Zwar äußerte sich Pressemeldungen vom 31.3.2016 zufolge der Sprecher des BVerfG dahingehend, dass eine erst nach dem 30.6.2016 erfolgende Reaktion des Gesetzgebers ohne Auswirkungen sei. Das bisherige Erbschaftsteuergesetz sei weiterhin anzuwenden. Zahlreiche Vertreter aus Wissenschaft und Praxis haben hingegen zwischenzeitlich vermehrt die Auffassung geäußert, dass mit dem Verstreichenlassen der vom BVerfG gesetzten Frist, das ErbStG insgesamt nicht mehr anwendbar sei.
Hinweis
Sollte der Gesetzgeber erst nach dem 30.6.2016 Neuregelungen beschließen, ist aber damit zu rechnen, dass diese rückwirkend bereits auf Erwerbe ab dem 1.7.2016 zur Anwendung kommen sollen, auch wenn die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer solchen Rückwirkung nicht abschließend geklärt ist.
Sind Vermögensübertragungen im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge geplant, könnte ggf. durch eine Übertragung erst nach dem 1.7.2016 die Chance der Nichtanwendbarkeit des ErbStG und damit die der Steuerfreiheit genutzt werden. Da jedoch eine rückwirkende Anwendung der gesetzlichen Neuregelungen wahrscheinlich ist, ist mit einer nachträglichen Festsetzung von Erbschaftsteuer auf Basis dieser Neuregelungen zu rechnen, gegen die ggf. mit Rechtsmitteln vorzugehen wäre.
Hinweis
Im Fall von Betriebsvermögen ist zudem zu beachten, dass mit einem Verschieben von geplanten Übertragungen nach dem 30.6.2016 das bisherige Recht, das in vielen Fällen günstiger sein dürfte als die geplanten Neuregelungen, nicht mehr zur Anwendung kommt und somit die Gefahr einer höheren Steuerbelastung durch die etwaig rückwirkend anzuwendenden Neuregelungen besteht.
Bei zu übertragenden Privatvermögen, z. B. Immobilien im Privatvermögen oder Barvermögen, dürfte durch die geplanten Neuregelungen keine im Vergleich zum jetzigen Gesetzesstand höhere Steuerbelastung drohen, so dass hier ggf. die Chance der Steuerfreiheit durch Übertragung nach dem 30.6.2016 genutzt werden könnte. Bei rückwirkender Anwendung der geplanten Neuregelungen und entsprechender nachträglicher Steuerfestsetzung dürfte allerdings wiederum das Einspruchsverfahren zu durchlaufen und der Klageweg zu beschreiten sein, um die Möglichkeit der Steuerfreiheit zu wahren.
Allerdings bleibt abzuwarten, ob das BVerfG im Rahmen einer sog. Vollstreckungsanordnung die gesetzgeberische Reformfrist über den 30.6.2016 hinaus verlängert und die Weitergeltung der bisherigen Rechtslage anordnet.