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Umsatzsteuerrechtliche Beurteilung von Sale-and-lease-back-Geschäften

BFH 6.4.2016, V R 12/15

Sale-and-lease-back-Ge­schäfte können als Mit­wir­kung des Käufers und Lea­sing­ge­bers an ei­ner bi­lan­zi­el­len Ge­stal­tung des Verkäufers und Lea­sing­neh­mers zu steu­er­pflich­ti­gen sons­ti­gen Leis­tun­gen führen. Es han­delt sich nicht um die steu­er­freie Gewährung ei­nes Kre­dits.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist eine 2006 gegründete GbR mit dem Zweck, elek­tro­ni­sche In­for­ma­ti­ons­sys­teme der Firma I zu er­wer­ben und so­fort an I zurück zu ver­lea­sen. Im Jahr 2006 kaufte die Kläge­rin die In­for­ma­ti­ons­sys­teme zu einem Ge­samt­kauf­preis von 960.000 € zzgl. 153.600 € Um­satz­steuer. Zu­gleich gewährte I der Kläge­rin ein ver­zins­li­ches Dar­le­hen i.H.v. 640.000 € für einen Zeit­raum von 48 Mo­na­ten. Die In­for­ma­ti­ons­sys­teme wa­ren im Be­trieb ei­nes Drit­ten auf­ge­stellt. An­stelle der Überg­abe trat die I der Kläge­rin ih­ren Her­aus­ga­be­an­spruch ab. Eben­falls 2006 ver­leaste die Kläge­rin die In­for­ma­ti­ons­sys­teme für die Dauer von 48 Mo­na­ten zurück an die I. Bei ei­ner zu­grunde ge­leg­ten Netto-Be­rech­nungs­grund­lage i.H.v. 960.000 € wur­den mtl. Lea­sing­ra­ten i.H.v. 23.500 € zzgl. 3.760 € Um­satz­steuer ver­ein­bart. Die I trug die Ge­fahr des Un­ter­gangs, Ver­lusts, Dieb­stahls oder von Be­schädi­gun­gen des Lea­sing­guts.

Im März 2007 rech­nete die Kläge­rin ge­genüber der I über die Lea­sing­gebühren ab. In der Rech­nung war eine 19-pro­zen­tige Um­satz­steuer i.H.v. 4.465 € mtl. of­fen aus­ge­wie­sen. In der Rech­nung war als Überg­abe­da­tum der 29.12.2006 ver­merkt. Die er­ste Rate war ab Fe­bruar 2007 fällig, alle wei­te­ren Ra­ten je­weils am 1. ei­nes Mo­nats im Vor­aus. Die Rech­nung galt für die volle Ver­trags­lauf­zeit. Rech­nun­gen für die ein­zel­nen Ra­ten wur­den nicht ge­stellt. I zahlte le­dig­lich im März 2007 eine Lea­sing­rate und leis­tete da­nach keine wei­te­ren Zah­lun­gen. Im Ja­nuar 2008 kündigte die Kläge­rin den Lea­sing­ver­trag we­gen Zah­lungs­un­re­gelmäßig­kei­ten frist­los. Kurz dar­auf wurde ein vorläufi­ger In­sol­venz­ver­wal­ter über das Vermögen der I ein­ge­setzt und im Juli 2008 das In­sol­venz­ver­fah­ren über ihr Vermögen eröff­net.

In der Um­satz­steu­er­erklärung für 2007 erklärte die Kläge­rin Umsätze von netto 23.500 € (Um­satz­steuer 19 Pro­zent 4.465 €), Vor­steu­ern aus Rechts- und Be­ra­tungs­kos­ten von 190 € und eine ver­blei­bende Um­satz­steuer von 4.275 €. Dem­ge­genüber ver­wei­gerte das Fi­nanz­amt den Vor­steu­er­ab­zug, da der Lea­sing­ge­ber um­satz­steu­er­frei Kre­dit gewährt habe. Auf­grund der Rech­nungs­er­tei­lung und ei­nes sich aus der Rech­nung er­ge­ben­den un­zu­tref­fen­den Steu­er­aus­wei­ses ging das Fi­nanz­amt darüber hin­aus von ei­ner Steu­er­schuld des Lea­sing­ge­bers aus.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Auf die Re­vi­sion der Kläge­rin hob der BFH das Ur­teil auf und ver­wies die Sa­che an das FG zurück.

Die Gründe:
Das FG hat der Kläge­rin zu Un­recht den Vor­steu­er­ab­zug ver­sagt und an­ge­nom­men, sie schulde Um­satz­steuer nach § 14c UStG.

Die Kläge­rin hat eine steu­er­pflich­tige sons­tige Leis­tung aus­geführt, in­dem sie bei ei­ner bi­lan­zi­el­len Ge­stal­tung mit­ge­wirkt hat. Sale-and-lease-back-Ge­schäfte können als Mit­wir­kung des Käufers und Lea­sing­ge­bers an ei­ner bi­lan­zi­el­len Ge­stal­tung des Verkäufers und Lea­sing­neh­mers an­zu­se­hen sein. So verhält es sich auch hier. Nach § 248 Abs. 2 HGB durfte für im­ma­te­ri­elle Vermögens­ge­genstände des An­la­ge­vermögens, die nicht ent­gelt­lich er­wor­ben wur­den, ein Ak­tiv­pos­ten nicht an­ge­setzt wer­den. Er­trag­steu­er­recht­lich ist nach § 5 Abs. 2 EStG für im­ma­te­ri­elle Wirt­schaftsgüter des An­la­ge­vermögens ein Ak­tiv­pos­ten nur an­zu­set­zen, wenn sie ent­gelt­lich er­wor­ben wur­den.
 
Da­her durfte die I das für die elek­tro­ni­schen In­for­ma­ti­ons­sys­teme selbst ent­wi­ckelte Know-how, Soft­ware und Pa­tente zunächst nicht ak­ti­vie­ren. Das Sale-and-lease-back-Ge­schäft ermöglichte ihr aber, einen Ge­gen­wert in Ge­stalt des Kauf­prei­ses oder der For­de­rung an die Kläge­rin als Ak­tiv­pos­ten an­zu­set­zen. Sie konnte da­durch mehr Ei­gen­ka­pi­tal aus­wei­sen, höhere Ge­winne aus­schütten und bes­sere Bo­nität in An­spruch neh­men. Die Mit­wir­kung an die­ser bi­lan­zi­el­len Ge­stal­tung ist um­satz­steu­er­recht­lich eine sons­tige Leis­tung, da der Leis­tungs­empfänger da­durch einen wirt­schaft­li­chen Vor­teil erhält. Sie ist auch nicht von der Um­satz­steuer be­freit. Es han­delt sich nicht um die steu­er­freie Gewährung ei­nes Kre­dits.

Sale-and-lease-back-Ge­schäfte können um­satz­steu­er­recht­lich als Kre­dit­gewährung i.S.d. § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG an­zu­se­hen sein. Die Steu­er­be­frei­un­gen des § 4 UStG sind aber grundsätz­lich eng aus­zu­le­gen, weil sie Aus­nah­men von dem all­ge­mei­nen Grund­satz dar­stel­len, dass jede Dienst­leis­tung, die ein Steu­er­pflich­ti­ger ge­gen Ent­gelt er­bringt, der Um­satz­steuer un­ter­liegt. Das FG hat in­so­fern nicht hin­rei­chend berück­sich­tigt, dass der Er­werb des Lea­sing­guts durch die Kläge­rin über­wie­gend durch ein Dar­le­hen der I fi­nan­ziert wurde. Die Verträge von De­zem­ber 2006 dien­ten im Er­geb­nis der Fi­nan­zie­rung der I al­len­falls in­so­weit, als der Kauf­preis von der Kläge­rin selbst auf­zu­brin­gen war. Die­ser Zweck tritt aber zurück, da der Kauf­preis nur zu einem Drit­tel von der Kläge­rin auf­zu­brin­gen war und zu zwei Drit­teln von der I fi­nan­ziert wurde.

Das Ur­teil ver­letzt Bun­des­recht auch in­so­weit, als das FG an­ge­nom­men hat, dass die Kläge­rin die in der Rech­nung von März 2007 aus­ge­wie­sene Um­satz­steuer we­gen feh­ler­haf­ten Steu­er­aus­wei­ses nach § 14c UStG schul­det. Zum einen ist die von der Kläge­rin er­brachte Leis­tung steu­er­pflich­tig, zum an­de­ren schul­det die Kläge­rin Um­satz­steuer auch nicht we­gen ei­ner un­zu­tref­fen­den Be­schrei­bung von Leis­tungs­ge­gen­stand und Leis­tungs­zeit­punkt. Nach § 14c Abs. 2 S. 1 und 2 Alt. 2 UStG schul­det den aus­ge­wie­se­nen Be­trag auch, wer in ei­ner Rech­nung einen Steu­er­be­trag ge­son­dert aus­weist, ob­wohl er eine Lie­fe­rung oder sons­tige Leis­tung nicht ausführt. Hieran fehlt es im Streit­fall. Im zwei­ten Rechts­gang wird das FG nun zu ent­schei­den ha­ben, ab wel­chen Zeit­punkt die Lea­sing­ra­ten auf­grund des Zah­lungs­ver­zugs des Lea­sing­neh­mers als un­ein­bring­lich zu be­han­deln sind und die Um­satz­steuer des­we­gen zu be­rich­ti­gen ist.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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