Der Sachverhalt:
In den beiden vorliegenden Fällen (Az.: V R 33/12 bzw. V R 16/12) führten die klagenden Kliniken in den Streitjahren 2002 bzw. 2003 kosmetische Eingriffe und Operationen durch. Dabei handelte es sich vorwiegend um ästhetisch-chirurgische Maßnahmen wie Fettabsaugungen, Gesichts-, Hals- und Augenlid-Straffungen sowie Brustvergrößerungen, -verkleinerungen und -straffungen. Die Klägerinnen gingen davon aus, dass ihre Leistungen im Zusammenhang mit diesen Operationen nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei seien.
Das FG im Verfahren Az.: V R 33/12 gab der Klage teilweise statt. Es ging auf der Grundlage eines gerichtlich bestellten Sachverständigen davon aus, dass von den insgesamt 129 Behandlungsfällen 45 ästhetisch indiziert veranlasst gewesen seien, im Übrigen aber physisch-medizinische oder psycho-medizinische Indikationen gegeben seien.
Die Revision im Verfahren Az. V R 16/12 war erfolgreich. Hier muss das FG noch einmal verhandeln und entscheiden. Die Revision im Verfahren Az.: V R 33/12 blieb ohne Erfolg.
Die Gründe:
Ästhetische Operationen ("Schönheitsoperationen") sind als umsatzsteuerfreie Heilbehandlungen anzusehen, wenn der Eingriff aufgrund einer Krankheit, Verletzung oder eines angeborenen körperlichen Mangels erforderlich ist. Darüber ist auf der Grundlage anonymisierter Patientenunterlagen zu entscheiden. Das Regelbeweismaß ist auf eine "größtmögliche Wahrscheinlichkeit" zu verringern.
Konkret bedeutet dies: Eine Beweiserhebung über ästhetische Operationen als Heilbehandlung darf nicht davon abhängig gemacht werden, dass Name und Anschrift des behandelten Patienten genannt werden. Stattdessen ist auf der Grundlage der anonymisierten Patientenunterlagen ein Sachverständigengutachten über die mit der Operation verfolgte Zielsetzung einzuholen. Insofern kommt es vor allem auch auf die den Steuerpflichtigen (Klinik oder Arzt) treffenden Mitwirkungspflichten an. Der Steuerpflichtige muss - auf anonymisierter Grundlage - detaillierte Angaben zu der mit dem jeweiligen Behandlungsfall verfolgten therapeutischen oder prophylaktischen Zielsetzung machen.
Infolgedessen war das FG im Verfahren Az. V R 16/12 zu Unrecht davon ausgegangen, dass es zu einer Sachverhaltserforschung in Bezug auf die einzelnen Behandlungsfälle nur dann verpflichtet gewesen wäre, wenn die Patienten der Klägerin in die Offenbarung der zum persönlichen Lebensbereich gehörenden Behandlungsgeheimnisse einwilligen, da ansonsten eine Verletzung von § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB vorläge. Demgegenüber war eine Sachverhaltsaufklärung in Bezug auf die einzelnen Behandlungsfälle auf der Grundlage anonymisierter Patientenunterlagen notwendig und möglich.
Im Verfahren Az.: V R 33/12 hatte das FG in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden, dass Maßnahmen der plastischen Chirurgie nur dann als Heilbehandlung steuerfrei sind, wenn sie therapeutischen Zwecken dienen.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
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