Der Sachverhalt:
Der Kläger nimmt die Beklagte nach beendetem Handelsvertretervertrag auf Zahlung restlicher Provision für den Monat August 2010 in Anspruch. Geschäftsgegenstand der Beklagten ist u.a. die Herstellung von und der Handel mit Kunststoffteilen, mit denen sie Automobilhersteller beliefert. Der Kläger war aufgrund des zwischen den Parteien geschlossenen Handelsvertretervertrags von Januar 2007 als Handelsvertreter für die Beklagte tätig und vertrat diese gegenüber der B-AG. In "§ 2 Provision" des Vertrages war Folgendes vereinbart:
- 1,0 % bis zu einem Jahresumsatz von 12 Mio. €
- 0,7 % von dem 12 Mio. € Jahresumsatz übersteigenden Betrag bis zu einem Jahresumsatz von 25 Mio. €
- 0,5 % von dem 25 Mio. € übersteigenden Jahresumsatz
Der Mindestprovisionsanspruch beträgt 120.000,00 € pro Jahr, zzgl. gesetzlicher Mehrwertsteuer und ist zahlbar in mtl. Teilbeträgen von 10.000 €."
Im Rahmen des Geschäfts der Beklagten mit der B-AG richtete die B-AG zunächst eine auf bestimmte Fahrzeugbauteile bezogene Anfrage an die Beklagte, die Angaben zum Gesamtvolumen und zur Jahresproduktion enthielt, jedoch mit dem Zusatz verbunden war, dass Stückzahlinformationen keine Verpflichtung der B-AG zur Abnahme entsprechender Volumina begründeten. Auf der Grundlage dieser Anfrage erstellte die Beklagte sodann ein Angebot, das wiederum Grundlage einer von der B-AG erteilten Serienbestellung war. Diese Bestellung enthielt u.a. Angaben zum Festpreis, zum Bedarfsort, zum Versand und zu den Zahlungsbedingungen, jedoch keine Stückzahlen, sondern lediglich einen Prozentsatz in Höhe des auf den Gesamtbedarf entfallenden Lieferanteils.
Nach den der Serienbestellung zugrunde liegenden AGB der B-AG stellen die in Anfragen oder Angeboten angegebenen Mengen lediglich unverbindliche Orientierungswerte dar und begründen keinerlei Verpflichtung für die B-AG, diese Mengen zu bestellen. Außerdem ist festgelegt, dass die in den Serienbestellungen angegebenen Lieferquoten in keinem Zusammenhang zu Mengenangaben in Anfragen oder Angeboten stehen. Die Menge der von der Beklagten zu liefernden Teile wurde in der Folge jeweils erst durch Lieferabrufe der B-AG konkretisiert.
Mit Schreiben vom 28.7.2010, das dem Kläger am 3.8.2010 zuging, erklärte die Beklagte die außerordentliche Kündigung des Handelsvertretervertrags wegen eines Verstoßes des Klägers gegen das vertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbot. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das Handelsvertreterverhältnis mit Ablauf des 3.8.2010 beendet worden ist. Für den Monat August 2010 zahlte die Beklagte dem Kläger eine anteilige Vergütung i.H.v. rd. 1.500 €. Für den Zeitraum vom 4.-31.8.2010 fordert der Kläger eine restliche Provision i.H.v. rd. 8.500 €.
LG und OLG gaben der Klage statt. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Die Gründe:
Das OLG hat rechtsfehlerhaft angenommen, dass dem Kläger gem. § 87 Abs. 1 HGB für nach der Beendigung des Handelsvertretervertrages erfolgte Lieferabrufe der B-AG allein aufgrund während der Laufzeit dieses Vertrags erfolgter Serienbestellungen ein Provisionsanspruch i.H.v. 1 Prozent des auf die einzelnen Lieferabrufe entfallenden Umsatzes zusteht.
Nach § 87 Abs. 1 S. 1 HGB hat der Handelsvertreter Anspruch auf Provision für alle während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenen Geschäfte, die auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind oder mit Dritten abgeschlossen werden, die er als Kunden für Geschäfte der gleichen Art geworben hat. Für die Frage, für welche Geschäfte der Handelsvertreter eine Provision erhalten soll und auf welchen Zeitpunkt es für das Entstehen des Provisionsanspruchs ankommt, ist die von den Parteien getroffene Vergütungsvereinbarung maßgeblich. Die Vorschrift des § 87 Abs. 1 S. 1 HGB ist insoweit dispositiv. Das OLG hat den Wortlaut der Provisionsvereinbarung nicht hinreichend berücksichtigt und dem Grundsatz der beiderseits interessengerechten Auslegung nicht ausreichend Rechnung getragen.
Die zwischen den Parteien geschlossene Provisionsvereinbarung begründet keinen Anspruch auf Zahlung einer Provision allein aufgrund von Serienbestellungen seitens der B-AG, die während der Laufzeit des Handelsvertretervertrags erfolgt sind. Laut Handelsvertretervertrag ist das die Provisionsanwartschaft des Klägers nach § 87 Abs. 1 HGB auslösende Geschäft nicht die jeweilige Serienbestellung, sondern der durch den Abruf seitens der B-AG zustande kommende jeweilige Liefervertrag. Die Parteien haben vereinbart, dass der Kläger bis zu einem Jahresumsatz von 12.000.000 € eine Provision i.H.v. 1 % erhalten sollte, wobei eine Mindestprovision von jährlich 120.000 € zzgl. Umsatzsteuer garantiert war.
Aus den Bestimmungen zur Höhe der Provision bei Jahresumsätzen, die einen Betrag von 12.000.000 € übersteigen, ergibt sich, dass nach dem Willen der Parteien auf den jeweiligen Jahresumsatz abzustellen ist. So soll dem Kläger von dem 25.000.000 € übersteigenden Jahresumsatz ein Provisionsanspruch i.H.v. 0,5 Prozent zustehen. Die Abhängigkeit des Provisionsanspruchs von dem jeweiligen Jahresumsatz bedeutet, dass die diesen Umsatz auslösenden Geschäfte nach dem Willen der Parteien Grundlage des Provisionsanspruchs sind. Dies sind die jeweils durch die Lieferabrufe der B-AG zustande kommenden Einzellieferverträge. Erst mit diesen und nicht bereits mit der von der B-AG aufgegebenen Serienbestellung wird der für den Provisionsanspruch nach dem Vertrag maßgebliche Umsatz generiert.
Die Auffassung des OLG, das die Provisionsanwartschaft auslösende Geschäft sei in der von der B-AG aufgegebenen Serienbestellung zu sehen, findet im Vertragswortlaut dagegen keine Stütze. Eine solche Auslegung der Provisionsvereinbarung der Parteien wäre auch nicht interessengerecht. Denn damit würde der Beklagten im Hinblick auf die für solche Serienproduktionen üblichen Laufzeiten von mehreren Jahren ein unverhältnismäßig hohes wirtschaftliches Risiko aufgebürdet, weil sie dann bei Beendigung des Handelsvertretervertrags noch für einen erheblichen Zeitraum zu Provisionszahlungen gegenüber dem ausgeschiedenen Kläger sowie gegenüber dessen Nachfolger verpflichtet sein könnte. Im Übrigen rechtfertigt das Interesse des Klägers diese Auslegung ebenfalls nicht. Seinem Provisionsinteresse ist bereits dadurch angemessen Rechnung getragen worden, dass er von Beginn der Vertragslaufzeit an die vereinbarte Mindestprovision erhielt.
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