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Sofortabzug eines Disagios

BFH 8.3.2016, IX R 38/14

Ein Di­sa­gio ist nur dann nicht so­fort als Wer­bungs­kos­ten ab­zieh­bar, wenn es sich nicht im Rah­men des am ak­tu­el­len Kre­dit­markt Übli­chen hält, was wie­derum eine Frage der ta­trich­ter­li­chen Würdi­gung ist. Wird eine Di­sa­gio­ver­ein­ba­rung mit ei­ner Ge­schäfts­bank wie un­ter frem­den Drit­ten ge­schlos­sen, in­di­ziert dies die Marktüblich­keit.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger hatte ein Mehr­fa­mi­li­en­haus zum Preis von 1,5 Mio. € er­wor­ben. Den Kauf­preis fi­nan­zierte er mit einem bei ei­ner Ge­schäfts­bank auf­ge­nom­me­nen Hy­po­the­ken­dar­le­hen über einen Be­trag von no­mi­nell rund 1,3 Mio. €. Der No­mi­nal­zins­satz be­trug bei ei­ner fes­ten Zins­bin­dung von zehn Jah­ren 2,85 % jähr­lich. Bei der Be­rech­nung des No­mi­nal­zins­sat­zes war ein Di­sa­gio von 10 % der Dar­le­hens­summe berück­sich­tigt.

Bei der Er­mitt­lung der Einkünfte aus der Ver­mie­tung des Mehr­fa­mi­li­en­hau­ses für das Streit­jahr 2009 machte der Kläger das Di­sa­gio i.H.v. 133.000 EUR als so­fort ab­zieh­bare Wer­bungs­kos­ten gel­tend. Das Fi­nanz­amt berück­sich­tigte al­ler­dings nur einen Be­trag von 66.725 €, da nur der marktübli­che Teil von 5 % des Di­sa­gios so­fort ab­zieh­bar sei. Der über 5 % hin­aus­ge­hende Di­sa­gio­be­trag werde auf den Zins­fest­schrei­bungs­zeit­raum von zehn Jah­ren ver­teilt und im Streit­jahr nur an­tei­lig i.H.v. 6.673 € berück­sich­tigt.

Das FG wies die Klage ab. Auf die Re­vi­sion des Klägers hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Sa­che zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das FG zurück.

Gründe:
Zu Un­recht hatte das FG hin­sicht­lich der Marktüblich­keit des streit­be­fan­ge­nen Di­sa­gios eine Fest­stel­lungs­las­tent­schei­dung ge­trof­fen.

Der in § 11 Abs. 2 S. 4 EStG ver­wen­dete Be­griff "marktüblich" be­zieht sich auf das je­weils kon­kret be­trof­fene Di­sa­gio. Be­zo­gen auf die dar­ge­legte Funk­tion ei­nes Di­sa­gios er­gibt sich die Marktüblich­keit aus der Höhe des Di­sa­gios im Verhält­nis zur Höhe und Lauf­zeit des Kre­dits, dies in Re­la­tion zu den ak­tu­el­len Verhält­nis­sen auf dem Kre­dit­markt. Was marktüblich ist, ist nach den ak­tu­el­len Verhält­nis­sen auf dem Kre­dit­markt be­zo­gen auf das kon­krete fi­nan­zierte Ob­jekt zu ent­schei­den. Die Marktüblich­keit an einen fes­ten Zins­satz zu kop­peln, kommt in­so­weit nicht in Be­tracht.

Die Ver­wal­tungs­re­ge­lung, wo­nach von ei­ner Marktüblich­keit aus­ge­gan­gen wer­den kann, wenn für ein Dar­le­hen mit einem Zins­fest­schrei­bungs­zeit­raum von min­des­tens fünf Jah­ren ein Di­sa­gio i.H.v. bis zu 5 % ver­ein­bart wurde, hat nach der Ge­set­zes­begründung zum JStG 2007 ohne ma­te­ri­ell-recht­li­che Ände­rung Ein­gang in § 11 Abs. 2 EStG ge­fun­den. Jen­seits des­sen ist der Ge­set­zes­begründung le­dig­lich zu ent­neh­men, dass eine Zins­vor­aus­zah­lung re­gelmäßig an­zu­neh­men ist, wenn der No­mi­nal­zins un­gewöhn­lich nied­rig und das Di­sa­gio ent­spre­chend hoch be­mes­sen ist. Die Ge­set­zes­begründung ver­bin­det durch die For­mu­lie­rung "un­gewöhn­lich nied­rig" das Kri­te­rium der feh­len­den Marktüblich­keit mit dem des Un­gewöhn­li­chen. Nur ein un­gewöhn­li­cher No­mi­nal­zins recht­fer­tigt die Ver­sa­gung des So­fort­ab­zugs des Di­sa­gios.

Wird eine Zins- und Di­sa­gio­ver­ein­ba­rung mit ei­ner Ge­schäfts­bank wie un­ter frem­den Drit­ten ge­schlos­sen, in­di­ziert dies die Marktüblich­keit. An­ge­sichts der übli­chen Pflicht von Ge­schäfts­ban­ken zur Ri­si­ko­kon­trolle sind mit ei­ner Ge­schäfts­bank ver­ein­barte Zins­ge­stal­tun­gen re­gelmäßig als im Rah­men des am Kre­dit­markt Übli­chen zu be­trach­ten. Diese Ver­mu­tung kann wi­der­legt wer­den, wenn be­son­dere Umstände vor­lie­gen, die dafür spre­chen, dass der Rah­men des am Kre­dit­markt Übli­chen ver­las­sen wird. Sol­che Umstände können etwa in ei­ner be­son­de­ren Kre­dit­unwürdig­keit des Dar­le­hens­neh­mers, be­son­de­ren persönli­chen Be­zie­hun­gen der Be­tei­lig­ten zu­ein­an­der oder ganz aty­pi­schen Ver­trags­ge­stal­tun­gen lie­gen.

Hin­ter­grund:
Di­sa­gio ist der Un­ter­schieds­be­trag zwi­schen Nenn- und Verfügungs­be­trag ei­ner Schuld. Es fun­giert im Er­geb­nis als Aus­gleich für einen nied­ri­ge­ren No­mi­nal­zins­satz und ist da­mit als Vor­aus­zah­lung ei­nes Teils der Zin­sen an­zu­se­hen. Zweck von § 11 Abs. 2 S. 3 EStG ist es, Ein­mal­zah­lun­gen für die Gewährung von Nut­zungs­rech­ten ent­spre­chend dem tatsäch­lich ein­geräum­ten Nut­zungs­vor­teil zu ver­tei­len. Die Be­son­der­heit der Ver­ein­ba­rung ei­nes Di­sa­gios be­steht im Hin­blick auf S. 3 darin, dass es zwar wirt­schaft­lich Ent­gelt für eine Über­las­sung ist, aber be­reits im Zeit­punkt der Zah­lung den Nut­zungs­vor­teil ver­min­dert, da sich die aus­ge­zahlte Dar­le­hens­summe um die Höhe des Di­sa­gios ver­min­dert.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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