Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist verheiratet. Sie und ihr Ehemann hatten am 25.3.2010 eine Selbstanzeige beim Finanzamt eingereicht, mit der sie Schenkungen ihrer Mutter an sich und ihren Ehemann nachmeldeten. Es handelte sich dabei um Guthaben auf Konten in der Schweiz, die zum Stichtag 17.4.2007 und zum Stichtag 19.12.2007 auf die Klägerin und ihren Ehemann übertragen worden waren. Außerdem zeigte die Klägerin die Übertragung einer ihrer Mutter gehörenden Immobilie in der Schweiz, Stichtag 17.7.2008, auf sie an.
Die Klägerin beantragte, die Hinterziehungszinsen neu zu berechnen und festzusetzen. Die Zinsen seien für einen zu langen Zeitraum berechnet worden, da der Beginn des Zinslaufs zu früh angesetzt worden sei. Das Finanzamt habe für die fiktiven Veranlagungsarbeiten sechs Monate zu Grunde gelegt. Dieser Zeitraum sei viel zu knapp zu bemessen.
Das FG gab der Klage teilweise statt. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Die Klage ist insoweit begründet, als der Zinslauf nicht 11, sondern 12 Monate nach Vollendendung der Steuerhinterziehung beginnt. Im Übrigen ist die Klage nicht begründet.
Der Zinslauf beginnt mit dem Eintritt der Verkürzung oder der Erlangung des Steuervorteils. Gibt der Steuerpflichtige keine Steuererklärung ab und unterbleibt aus diesem Grund die Steuerfestsetzung oder gibt der Steuerpflichtige die Steuererklärung verspätet ab, so ist die Steuer verkürzt, wenn die Steuer nicht zu der Zeit festgesetzt wird, zu der dies sonst nach dem Gang der Veranlagungsarbeiten der Fall gewesen wäre. Die Bearbeitungsdauer bei den Finanzbehörden ist bei dieser fiktiven Steuerfestsetzung nach dem Beschluss des BGH vom 25.7.2011 (Az.: 1 StR 631/10) mit einem Monat anzusetzen. Der BGH begründet dies damit, dass das Finanzamt gem. § 31 Abs. 1 ErbStG und § 31 Abs. 7 S. 1 ErbStG die Abgabe einer Steuererklärung und die Selbstberechnung der Steuer binnen eines Monats verlangen könne.
Nach diesen Grundsätzen bestimmen sich die Beendigungszeitpunkte für die Hinterziehung der Schenkungsteuer durch Unterlassen wie folgt: Die Klägerin musste die Schenkungen jeweils binnen einer Frist von drei Monaten nach Kenntnis der jeweiligen Schenkung beim zuständigen Finanzamt schriftlich anzeigen (§ 30 Abs. 1 ErbStG). Wäre sie dieser Pflicht nachgekommen, hätte das Finanzamt sie auffordern können, binnen einer Frist von einem Monat die Steuererklärung mit der von ihr selbst berechneten Schenkungsteuer abzugeben (§ 31 Abs. 1 u. 7 ErbStG). Damit hätte die Veranlagung und die Bekanntgabe des Bescheids vier Monate nach der jeweiligen Schenkung erfolgen können.
Der Senat folgt den Erwägungen des BGH insoweit, als es um die Berücksichtigung der Frist für die Anzeige (3 Monate) und die Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärung (1 Monat) geht. Den Ausführungen des BGH, dass die Veranlagung und die Bekanntgabe des Bescheids innerhalb des Monats, in dem die Abgabe der Steuererklärung und die ggf. durchzuführende Selbstberechnung der Steuer vorzunehmen ist, kann sich der Senat jedenfalls für Berechnung des Beginns des Zinslaufs nach § 235 AO nicht anschließen.
Nach § 31 Abs. 2 Satz 2 ErbStG muss die Frist zur Abgabe der Steuererklärung mindestens einen Monat betragen, diese Frist darf der Steuerpflichtige auch ausschöpfen und muss deshalb, unabhängig von den Veranlagungsarbeiten, in vollem Umfang berücksichtigt werden. Erst nach Ablauf des Monats, der zur Abgabe der Steuererklärung gesetzt wurde ist, kann mit den Veranlagungsarbeiten begonnen werden. Damit kann nach den üblichen Arbeitsläufen nur denktheoretisch direkt nach Eingang der Steuererklärung begonnen werden. Dies ist auch bei einer vom Finanzamt nach § 31 Abs. 7 S. 1 ErbStG verlangten Selbstberechnung der Steuer nicht möglich. Eine Aufforderung zur Selbstberechnung der Steuer nach § 31 Abs. 7 S. 1 ErbStG ist in der Praxis im Übrigen nicht üblich, jedenfalls nicht bei den Erbschaftsteuerfinanzämtern, für die das FG Münster zuständig ist. Im Übrigen müsste auch noch berücksichtigt werden, dass der Steuerpflichtige nach § 31 Abs. 7 S. 2 ErbStG die Steuer erst innerhalb eines Monats nach Abgabe der Steuererklärung zu zahlen hat.
Nach Auffassung des erkennenden Senats ist die durchschnittliche Bearbeitungsdauer des Finanzamts, das die Veranlagung durchzuführen hat, anzusetzen. Damit ergab sich für den Streitfall folgende Berechnung: 3 Monate Anzeigefrist, 1 Monat Abgabefrist für die Steuererklärung und 8 Monate durchschnittliche Bearbeitungsdauer, wie sie der Beklagte im Controllingbericht ermittelt hatte.
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