Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte ein Mehrfamilienhaus zum Preis von 1,5 Mio. € erworben. Den Kaufpreis finanzierte er mit einem bei einer Geschäftsbank aufgenommenen Hypothekendarlehen über einen Betrag von nominell rund 1,3 Mio. €. Der Nominalzinssatz betrug bei einer festen Zinsbindung von zehn Jahren 2,85 % jährlich. Bei der Berechnung des Nominalzinssatzes war ein Disagio von 10 % der Darlehenssumme berücksichtigt.
Das FG wies die Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
Gründe:
Zu Unrecht hatte das FG hinsichtlich der Marktüblichkeit des streitbefangenen Disagios eine Feststellungslastentscheidung getroffen.
Der in § 11 Abs. 2 S. 4 EStG verwendete Begriff "marktüblich" bezieht sich auf das jeweils konkret betroffene Disagio. Bezogen auf die dargelegte Funktion eines Disagios ergibt sich die Marktüblichkeit aus der Höhe des Disagios im Verhältnis zur Höhe und Laufzeit des Kredits, dies in Relation zu den aktuellen Verhältnissen auf dem Kreditmarkt. Was marktüblich ist, ist nach den aktuellen Verhältnissen auf dem Kreditmarkt bezogen auf das konkrete finanzierte Objekt zu entscheiden. Die Marktüblichkeit an einen festen Zinssatz zu koppeln, kommt insoweit nicht in Betracht.
Die Verwaltungsregelung, wonach von einer Marktüblichkeit ausgegangen werden kann, wenn für ein Darlehen mit einem Zinsfestschreibungszeitraum von mindestens fünf Jahren ein Disagio i.H.v. bis zu 5 % vereinbart wurde, hat nach der Gesetzesbegründung zum JStG 2007 ohne materiell-rechtliche Änderung Eingang in § 11 Abs. 2 EStG gefunden. Jenseits dessen ist der Gesetzesbegründung lediglich zu entnehmen, dass eine Zinsvorauszahlung regelmäßig anzunehmen ist, wenn der Nominalzins ungewöhnlich niedrig und das Disagio entsprechend hoch bemessen ist. Die Gesetzesbegründung verbindet durch die Formulierung "ungewöhnlich niedrig" das Kriterium der fehlenden Marktüblichkeit mit dem des Ungewöhnlichen. Nur ein ungewöhnlicher Nominalzins rechtfertigt die Versagung des Sofortabzugs des Disagios.
Wird eine Zins- und Disagiovereinbarung mit einer Geschäftsbank wie unter fremden Dritten geschlossen, indiziert dies die Marktüblichkeit. Angesichts der üblichen Pflicht von Geschäftsbanken zur Risikokontrolle sind mit einer Geschäftsbank vereinbarte Zinsgestaltungen regelmäßig als im Rahmen des am Kreditmarkt Üblichen zu betrachten. Diese Vermutung kann widerlegt werden, wenn besondere Umstände vorliegen, die dafür sprechen, dass der Rahmen des am Kreditmarkt Üblichen verlassen wird. Solche Umstände können etwa in einer besonderen Kreditunwürdigkeit des Darlehensnehmers, besonderen persönlichen Beziehungen der Beteiligten zueinander oder ganz atypischen Vertragsgestaltungen liegen.
Hintergrund:
Disagio ist der Unterschiedsbetrag zwischen Nenn- und Verfügungsbetrag einer Schuld. Es fungiert im Ergebnis als Ausgleich für einen niedrigeren Nominalzinssatz und ist damit als Vorauszahlung eines Teils der Zinsen anzusehen. Zweck von § 11 Abs. 2 S. 3 EStG ist es, Einmalzahlungen für die Gewährung von Nutzungsrechten entsprechend dem tatsächlich eingeräumten Nutzungsvorteil zu verteilen. Die Besonderheit der Vereinbarung eines Disagios besteht im Hinblick auf S. 3 darin, dass es zwar wirtschaftlich Entgelt für eine Überlassung ist, aber bereits im Zeitpunkt der Zahlung den Nutzungsvorteil vermindert, da sich die ausgezahlte Darlehenssumme um die Höhe des Disagios vermindert.
Linkhinweis:
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