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Vorsteuerabzug: Auch bei "Billig-Kleidung" genügt für Leistungsbeschreibung nicht die bloße Gattungsangabe

FG Hamburg 29.7.2016, 2 V 34/16

Bei Klei­dungsstücken, auch im Nied­rig­preis­sek­tor, genügt für eine Leis­tungs­be­schrei­bung da­bei nicht die bloße An­gabe ei­ner Gat­tung (wie Hose, Bluse). Not­wen­dig ist viel­mehr eine Be­schaf­fen­heits­be­schrei­bung der­ge­stalt, dass die zu ei­ner Iden­ti­fi­zie­rung not­wen­di­gen und er­for­der­li­chen Merk­male be­schrie­ben wer­den.

Der Sach­ver­halt:
Der An­trag­stel­ler ist Kauf­mann und han­delt mit Tex­ti­lien. Er un­terhält meh­rere Ge­schäfts­lo­kale. Im Rah­men sei­ner Steu­er­erklärun­gen für das Streit­jahr 2010 hatte er aus fünf Rech­nun­gen der B-GmbH so­wie zwei Rech­nun­gen der C-GmbH Be­triebs­aus­ga­ben gel­ten ge­macht. Den darin ent­hal­te­nen Be­trag aus­ge­wie­se­ner Um­satz­steuer brachte er als Vor­steuer im Rah­men sei­ner Um­satz­steu­er­jah­res­erklärung zum Ab­zug. Als Leis­tungs­be­schrei­bung ent­hiel­ten die Rech­nun­gen For­mu­lie­run­gen wie Ja­cken, Pull­over, Ho­sen, Tops, Klei­der, Röcke, T-Shirts, Legg­ins.

Im Rah­men ei­ner beim An­trags­stel­ler durch­geführ­ten ab­gekürz­ten Außenprüfung ge­langte das Fi­nanz­amt zu der Über­zeu­gung, dass die in Rech­nung ge­stell­ten Beträge nicht zum Be­triebs­aus­ga­ben- bzw. Vor­steu­er­ab­zug zu­zu­las­sen seien, da es sich um Schein­rech­nun­gen ohne tatsäch­li­chen Leis­tungs­aus­tausch han­dele. Die Behörde be­rief sich da­bei auf Er­kennt­nisse des Fi­nanz­am­tes für Fahn­dung und Straf­sa­chen über straf­recht­li­che Er­mitt­lun­gen, wo­nach es sich bei bei­den GmbHs um Schein­un­ter­neh­men han­deln solle.

Der An­trag­stel­ler hielt da­ge­gen, dass selbst wenn es sich um Schein­rech­nun­gen han­deln sollte, die in die­sen Rech­nun­gen aus­ge­wie­se­nen Aus­ga­ben für er­trag­steu­er­li­che Zwecke gemäß dem Be­schluss des BFH vom 21.4.2005 (Az.: X B 115/04) zum Be­triebs­aus­ga­ben­ab­zug zu­zu­las­sen seien, weil sie be­trieb­lich er­folgt seien. Die gel­tend ge­mach­ten Vor­steu­ern seien nach § 163 AO im Bil­lig­keits­wege zu berück­sich­ti­gen. Er, der An­trag­stel­ler, sei gutgläubig ge­we­sen.

Das FG wies den An­trag, die Be­scheide für 2010 über die Ge­wer­be­steuer und über Um­satz­steuer von der Voll­zie­hung aus­zu­set­zen, zurück. Die Ent­schei­dung ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Bei sum­ma­ri­scher Prüfung hatte die Fi­nanz­behörde zu Recht einen Vor­steu­er­ab­zug aus den streit­ge­genständ­li­chen Rech­nun­gen ver­sagt so­wie die darin aus­ge­wie­se­nen Beträge nicht zum Be­triebs­aus­ga­ben­ab­zug zu­ge­las­sen.

Man­gels Erfüllung der ge­setz­li­chen Vor­aus­set­zung wa­ren zu Recht den Vor­steu­er­ab­zug aus den streit­be­fan­ge­nen Rech­nun­gen ver­sagt wor­den. Die vor­lie­gen­den Rech­nun­gen erfüll­ten bei sum­ma­ri­scher Prüfung be­reits al­le­samt nicht die for­mel­len ge­setz­li­chen Vor­aus­set­zun­gen für einen Ab­zug der Vor­steuer. Nach § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG muss eine Rech­nung u.a. die Menge und die Art (han­delsübli­che Be­zeich­nung) der ge­lie­fer­ten Ge­genstände oder den Um­fang und die Art der sons­ti­gen Leis­tung ent­hal­ten. Des­halb müssen die Ab­rech­nungs­pa­piere An­ga­ben tatsäch­li­cher Art ent­hal­ten, wel­che die Iden­ti­fi­zie­rung der Leis­tung ermögli­chen, über die ab­ge­rech­net wurde. Aus der Funk­tion des Ab­rech­nungs­pa­piers als Be­le­gnach­weis folgt, dass der Auf­wand zur Iden­ti­fi­zie­rung der Leis­tung be­grenzt sein muss. Was zur Erfüllung die­ser Vor­aus­set­zung er­for­der­lich ist, rich­tet sich nach den Umständen des Ein­zel­falls.

Daran ge­mes­sen, ent­hiel­ten die sie­ben streit­ge­genständ­li­chen Rech­nun­gen al­le­samt keine ein­deu­tige und leicht nachprüfbare Leis­tungs­be­schrei­bung. Bei Klei­dungsstücken, auch im Nied­rig­preis­sek­tor, genügt für eine Leis­tungs­be­schrei­bung da­bei nicht die bloße An­gabe ei­ner Gat­tung (wie Hose, Bluse). Not­wen­dig ist viel­mehr eine Be­schaf­fen­heits­be­schrei­bung der­ge­stalt, dass die zu ei­ner Iden­ti­fi­zie­rung not­wen­di­gen und er­for­der­li­chen Merk­male be­schrie­ben wer­den. Ne­ben den Her­stel­ler­an­ga­ben bzw. der An­gabe ei­ner et­wai­gen Ei­gen­marke gehört dazu auch die Be­nen­nung von Größe, Farbe, Ma­te­rial, ge­ge­be­nen­falls Som­mer- oder Win­ter­ware, Schnitt­form, etwa lan­ger oder kur­zer Arm, lange oder kurze Hose, Jog­gings­hose etc.

Nach sum­ma­ri­scher Prüfung schied der Vor­steu­er­ab­zug auch des­halb aus, weil er­heb­li­che Zwei­fel daran be­stan­den, dass den Rech­nun­gen ein tatsäch­li­cher Leis­tungs­aus­tausch mit dem je­wei­li­gen Rech­nungs­er­stel­ler zu­grunde lag. Denn nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann ein Un­ter­neh­mer die ge­setz­lich ge­schul­dete Steuer für eine sons­tige Leis­tung nur dann als Vor­steuer ab­zie­hen, wenn das an­dere Un­ter­neh­men auch tatsäch­lich eine Leis­tung für sein Un­ter­neh­men er­bracht hat. Die Dar­le­gungs- und Be­weis­last dafür trägt nach bis­her ständi­ger Recht­spre­chung der Steu­er­pflich­tige, der den Vor­steu­er­ab­zug be­gehrt. Nach neu­erer EuGH-Recht­spre­chung (vgl. EuGH-Urt. v. 13.2.2014, C-18/13; 21.6.2012, C-80/11 u.a. ist es zwar in be­stimm­ten Fällen Auf­gabe der Steu­er­ver­wal­tung, (zunächst) kon­krete An­halts­punkte dar­zu­le­gen, die ge­gen einen tatsäch­li­chen Leis­tungs­aus­tausch und für ein "Ken­nenmüssen" beim Steu­er­pflich­ti­gen spre­chen. Nach Auf­fas­sung des BFH hat je­doch der Steu­er­pflich­tige auch auf Grund­lage die­ser EuGH-Recht­spre­chung das tatsäch­li­che Be­wir­ken der Lie­fe­rung nach­zu­wei­sen (so BFH-Be­schl. v. 26.2.2014, Az.: V S 1/14).

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text des Ur­teils ist erhält­lich auf dem Jus­tiz­por­tal Ham­burg.
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