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Tätigkeitsort eines Auslandskorrespondenten in Österreich

BFH 25.11.2014, I R 27/13

Nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. a S. 1 i.V.m. Art. 15 Abs. 1 DBA-Öster­reich 2000 sind die Einkünfte ei­nes im In­land woh­nen­den Aus­lands­kor­re­spon­den­ten in­so­weit von der Be­mes­sungs­grund­lage der deut­schen Steuer aus­zu­neh­men, als die Ar­beit tatsäch­lich in Öster­reich ausgeübt wor­den ist. So­weit die Einkünfte auf Dienst­rei­sen ent­fal­len, die der Kor­re­spon­dent von dem Re­dak­ti­onsbüro in Öster­reich aus in an­gren­zende Länder un­ter­nimmt, un­ter­fal­len sie hin­ge­gen der deut­schen Ein­kom­men­steuer.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläger sind Ehe­leute, die in den Streit­jah­ren 2006 und 2007 im In­land einen ge­mein­sa­men Wohn­sitz un­ter­hiel­ten und zu­sam­men zur Ein­kom­men­steuer ver­an­lagt wur­den. Die Kläge­rin ar­bei­tete in je­nen Jah­ren in Öster­reich als Aus­lands­kor­re­spon­den­tin für einen inländi­schen Ver­lag. Die zuständige Fi­nanz­behörde hatte dem Ar­beit­ge­ber mit Be­schei­ni­gun­gen vom 16.11.2005 und 7.12.2007 mit­ge­teilt, dass der Ar­beits­lohn der Kläge­rin nach § 39d Abs. 3 S. 4 i.V.m. § 39b Abs. 6 EStG 2002 und dem Dop­pel­be­steue­rungs-Ab­kom­men zwi­schen Deutsch­land und Öster­reich (DBA-Öster­reich 2000) nicht dem Steu­er­ab­zug in Deutsch­land un­ter­liege. Die Kläge­rin wurde in Öster­reich für die Streit­jahre mit ih­ren Einkünf­ten aus nicht­selbständi­ger Ar­beit zur Ein­kom­men­steuer ver­an­lagt.

Das Fi­nanz­amt stellte die Einkünfte der Kläge­rin, mit de­nen diese in Öster­reich ver­an­lagt wor­den war, nach Maßgabe von Art. 23 Abs. 1 Buchst. a S. 1 i.V.m. Art. 15 Abs. 1 DBA-Öster­reich 2000 steu­er­frei. Al­ler­dings er­fasste es die Vergütun­gen, so­weit diese an­tei­lig auf Rei­se­auf­ent­halte in Dritt­staa­ten außer­halb von Öster­reich ent­fie­len, so­wie die Un­ter­schieds­beträge zwi­schen den Ar­beits­lohn­be­schei­ni­gun­gen des Ar­beit­ge­bers der Kläge­rin und den­je­ni­gen Einkünf­ten, wel­che aus­weis­lich der öster­rei­chi­schen Steu­er­be­scheide der Be­steue­rung in Öster­reich zu­grunde ge­legt wor­den wa­ren. Die be­tref­fen­den Vergütungs­an­teile be­lie­fen sich auf rd. 4.200 € (2006) so­wie rd. 11.700 € (2007); die be­sag­ten Un­ter­schieds­beträge er­rech­ne­ten sich mit rd. 1.950 €(2006) und rd. 2.100 € (2007).

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­amts hob der BFH das Ur­teil auf und ver­wies die Sa­che an das FG zurück.

Die Gründe:
Das FG hat zu Un­recht die tätig­keits­be­ding­ten An­we­sen­hei­ten der Kläge­rin in sog. Dritt­staa­ten genügen las­sen, um Öster­reich und nicht Deutsch­land das Be­steue­rungs­recht an den an­tei­li­gen Ar­beitslöhnen zu­zu­wei­sen. Die vom FG ge­trof­fe­nen ta­trich­ter­li­chen Fest­stel­lun­gen er­lau­ben es ge­genwärtig al­ler­dings nicht, ab­schließend darüber zu ent­schei­den, ob Deutsch­land aus ab­kom­mens­recht­li­cher Sicht über­haupt der maßge­bende Ansässig­keits­staat der Kläge­rin ist. Es be­darf dazu ebenso noch wei­te­rer Sach­aufklärung, wie zu der Frage, ob es ge­recht­fer­tigt ist, in Öster­reich steu­er­lich ggf. nicht er­fasste Ein­kunfts­teile in­folge der Rück­fall­re­ge­lung in § 50d Abs. 8 EStG 2002 in Deutsch­land zu be­steu­ern.

Die Kläge­rin hatte in den Streit­jah­ren in Deutsch­land einen Wohn­sitz und war hier des­we­gen nach § 1 Abs. 1 EStG 2002 un­be­schränkt steu­er­pflich­tig; sie un­ter­lag da­her mit al­len in den Streit­jah­ren er­ziel­ten Einkünf­ten der Ein­kom­men­steuer. Das deut­sche Be­steue­rungs­recht an dem von der Kläge­rin ver­ein­nahm­ten Ar­beits­lohn (§ 19 EStG 2002) wird durch das DBA-Öster­reich 2000 ein­ge­schränkt. Vor­aus­ge­setzt, es han­delt sich bei der Kläge­rin um eine in Deutsch­land ansässige Per­son, ist der Lohn des­we­gen nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. a S. 1 i.V.m. Art. 15 Abs. 1 DBA-Öster­reich 2000 von der Be­mes­sungs­grund­lage der deut­schen Steuer aus­zu­neh­men. Das be­trifft ent­ge­gen der An­nahme der Vor­in­stanz aber nicht jene Vergütungs­be­stand­teile, wel­che an­tei­lig auf die Rei­setätig­keit der Kläge­rin in Dritt­staa­ten ent­fal­len, also in­so­weit, als sie von ih­rem Re­dak­ti­onsbüro in Öster­reich aus Dienst­rei­sen in die an­gren­zen­den Länder un­ter­nom­men hat.

Der Ar­beits­ort be­fin­det sich dort, wo der Ar­beit­neh­mer sich zur Ausübung sei­ner Tätig­keit tatsäch­lich aufhält. Aus­schlag­ge­bend ist die phy­si­sche An­we­sen­heit im Tätig­keits­staat, nicht eine "ver­trag­li­che" An­we­sen­heit, also eine An­we­sen­heit, wel­che sich al­lein dar­aus ab­lei­tet, dass der Ar­beit­neh­mer ar­beits­ver­trag­lich ver­pflich­tet ist, im Rah­men sei­ner Tätig­keit auch Tätig­kei­ten in sei­nem Wohn­sitz­staat oder in Dritt­staa­ten zu er­brin­gen und sich dafür (auch) dort tatsäch­lich auf­zu­hal­ten. Für die Vergütung, die er für sol­che Auf­ent­halte an­tei­lig erhält, kann der Tätig­keits­staat kein Be­steue­rungs­recht be­an­spru­chen. Das gilt für alle Be­rufs­grup­pen; es gibt kei­nen tragfähi­gen Grund, für Aus­lands­kor­re­spon­den­ten da­von ab­zu­wei­chen.

Folge die­ses Nor­men­verständ­nis­ses ist, dass der Ar­beits­lohn der Kläge­rin, der an­tei­lig auf de­ren Rei­sen in Dritt­staa­ten entfällt, der deut­schen Be­steue­rung un­terfällt. Das Fi­nanz­amt hat diese An­teile zeit­an­tei­lig ge­grif­fen. Vor­aus­set­zung all des­sen ist al­ler­dings, dass die Kläge­rin über­haupt eine im In­land ansässige Per­son i.S.v. Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 4 Abs. 1 DBA-Öster­reich 2000 ist. Da­von ge­hen die Be­tei­lig­ten ganz of­fen­sicht­lich aus. Un­geklärt bleibt in die­sem Zu­sam­men­hang bis­lang je­doch, ob die Kläge­rin in Öster­reich als dem Ver­trags­staat, in dem und von dem aus sie ih­rer Tätig­keit als Aus­lands­kor­re­spon­den­tin nach­ge­gan­gen ist, in den Streit­jah­ren über einen wei­te­ren Wohn­sitz verfügt hat, der als ständige Wohnstätte i.S.v. Art. 4 Abs. 2 Buchst. a DBA-Öster­reich 2000 zu qua­li­fi­zie­ren ist. Wäre dies der Fall, müsste ihre Ansässig­keit nach Maßgabe von Art. 4 Abs. 2 DBA-Öster­reich 2000 be­stimmt wer­den. Ins­be­son­dere wird zu klären sein, ob sie in Deutsch­land zu­sam­men mit dem Kläger den Mit­tel­punkt ih­rer Le­bens­in­ter­es­sen in­ne­ge­habt hat. Das FG wird dazu die not­wen­di­gen ta­trich­ter­li­chen Fest­stel­lun­gen nach­zu­ho­len ha­ben.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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