner ist § 727 ZPO ent­spre­chend an­zu­wen­den. § 126 VVG ent­spricht der Vor­gabe in § 8a Abs. 1 S. 1 VAG.

Man­gels ei­ner ver­si­che­rungs­ver­trag­li­chen Rechts­be­zie­hung zwi­schen der Be­klag­ten, die für den Ver­si­che­rer le­dig­lich als ge­setz­li­cher Pro­zess­stand­schaf­ter tätig wurde, ei­ner­seits und der Kläge­rin an­de­rer­seits fehlte es an Leis­tun­gen auf­grund ei­nes Ver­si­che­rungs­verhält­nis­ses i.S.v. § 4 Nr. 10a UStG bzw. an Ver­si­che­rungs­umsätzen i.S.v. Art. 135 Abs. 1a MwSt­Sys­tRL. Ist die Be­klagte so­mit nicht von der Steuer be­freit, so ist ihre Vor­steu­er­ab­zugs­be­rech­ti­gung gem. § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG nicht aus­ge­schlos­sen. Be­steht ihre Be­rech­ti­gung zum Vor­steu­er­ab­zug gem. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG, so steht ihr die in den Kos­ten­fest­set­zungs­be­schlüssen zu Las­ten der Kläge­rin und ih­res Ehe­man­nes aus­ge­wie­sene Um­satz­steuer nicht zu. Die Kläge­rin kann diese von der Be­klag­ten mit­hin außer­halb des Kos­ten­fest­set­zungs­ver­fah­rens er­stat­tet ver­lan­gen. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten kam es für den An­spruch der Kläge­rin nicht dar­auf an, ob die Be­klagte von der Möglich­keit Ge­brauch ge­macht hatte, einen Vor­steu­er­ab­zug für die zu ih­ren Guns­ten in den Kos­ten­fest­set­zungs­be­schlüssen aus­ge­wie­sene Um­satz­steuer vor­zu­neh­men.

Link­hin­weise:

  • Der Voll­text die­ser Ent­schei­dung wird demnächst auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
  • Für den Voll­text der Ent­schei­dung kli­cken Sie bitte hier.
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