Der Sachverhalt:
Der Kläger ist gemeinsam mit seiner Mutter zu je ½ Erbe nach seinem im Streitjahr 2006 verstorbenen Vater. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr wurde ein beim Vater entstandener und nicht ausgenutzter Verlust geltend gemacht. Der Erklärung war der Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges zum 31.12.2005 des verstorbenen Vaters über 326.159 € beigefügt. Der Kläger beantragte davon die Hälfte bei seiner Einkommensteuerveranlagung zu berücksichtigen.
Das FG wies die Klage ab. Allerdings wurde im Hinblick auf das anhängige Revisionsverfahren Az.: IX R 30/15 zugelassen. Das Verfahren ist beim BFH unter dem Az.: IX R 9/16 anhängig.
Die Gründe:
Materiell rechtlich sind die in der Person des Vaters/Erblassers entstandenen Verluste nicht auf den Kläger übergegangen. Der Erbe kann nach der Entscheidung des Großen Senats (s.o.) einen vom Erblasser nicht ausgenutzten Verlustabzug nach § 10d EStG nicht bei seiner eigenen Veranlagung zur Einkommensteuer geltend machen.
Zwar ist die bisherige gegenteilige BFH-Rechtsprechung aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin in allen Erbfällen anzuwenden, die bis zum Ablauf des Tages der Veröffentlichung dieses Beschlusses eingetreten sind. Der Beschluss wurde erstmals am 12.3.2008 auf der Internetseite des BFH veröffentlicht. Das Bundesministerium der Finanzen hat mit Schreiben vom 24.7.2008 die Anwendung der bisherigen Rechtsprechung bis zum Tag der Veröffentlichung der Entscheidung im Bundessteuerblatt (18.8.2008) verlängert. Jedoch scheitert im Streitfall eine Übernahme der Verluste des Erblassers durch den Kläger an der fehlenden wirtschaftlichen Belastung des Klägers.
Nach früherer Rechtsprechung und Verwaltungsmeinung ging bei Erbfällen ein in der Person des Erblassers entstandener aber nicht mehr ausgeglichener bzw. rückgetragener Verlust auf den Erben über, der diese Verluste bei der Ermittlung des Gesamtbetrags seiner Einkünfte mit seinen Einkünften ausgleichen konnte. Jedoch konnte der Erbe Verluste des Erblassers nur dann abziehen, wenn er durch sie wirtschaftlich belastet war. Den Verlust des Erblassers "wirklich tragen" bzw. durch ihn "wirtschaftlich belastet" zu sein, bedeutet gerade nicht, dass es alleine darauf ankommt, ob der Erbe rechtlich für Schulden des Erblassers in Anspruch genommen werden kann.
Mit der Entscheidung vom 16.5.2001 (Az.: I R 76/99) ist der BFH der Rechtsprechung, nach der ein Gesamtrechtnachfolger einen Verlust des Rechtsvorgängers nur dann steuerlich geltend machen kann, wenn er ihn wirtschaftlich getragen hat, erstmals kritisch gegenüber getreten. Unter Verweis auf den Vorlagebeschluss des 1. Senats vom 29.3.2000 hat der Senat ausgeführt, dass eine "wirtschaftliche Belastung" des Erben für die steuerliche Berücksichtigung des Verlustes erforderlich sei, dieser nach der bisherigen Rechtsprechung aber nur fehle, wo der Erbe für die Nachlassverbindlichkeiten entweder gar nicht oder nur beschränkt hafte. In den Gründen führt der 1. Senat weiter aus, dass das Kriterium der "fehlenden Belastung", selbst wenn man es dem Grunde nach für tragfähig hält, im Streitfall nicht durchgreift.
Nach Auffassung des Senats ist für Erbfälle, die bis zur Veröffentlichung des Beschlusses des Großen Senates am 12.3.2008 eingetreten sind, an dem Erfordernis der "wirtschaftlichen Belastung" festzuhalten. Der Kläger kann durch den zu gewährenden Vertrauensschutz nicht besser gestellt werden, als er nach damaliger Rechtsprechungslage gestanden hätte. Das Kriterium der "wirtschaftlichen Belastung" ist für Fälle, die in den Übergangszeitraum fallen, weiter anzuwenden. Für die Beurteilung, ob eine solche Belastung vorliegt, ist maßgebend, dass den Tatbestand der Erzielung von Einkünften in Form von Verlusten ausschließlich der Erblasser erfüllt. Die Berücksichtigung eines von ihm nicht ausgeschöpften Verlustabzugs beim Erben durchbricht die das Einkommensteuerrecht beherrschenden Grundsätze der Individualbesteuerung und der Besteuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit. Und im vorliegenden Fall konnte nicht festgestellt werden, dass der Kläger durch die "ererbten" Verluste wirtschaftlich belastet ist.
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