Der Sachverhalt:
Der Kläger nahm die Beklagte auf Ersatz des Schadens in Anspruch, der ihm infolge einer Beteiligung an einer GmbH & Co. Beteiligungs KG entstanden war. Die Beklagte hatte die Kapitalanlage sowohl vertrieben als auch die Finanzierung der Anleger übernommen. Der Kläger begründete seine Klage mit der Unrichtigkeit des Beteiligungsprospektes und machte geltend, die Beklagte hafte ihm aus Prospekthaftung im weiteren Sinne wegen des Vertriebs der Anlage und Verschuldens bei Vertragsverhandlungen im Zusammenhang mit der Finanzierung seiner Beteiligung.
Das OLG wies die sofortige Beschwerde zurück. Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten hob der BGH die vorausgegangenen Beschlüsse auf, soweit der Rechtsstreit im Streitverhältnis des Klägers zur Beklagten gem. § 8 KapMuG ausgesetzt worden war.
Gründe:
Das OLG hatte zu Unrecht die sofortige Beschwerde der Beklagten zurückgewiesen. Die Streitgegenstände der beiden Verfahren sind identisch. Die Klage im hiesigen Verfahren ist daher wegen anderweitiger Rechtshängigkeit abweisungsreif. Eine Aussetzung nach § 8 Abs. 1 S. 1 KapMuG in der seit dem 1.11.2012 geltenden Fassung ist daher ausgeschlossen.
Zwar ist durch § 1 Abs. 1 Nr. 2 KapMuG n.F. der Anwendungsbereich des KapMuG auf Schadensersatzansprüche wegen Verwendung einer falschen oder irreführenden öffentlichen Kapitalmarktinformation oder wegen unterlassener Aufklärung darüber, dass eine öffentliche Kapitalmarktinformation falsch oder irreführend ist, erweitert worden. Deshalb können nun auch Klagen wegen Prospekthaftung i.w.S. und Verschuldens bei Vertragsverhandlung bzw. Beratungspflichtverletzungen - wie hier - Gegenstand eines Musterverfahrens sein, wenn sie auf die Verwendung eines fehlerhaften Prospektes gestützt werden.
Ist die Entscheidung des Rechtsstreits aber nicht von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängig, muss ein Musterverfahrensantrag nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 KapMuG n.F. als unzulässig verworfen werden. Ein Rechtsstreit, in dem der Musterverfahrensantrag als unzulässig verworfen werden müsste, kann nicht durch Aussetzung nach § 8 Abs. 1 S. 1 KapMuG n.F. musterverfahrensfähig werden, denn sowohl § 3 Abs. 1 Nr. 1 KapMuG n.F. als auch § 8 Abs. 1 S. 1 KapMuG n.F. verlangen wortgleich, dass die Entscheidung des betroffenen Rechtsstreits von den Feststellungszielen abhängt. Und so lag der Fall auch hier.
Soweit die Gesetzesbegründung zu § 8 KapMuG n.F. abweichend von der Senatsrechtsprechung (BGH-Beschl. v. 11.9.2012, Az.: XI ZB 32/11) die Abhängigkeit grundsätzlich abstrakt beurteilen und dem Prozessgericht im Hinblick auf die Aussetzung einen Beurteilungsspielraum einräumen will, so bestehen im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Grundsatz effektiven Rechtsschutzes Bedenken. Diesen Bedenken musste hier jedoch nicht generell nachgegangen werden, da jedenfalls in Fällen der vorliegenden Art eine Aussetzung auch nach dem Willen des Gesetzgebers klar ausscheidet. Denn wenn das Gericht nach dem Willen des Entwurfsverfassers sogar eine begonnene Beweisaufnahme zu Ende führen soll, um die Entscheidungsreife des Rechtsstreits erst herbeizuführen, so ist erst Recht bei unzweifelhaft gegebener Entscheidungsreife die Aussetzung unzulässig. Ist zwischen den Parteien bereits eine Klage über denselben Streitgegenstand anhängig, so ist eine erneute Klage unzulässig und ohne weitere Sachprüfung abzuweisen.
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