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Unentgeltliche Übertragung eines Mitunternehmeranteils nach Veräußerung von Sonderbetriebsvermögen

BFH 9.12.2014, IV R 29/14

Veräußert ein Mit­un­ter­neh­mer auf­grund ein­heit­li­cher Pla­nung Son­der­be­triebs­vermögen, be­vor er den ihm ver­blie­be­nen Mit­un­ter­neh­me­ran­teil un­ent­gelt­lich überträgt, steht dies der Buch­wert­fortführung nach § 6 Abs. 3 EStG nicht ent­ge­gen. Der Ein­wand, aus der sog. Ge­samt­plan­recht­spre­chung er­gebe sich, dass beide Über­tra­gungs­vorgänge zu­sam­men­ge­fasst zu be­trach­ten seien, ist nicht zu­tref­fend.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin zu 1) ist eine GmbH & Co. KG, de­ren Kom­ple­mentär-GmbH nicht am Ge­sell­schafts­vermögen be­tei­ligt ist. Kom­man­di­tis­ten wa­ren ur­sprüng­lich V (Kläger zu 2) zu 2/3 und sein Sohn S zu 1/3. Die Kläge­rin hatte bis zum Jahr 2001 einen Ein­zel­han­del mit Spiel­wa­ren, Kin­der­wa­gen und Tex­ti­lien be­trie­ben. Dazu wa­ren Räum­lich­kei­ten in den Gebäuden A-Straße 1, 2 und 3 ge­nutzt wor­den. Die Grundstücke A-Straße 1 und 3 gehörten dem Kläger. Im Haus Nr. 1 wur­den der Kel­ler als La­ger und das 1. OG für den Spiel­wa­ren­han­del ge­nutzt, während sich das Han­dels­ge­schäft für Kin­der­wa­gen und Tex­ti­lien im EG des Hau­ses Nr. 3 be­fand. EG und 2. OG des Hau­ses Nr. 1 wa­ren zu ge­werb­li­chen Zwecken ver­mie­tet, während das 3. OG zu pri­va­ten Wohn­zwe­cken ge­nutzt wurde. Das 1. OG des Hau­ses Nr. 3 war zu frem­den Wohn­zwe­cken ver­mie­tet. Die Kläge­rin be­han­delte das Grundstück A-Straße 1 zu 83 Pro­zent und das Grundstück A-Straße 3 zu 40 Pro­zent als Son­der­be­triebs­vermögen des Klägers.

Mitte des Jah­res 2001 gab die Kläge­rin ihre Ge­schäftsräume in der A-Straße 3 auf und ver­mie­tete sie nach ent­spre­chen­dem Um­bau an den Be­trei­ber ei­ner Eis­diele. Ihre übri­gen Ge­schäftsräume und die Ge­schäfts­aus­stat­tung des Spiel­wa­ren­han­dels ver­mie­tete die Kläge­rin an die im Jahr 2001 neu gegründete C-GmbH, an der die Kläge­rin zu 30 Pro­zent be­tei­ligt war. Die C-GmbH er­warb große Teile des Wa­ren­la­gers mit Spiel­wa­ren, während die Wa­ren aus dem Tex­til- und Kin­der­wa­gen­han­del von der Kläge­rin bis zum Frühjahr 2003 an Dritte ab­ver­kauft wur­den. Zum 2.10.2007 ver­kaufte der Kläger das Grundstück A-Straße 3 zum Preis von 500.000 € an den Be­trei­ber der Eis­diele, nach­dem schon seit 2004 über einen Ver­kauf ver­han­delt wor­den war.

Im Ok­to­ber 2007 über­trug der Kläger sei­nen Kom­man­dit­an­teil, sei­nen An­teil an der Kom­ple­mentär-GmbH und das Grundstück A-Straße 1 im Wege der vor­weg­ge­nom­me­nen Erb­folge auf S. Im Zu­sam­men­hang mit der Grundstücksüber­tra­gung be­hielt sich der Kläger an der von ihm be­wohn­ten Woh­nung im 3. OG des Gebäudes ein le­bens­lan­ges Wohn­recht so­wie die Zu­sage von nach § 323 ZPO abänder­ba­ren lau­fen­den Geld­leis­tun­gen von zunächst mtl. 2.300 € vor. Den Ge­winn aus der Veräußerung des zum Son­der­be­triebs­vermögen gehören­den Teils des Grundstücks A-Straße 3 erklärte die Kläge­rin in ih­rer Ge­winn­fest­stel­lungs­erklärung für das Streit­jahr 2007 als Son­der­be­triebs­ein­nahme des Klägers. Nach ei­ner Außenprüfung er­fasste das Fi­nanz­amt einen ta­rif­begüns­tig­ten Ge­winn aus der Auf­gabe des Mit­un­ter­neh­me­ran­teils des Klägers, der auch den Ge­winn aus der Veräußerung des zum Son­der­be­triebs­vermögen gehören­den Grundstück­steils be­inhal­tete.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Die Re­vi­sion des Fi­nanz­amts hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Das FG hat zu­tref­fend ent­schie­den, dass kein Ge­winn aus der Auf­gabe des Mit­un­ter­neh­me­ran­teils des Klägers fest­zu­stel­len ist.

Nach § 16 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG gehört zu den Einkünf­ten aus Ge­wer­be­be­trieb auch der Ge­winn aus der Auf­gabe des ge­sam­ten An­teils ei­nes Ge­sell­schaf­ters, der als Mit­un­ter­neh­mer des Be­triebs an­zu­se­hen ist. Eine Auf­gabe des Mit­un­ter­neh­me­ran­teils kann darin be­ste­hen, dass der Ge­sell­schaf­ter ei­ner Per­so­nen­ge­sell­schaft sei­nen An­teil am Ge­samt­hands­vermögen un­ent­gelt­lich überträgt, ohne dem Rechts­nach­fol­ger auch alle Wirt­schaftsgüter sei­nes Son­der­be­triebs­vermögens mit zu über­tra­gen, die als we­sent­li­che Be­triebs­grund­lage des Mit­un­ter­neh­me­ran­teils an­zu­se­hen sind. Der Kläger hat sei­nen Mit­un­ter­neh­me­ran­teil nicht da­durch auf­ge­ge­ben, dass er ne­ben dem An­teil am Vermögen der Kläge­rin so­wie dem An­teil an der Kom­ple­mentär-GmbH und dem Grundstück A-Straße 1 nicht auch das Grundstück A-Straße 3 un­ent­gelt­lich auf S über­tra­gen hat. Denn das Grundstück A-Straße 3 stand im Zeit­punkt der Über­tra­gung des Ge­sell­schafts­an­teils nicht mehr im Ei­gen­tum des Klägers und gehörte des­halb nicht mehr zu sei­nem Mit­un­ter­neh­me­ran­teil.

Die kurz zu­vor vor­ge­nom­mene Veräußerung des Grundstücks A-Straße 3 ist nicht im Wege ei­ner zu­sam­men­fas­sen­den Be­trach­tung als Teil des Über­tra­gungs­vor­gangs an­zu­se­hen. Es kann da­hin­ste­hen, ob Veräußerung und An­teilsüber­tra­gung auf einem ein­heit­li­chen Plan des Klägers be­ruh­ten. Denn selbst wenn dies der Fall wäre, würde die Grundstücks­veräußerung der An­wen­dung des § 6 Abs. 3 S. 1 EStG auf die Über­tra­gung des Ge­sell­schafts­an­teils und des ver­blie­be­nen Son­der­be­triebs­vermögens nicht mit der Folge ent­ge­gen­ste­hen, dass der Vor­gang als Auf­gabe des Mit­un­ter­neh­me­ran­teils zu be­ur­tei­len wäre. Wie der Se­nat ent­schie­den hat, setzt eine An­teilsüber­tra­gung i.S.d. § 6 Abs. 3 S. 1 EStG nur die Über­tra­gung des ge­sam­ten Be­triebs­vermögens vor­aus, das im Zeit­punkt der Über­tra­gung exis­tiert. Wirt­schaftsgüter des Son­der­be­triebs­vermögens, die zu­vor ent­nom­men oder veräußert wor­den sind, sind nicht mehr Be­stand­teil des Mit­un­ter­neh­me­ran­teils.

Da­nach steht es der Buch­wertüber­tra­gung des ver­blie­be­nen Mit­un­ter­neh­me­ran­teils nicht ent­ge­gen, wenn zu­vor eine im Son­der­be­triebs­vermögen ge­hal­tene we­sent­li­che Be­triebs­grund­lage zum Buch­wert nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG auf einen Drit­ten über­tra­gen wor­den ist. Nicht an­ders kann es sich ver­hal­ten, wenn - wie hier - ein sol­ches Wirt­schafts­gut vor der An­teilsüber­tra­gung un­ter Auf­de­ckung der stil­len Re­ser­ven aus dem Son­der­be­triebs­vermögen aus­ge­schie­den ist. Der da­ge­gen er­ho­bene Ein­wand des Fi­nanz­amts, aus der sog. Ge­samt­plan­recht­spre­chung er­gebe sich, dass beide Über­tra­gungs­vorgänge zu­sam­men­ge­fasst zu be­trach­ten seien, greift nicht.

Das Fi­nanz­amt be­ruft sich dar­auf, der BFH habe mit sei­nen Ur­tei­len vom 6.9.2000 (IV R 18/99) und vom 27.10.2005 (IX R 76/03) der Rechts­fi­gur ei­nes Ge­samt­plans nicht nur un­ter dem As­pekt der §§ 16, 34 EStG, son­dern z.B. auch in Be­zug auf § 42 AO Be­deu­tung bei­ge­mes­sen. Die Recht­spre­chung be­ruhe dar­auf, dass eine auf­grund ein­heit­li­cher Pla­nung in en­gem zeit­li­chen und sach­li­chen Zu­sam­men­hang ste­hende Mehr­zahl von Rechts­ge­schäften für die steu­er­li­che Be­ur­tei­lung zu einem ein­heit­li­chen wirt­schaft­li­chen Vor­gang zu­sam­men­zu­fas­sen und so­dann un­ter den Steu­er­tat­be­stand zu sub­su­mie­ren sei. Einen der­art all­ge­meingülti­gen Rechts­satz hat der BFH in­des­sen nicht auf­ge­stellt. Vor­lie­gend ist da­her die Über­tra­gung des Ge­sell­schafts­an­teils und der zum Über­tra­gungs­zeit­punkt vor­han­de­nen Wirt­schaftsgüter des Son­der­be­triebs­vermögens als un­ent­gelt­li­che Über­tra­gung ei­nes gan­zen Mit­un­ter­neh­me­ran­teils i.S.d. § 6 Abs. 3 S. 1 Halbs. 1 EStG an­zu­se­hen. Die Über­tra­gung hat ins­ge­samt zum Buch­wert statt­ge­fun­den und nicht zur Ent­ste­hung ei­nes Ge­winns für den Kläger geführt.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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