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Steuerfreie Heilbehandlungen auch durch Privatkrankenhäuser möglich

BFH 23.10.2014, V R 20/14

Be­hand­lungs­leis­tun­gen von Pri­vat­kran­kenhäusern können un­abhängig von so­zi­al­ver­si­che­rungs­recht­li­chen Zu­las­sun­gen um­satz­steu­er­frei sein. Da­mit sich der Be­trei­ber auf die Steu­er­frei­heit nach dem Uni­ons­recht be­ru­fen kann, muss er aber über eine sog. An­er­ken­nung verfügen, die sich dar­aus er­ge­ben kann, dass er in nicht un­er­heb­li­chem Um­fang Pa­ti­en­ten be­han­delt, die als ge­setz­lich Ver­si­cherte An­spruch auf Kos­ten­er­stat­tung nach § 13 SGB V ha­ben oder bei­hil­fe­be­rech­tigt sind. Die Ent­schei­dung hat große Be­deu­tung für die Be­trei­ber pri­va­ter Kran­kenhäuser.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist eine GmbH und be­trieb im Streit­jahr 2009 eine Kli­nik für Psy­cho­the­ra­pie. Sie be­han­delte Pa­ti­en­ten mit psy­chi­schen Krank­heits­er­schei­nun­gen wie Angst­zuständen, Essstörun­gen und De­pres­sio­nen. Ihre Leis­tun­gen um­fass­ten außer­dem Kran­ken­pflege, Ver­sor­gung mit Arz­nei­mit­teln so­wie Un­ter­kunft und Ver­pfle­gung. Die Pa­ti­en­ten wur­den in Ein­zel­zim­mern mit Bad, Bal­kon, Fern­se­her und Te­le­fon un­ter­ge­bracht. Die Kläge­rin erfüllte zwar nicht die Vor­aus­set­zun­gen des § 108 SGB V, gab je­doch an, dass sie im Streit­jahr ihre Umsätze zu 35 % ge­genüber ge­setz­lich kran­ken­ver­si­cher­ten Per­so­nen, zu 25 % ge­genüber Bei­hil­fe­be­rech­tig­ten und zu 40 % ge­genüber Pri­vat­ver­si­cher­ten er­bracht habe.

Das Fi­nanz­amt ging da­von aus, dass die Heil­be­hand­lungs­leis­tun­gen der Kläge­rin nur in einem der Vor­jahre nach § 4 Nr. 16 UStG a.F. steu­er­frei ge­we­sen seien, da im vor­an­ge­gan­ge­nen Ka­len­der­jahr min­des­tens 40 % der Leis­tun­gen Ver­si­cher­ten der ge­setz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rung zu­gut­ege­kom­men seien. Im Streit­jahr seien die Leis­tun­gen auf­grund der Neu­re­ge­lung nach § 4 Nr. 14b UStG steu­er­pflich­tig.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes blieb vor dem BFH er­folg­los.

Die Gründe:
Die Kläge­rin, de­ren Umsätze nicht nach § 4 Nr. 14b S. 2 UStG steu­er­frei sind, kann sich für die Steu­er­frei­heit auf das Uni­ons­recht be­ru­fen.

Die Leis­tun­gen der Kläge­rin sind nicht nach na­tio­na­lem Recht steu­er­frei, da § 4 Nr. 14b S. 1 UStG nur Kran­ken­haus­be­hand­lun­gen und ärzt­li­che Heil­be­hand­lun­gen ein­schließlich der Dia­gnos­tik, Be­fun­der­he­bung, Vor­sorge, Re­ha­bi­li­ta­tion, Ge­burts­hilfe und Hos­piz­leis­tun­gen so­wie da­mit eng ver­bun­dene Umsätze be­freit, die von Ein­rich­tun­gen des öff­ent­li­chen Rechts er­bracht wer­den. In­so­fern muss es sich um eine Hoch­schul­kli­nik, ein in den Kran­ken­haus­plan ei­nes Lan­des auf­ge­nom­me­nes Kran­ken­haus oder um ein Kran­ken­haus han­delt, das über einen Ver­sor­gungs­ver­trag mit den Verbänden der ge­setz­li­chen Kran­ken­kas­sen verfügt.

Da­mit steht die Steu­er­frei­heit für Heil­be­hand­lungs­leis­tun­gen durch Pri­vat­kran­kenhäuser un­ter einem fak­ti­schen Be­darfs­vor­be­halt, da die Kas­sen­verbände Ver­sor­gungs­verträge nur ab­schließen dürfen, wenn dies für die be­darfs­ge­rechte Kran­ken­haus­be­hand­lung der ge­setz­lich Ver­si­cher­ten er­for­der­lich ist. Die­ser Be­darfs­vor­be­halt ist mit den für den na­tio­na­len Ge­setz­ge­ber ver­bind­li­chen Vor­ga­ben des Uni­ons­rechts im Be­reich der Mehr­wert­steuer, der Mehr­wert­steu­er­sys­tem­richt­li­nie, nicht ver­ein­bar. Das Uni­ons­recht enthält für den na­tio­na­len Ge­setz­ge­ber auch keine Be­fug­nis zur Kon­tin­gen­tie­rung von Steu­er­be­frei­un­gen.

Da­mit sich der Be­trei­ber ei­nes Pri­vat­kran­ken­hau­ses auf die Steu­er­frei­heit nach dem Uni­ons­recht be­ru­fen kann, ob­wohl er kei­nen Ver­sor­gungs­ver­trag ab­ge­schlos­sen hat, muss er aber über eine sog. An­er­ken­nung verfügen. Diese kann sich dar­aus er­ge­ben, dass er in nicht un­er­heb­li­chem Um­fang Pa­ti­en­ten be­han­delt, die als ge­setz­lich Ver­si­cherte An­spruch auf Kos­ten­er­stat­tung nach § 13 SGB V ha­ben oder bei­hil­fe­be­rech­tigt sind. Dies traf auf den vor­lie­gen­den Fall (Quote über 35 %) zu.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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