Der Sachverhalt:
Die Klägerin zu 1) ist eine GmbH & Co. KG, deren Komplementär-GmbH nicht am Gesellschaftsvermögen beteiligt ist. Kommanditisten waren ursprünglich V (Kläger zu 2) zu 2/3 und sein Sohn S zu 1/3. Die Klägerin hatte bis zum Jahr 2001 einen Einzelhandel mit Spielwaren, Kinderwagen und Textilien betrieben. Dazu waren Räumlichkeiten in den Gebäuden A-Straße 1, 2 und 3 genutzt worden. Die Grundstücke A-Straße 1 und 3 gehörten dem Kläger. Im Haus Nr. 1 wurden der Keller als Lager und das 1. OG für den Spielwarenhandel genutzt, während sich das Handelsgeschäft für Kinderwagen und Textilien im EG des Hauses Nr. 3 befand. EG und 2. OG des Hauses Nr. 1 waren zu gewerblichen Zwecken vermietet, während das 3. OG zu privaten Wohnzwecken genutzt wurde. Das 1. OG des Hauses Nr. 3 war zu fremden Wohnzwecken vermietet. Die Klägerin behandelte das Grundstück A-Straße 1 zu 83 Prozent und das Grundstück A-Straße 3 zu 40 Prozent als Sonderbetriebsvermögen des Klägers.
Im Oktober 2007 übertrug der Kläger seinen Kommanditanteil, seinen Anteil an der Komplementär-GmbH und das Grundstück A-Straße 1 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf S. Im Zusammenhang mit der Grundstücksübertragung behielt sich der Kläger an der von ihm bewohnten Wohnung im 3. OG des Gebäudes ein lebenslanges Wohnrecht sowie die Zusage von nach § 323 ZPO abänderbaren laufenden Geldleistungen von zunächst mtl. 2.300 € vor. Den Gewinn aus der Veräußerung des zum Sonderbetriebsvermögen gehörenden Teils des Grundstücks A-Straße 3 erklärte die Klägerin in ihrer Gewinnfeststellungserklärung für das Streitjahr 2007 als Sonderbetriebseinnahme des Klägers. Nach einer Außenprüfung erfasste das Finanzamt einen tarifbegünstigten Gewinn aus der Aufgabe des Mitunternehmeranteils des Klägers, der auch den Gewinn aus der Veräußerung des zum Sonderbetriebsvermögen gehörenden Grundstücksteils beinhaltete.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das FG hat zutreffend entschieden, dass kein Gewinn aus der Aufgabe des Mitunternehmeranteils des Klägers festzustellen ist.
Nach § 16 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Aufgabe des gesamten Anteils eines Gesellschafters, der als Mitunternehmer des Betriebs anzusehen ist. Eine Aufgabe des Mitunternehmeranteils kann darin bestehen, dass der Gesellschafter einer Personengesellschaft seinen Anteil am Gesamthandsvermögen unentgeltlich überträgt, ohne dem Rechtsnachfolger auch alle Wirtschaftsgüter seines Sonderbetriebsvermögens mit zu übertragen, die als wesentliche Betriebsgrundlage des Mitunternehmeranteils anzusehen sind. Der Kläger hat seinen Mitunternehmeranteil nicht dadurch aufgegeben, dass er neben dem Anteil am Vermögen der Klägerin sowie dem Anteil an der Komplementär-GmbH und dem Grundstück A-Straße 1 nicht auch das Grundstück A-Straße 3 unentgeltlich auf S übertragen hat. Denn das Grundstück A-Straße 3 stand im Zeitpunkt der Übertragung des Gesellschaftsanteils nicht mehr im Eigentum des Klägers und gehörte deshalb nicht mehr zu seinem Mitunternehmeranteil.
Die kurz zuvor vorgenommene Veräußerung des Grundstücks A-Straße 3 ist nicht im Wege einer zusammenfassenden Betrachtung als Teil des Übertragungsvorgangs anzusehen. Es kann dahinstehen, ob Veräußerung und Anteilsübertragung auf einem einheitlichen Plan des Klägers beruhten. Denn selbst wenn dies der Fall wäre, würde die Grundstücksveräußerung der Anwendung des § 6 Abs. 3 S. 1 EStG auf die Übertragung des Gesellschaftsanteils und des verbliebenen Sonderbetriebsvermögens nicht mit der Folge entgegenstehen, dass der Vorgang als Aufgabe des Mitunternehmeranteils zu beurteilen wäre. Wie der Senat entschieden hat, setzt eine Anteilsübertragung i.S.d. § 6 Abs. 3 S. 1 EStG nur die Übertragung des gesamten Betriebsvermögens voraus, das im Zeitpunkt der Übertragung existiert. Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens, die zuvor entnommen oder veräußert worden sind, sind nicht mehr Bestandteil des Mitunternehmeranteils.
Danach steht es der Buchwertübertragung des verbliebenen Mitunternehmeranteils nicht entgegen, wenn zuvor eine im Sonderbetriebsvermögen gehaltene wesentliche Betriebsgrundlage zum Buchwert nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG auf einen Dritten übertragen worden ist. Nicht anders kann es sich verhalten, wenn - wie hier - ein solches Wirtschaftsgut vor der Anteilsübertragung unter Aufdeckung der stillen Reserven aus dem Sonderbetriebsvermögen ausgeschieden ist. Der dagegen erhobene Einwand des Finanzamts, aus der sog. Gesamtplanrechtsprechung ergebe sich, dass beide Übertragungsvorgänge zusammengefasst zu betrachten seien, greift nicht.
Das Finanzamt beruft sich darauf, der BFH habe mit seinen Urteilen vom 6.9.2000 (IV R 18/99) und vom 27.10.2005 (IX R 76/03) der Rechtsfigur eines Gesamtplans nicht nur unter dem Aspekt der §§ 16, 34 EStG, sondern z.B. auch in Bezug auf § 42 AO Bedeutung beigemessen. Die Rechtsprechung beruhe darauf, dass eine aufgrund einheitlicher Planung in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehende Mehrzahl von Rechtsgeschäften für die steuerliche Beurteilung zu einem einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang zusammenzufassen und sodann unter den Steuertatbestand zu subsumieren sei. Einen derart allgemeingültigen Rechtssatz hat der BFH indessen nicht aufgestellt. Vorliegend ist daher die Übertragung des Gesellschaftsanteils und der zum Übertragungszeitpunkt vorhandenen Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens als unentgeltliche Übertragung eines ganzen Mitunternehmeranteils i.S.d. § 6 Abs. 3 S. 1 Halbs. 1 EStG anzusehen. Die Übertragung hat insgesamt zum Buchwert stattgefunden und nicht zur Entstehung eines Gewinns für den Kläger geführt.
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