Im Anschluss an das EuGH-Urteil vom 18.7.2015 (Rs. C-108/14 und C-109/14, Larentia + Minerva) legte nun der BFH sein Schlussurteil vom 19.1.2016 (Az. XI R 38/12) vor.
Einer geschäftsleitenden Holding, die an der Verwaltung ihrer Tochtergesellschaften teilnimmt und insoweit eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt (sog. Führungsholding), steht für Vorsteuerbeträge, die im Zusammenhang mit dem Erwerb von Beteiligungen an diesen Tochtergesellschaften stehen, grundsätzlich der volle Vorsteuerabzug zu. Soweit der Senat in seinem Vorlagebeschluss aus 2013 eine nur teilweise Gewährung des Vorsteuerabzugs für möglich gehalten hat, hält er daran nicht mehr fest, da dies dem EuGH-Urteil Larentia + Minerva widerspricht. Der Vorsteuerabzug aus Allgemeinkosten ist jedoch im vorliegenden Sachverhalt anteilig ausgeschlossen, da diese (auch) mit der steuerfreien Kapitalanlagetätigkeit der Klägerin im Zusammenhang stehen. Die Vereinfachungsregelung des § 43 Nr. 3 UStDV kann nicht genutzt werden, da die verzinsliche Anlage von Kapital zur Haupttätigkeit der Holding gehört und somit daraus keine Hilfsumsätze generiert werden.
Hinweis
Hinsichtlich der konkreten Aufteilung der Vorsteuer hat der BFH die Sache an das vorinstanzliche Finanzgericht zurückverwiesen. Dabei ist unter anderem die Frage zu klären, ob ein im Jahr 2015 für das Streitjahr 2006 ausgeübter Verzicht auf die Steuerbefreiung (Option zur Steuerpflicht nach § 9 UStG) im Hinblick auf die Kapitalüberlassung gegenüber einer Tochtergesellschaft wirksam ist.
Weiter kommt der BFH zu dem Ergebnis, dass eine GmbH & Co. KG Organgesellschaft einer umsatzsteuerlichen Organschaft sein kann. Der in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG verwendete Begriff „juristische Person“ ist richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass wegen ihrer kapitalistischen Struktur auch eine GmbH & Co. KG hierunter fällt. Eine Vorlage an den Großen Senat kommt nicht in Betracht, da der XI. Senat zwar in der Begründung, nicht aber im Ergebnis von der Entscheidung des V. Senats vom 2.12.2015 (Az. V R 25/13) abweicht.
Hinweis
Durch die generelle Akzeptanz der GmbH & Co. KG als mögliche Organgesellschaft weicht der XI. Senat von den durch den V. Senat aufgestellten Grundsätzen ab, wonach ergänzend die finanzielle Eingliederung sämtlicher an der Personengesellschaft Beteiligten in den Organträger erforderlich ist. Unklar bleibt zudem, ob der XI. Senat dem V. Senat hinsichtlich des Erfordernisses der Eingliederung mit Durchgriffsrechten folgen wird. Aufgrund fehlender Feststellungen der ersten Instanz konnte der BFH dahingestellt lassen, ob die in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG geforderte finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung der Organgesellschaft in den Organträger in Form der durch den V. Senat herausgebildeten Eingliederung mit Durchgriffsrechten den hohen Anforderungen des EuGH an dessen unionsrechtliche Rechtfertigung entspricht und damit unionsrechtskonform ist.
Die Entscheidung des XI. Senats hat nicht dazu beigetragen, Rechtsunsicherheiten im Bereich der umsatzsteuerlichen Organschaft zu beseitigen. Mit Spannung bleibt daher die Reaktion der Finanzverwaltung abzuwarten, die im Anschluss an dieses Urteil ein BMF-Schreiben in Aussicht gestellt hat.