Der Sachverhalt:
Der Kläger war seit Juli 1997 zu mehr als 25 Prozent an einer Aktiengesellschaft beteiligt. Mit Verträgen von September 1999 und Juni 2000 veräußerte er die Aktien gegen Leibrenten. Gegenüber dem Finanzamt machte der Kläger von dem Wahlrecht Gebrauch, die Rentenzahlungen als nachträgliche Betriebseinnahmen i.S.d. § 15 i.V.m. § 24 Nr. 2 EStG zu behandeln. Im Streitjahr (2004) flossen dem Kläger aus den Verträgen Einnahmen von rd. 400.000 € zu.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage statt.
Die Gründe:
Die zwischen den Beteiligten allein streitige Frage, ob der maßgebliche Veräußerungsgewinn nach dem im Jahr des Zuflusses geltenden Recht oder nach dem im Jahr der Veräußerung geltenden Recht zu versteuern ist, wird in Verwaltung und Schrifttum unterschiedlich beurteilt. Der Senat schließt sich hier der Auffassung an, die davon ausgeht, dass es auf die Rechtslage im Zeitpunkt des Zuflusses ankomme. Sie stützt sich auf das Zuflussprinzip (§ 11 Abs. 1 S. 1 EStG). Maßgeblich für die Besteuerung von Einnahmen ist demnach die materielle Rechtslage im Zeitpunkt des Zuflusses.
Dem steht nicht entgegen, dass die Gewinnermittlung nach § 17 Abs. 2 EStG nach der Rechtsprechung des BFH eine Stichtagsbetrachtung erfordert. Mit der fakultativen Wahl der Zuflussbesteuerung bei den Einkünften i.S.v. § 17 Abs. 1 S. 1 EStG ist der Stichtagsbetrachtung nicht nur punktuell, sondern generell der Boden entzogen. Die teleologische Einschränkung von § 17 Abs. 2 EStG besteht gerade darin, dass die Stichtagsbetrachtung im Einzelfall durch das Zuflussprinzip ersetzt wird. Entgegen der Auffassung des Finanzamts hat der Übergang zur Zuflussbesteuerung nicht nur Auswirkungen auf den Zeitpunkt der Besteuerung, sondern auch auf den Realisationszeitpunkt.
§ 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. c S. 1 EStG ist sachlich und zeitlich anwendbar. Nach § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. c S. 1 EStG ist die Hälfte des Veräußerungspreises oder des gemeinen Werts i.S.d. § 17 Abs. 2 EStG steuerfrei. "Veräußerungspreis" i.S.d. Vorschrift und i.S.v. § 17 Abs. 2 EStG ist der Wert der Gegenleistung des Erwerbers. Gegenleistung ist alles, was der Steuerpflichtige für die entgeltliche Hingabe des Eigentums an den Anteilen erlangt. Im Fall der Veräußerung gegen Leibrente bilden die Leibrentenzahlungen (in Höhe des Tilgungsanteils) die Gegenleistung für die Übertragung des Eigentums an den Anteilen. Sie fallen deshalb grundsätzlich in den Anwendungsbereich des § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. c S. 1 EStG.
§ 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. c S. 1 EStG ist bei einer Veräußerung gegen Leibrente und Wahl der Zuflussbesteuerung anwendbar, obwohl die Veräußerung vor Einführung des Halbeinkünfteverfahrens stattgefunden hat, wenn im Zeitpunkt des Zuflusses für laufende Ausschüttungen aus der Gesellschaft das Halbeinkünfteverfahren anwendbar gewesen wäre (§ 52 Abs. 4b Nr. 2 EStG in der im Streitjahr anwendbaren Fassung). Diese Voraussetzungen waren im Streitjahr erfüllt.
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