Der Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten über die steuerliche Einordnung sog. Kursdifferenzerträge und von Verlusten aus sog. Knock-Out-Optionen. Die Kläger erklärten in den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre (2006 und 2007) u.a. Kapitalerträge des Klägers aus verschiedenen bei der A-Bank geführten Wertpapieren. Die Erträgnisaufstellung 2006 der A-Bank weist unter dem 26.5.2006 drei "inl. Kursdifferenzerträge" aus den Papieren "LBW16V Landesbank B" auf von 204, 170 und 140 € (Summe 514 €) mit dem Zusatz "KAP 6". Daneben sind zu diesen Papieren "Stückzinserträge" aufgelistet. In der Bescheinigung ist der Betrag von 514 € bezeichnet als "inl. Kursdifferenzerträge" / "Einnahmen aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20 EStG". Außerdem ist der Hinweis enthalten, dass es sich um zinsabschlagsteuerpflichtige Erträge nach § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG a.F. aus Verkauf oder Einlösung handele.
Intern hatte er zuvor vermerkt, es könne nicht ohne detaillierte Nachweise angenommen werden, dass die Erträge aus Kursdifferenzgeschäften, die von der Bank als Kapitalerträge ausgewiesen seien, in den erklärten Einkünften aus Termin- bzw. Veräußerungsgeschäften enthalten seien. Darüber hinaus erklärte der Kläger für die Streitjahre 2006 und 2007 in den Anlagen SO für verschiedene Wertpapiere Beträge von zs. ./. 2.136,53 € (2006) und zs. ./. 609 € (2007), deren Einzelbeträge A-Bank in den Erträgnisaufstellungen unter der Rubrik "private Veräußerungsgeschäfte" Depotausgängen zugeordnet hatte. Die sich daraus ergebenden Verluste erkannte das Finanzamt indes nicht an. Die Jahresbescheinigung der A-Bank weise den Betrag von 514 € ausdrücklich als Einnahmen aus Kapitalvermögen aus und ordne ihn der Anlage KAP, Zeile 6, zu (als Zinsen), beziehe ihn dagegen nicht auf ein privates Veräußerungsgeschäft. Die Verluste aus den ungeklärten Depotausgängen seien unbeachtlich; das Verfallenlassen einer Knock-Out-Option sei steuerlich nicht relevant.
Das FG gab der Klage, mit der die Kläger beantragt haben, dass für 2006 die Einkünfte aus Kapitalvermögen um 514 € gemindert werden sowie für 2006 bzw. 2007 die Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften n um 2.136 € bzw. 609 € erhöht werden, weitgehend statt. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat die Kursgewinne von 514 € im Streitjahr 2006 zu Unrecht nicht nur der Einkunftsart § 20 EStG zugeordnet, sondern in Höhe eines Teilbetrages von 401 € zusätzlich als Einkünfte i.s.d. § 23 EStG erfasst; letztere ist vorliegend wegen Doppelerfassung rückgängig zu machen.
Die Verluste aus den bedingten Termingeschäften sind in vollem Umfang anzuerkennen. Der Erwerb und Verfall der den "ungeklärten Depotausgängen" (lt. Erträgnisaufstellungen der A-Bank) zugrunde liegenden Wertpapiere erfüllt den Tatbestand des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG a. F. (Streitjahre 2006, 2007). Nach dieser Vorschrift gehören zu den privaten Veräußerungsgeschäften i.S.v. § 22 Nr. 2 EStG Termingeschäfte, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich erhält, sofern der Zeitraum zwischen Erwerb und Beendigung nicht mehr als ein Jahr beträgt; Optionsscheine gelten als Termingeschäft.
Mit dem Erwerb der sog. Knock-Out-Optionen ist der Kläger ein derartiges Termingeschäft eingegangen. Dies stellt ein sog. bedingtes Termingeschäft dar in Gestalt eines "Optionsscheins und Zertifikat", das lt. BMF-Schreiben vom 27.11.2001 (BStBl - I 2001, 986) als Termingeschäft i.S.v. §§ 20, 22, 23 EStG gilt. Der Kläger hat durch das Verfallenlassen der Optionsscheine das Termingeschäft i.S.v. § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG "beendet", auch wenn er tatsächlich keinen Differenzausgleich oder sonstigen Vorteil erlangt hat. Dies entspricht der neueren Rechtsprechung des BFH, der entschieden hat (BFH 26.9.2012, IX R 50/09 und IX R 12/11), dass das (bloße) Verfallenlassen einen steuerpflichtigen Beendigungstatbestand darstellt.
Das Termingeschäft (Recht auf einen Differenzausgleich, Geldbetrag oder Vorteil) werde - so der BFH überzeugend - auch dann steuerbar beendet, wenn ein durch das Basisgeschäft indizierter negativer Differenzausgleich durch Nichtausüben der (wertlosen) Forderung aus dem Termingeschäft vermieden werde. Denn das Gesetz verlange vom Steuerpflichtigen kein wirtschaftlich sinnloses Verhalten, sondern besteuere ihn nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Diese sei aber um die aufgewandten Optionsprämien gemindert, einerlei, ob es tatsächlich zu einem steuerbaren negativen Differenzausgleich komme oder ob ein solcher von vornherein vermieden werde, indem - als wirtschaftlich einzig sinnvolles Verhalten - die Option nicht ausgeübt werde.
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