Der Sachverhalt:
Der Kläger schloss mit der Beklagten im August 2008 einen grundpfandrechtlich gesicherten Darlehensvertrag über nominal 331.000 €. Dem Darlehensvertrag war eine Widerrufsbelehrung beigefügt. Der Kläger zahlte auf das ihm ausgezahlte Darlehen die fälligen Zins- und Tilgungsraten.
Im Februar 2015 erklärte der Kläger mit anwaltlichem Schreiben den Widerruf des Darlehensvertrages und verlangte die Rückzahlung der geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung sowie die Herausgabe der durch die Beklagte aus dem Darlehensverhältnis gezogenen Nutzungen. Mit der Klage verlangt der Kläger die Rückzahlung der geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung nebst Zinsen sowie Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten.
Das LG wies die Klage ab. Die Berufung des Klägers hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Revision zum BGH wurde wegen grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen.
Die Gründe:
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Feststellung der Auflösung des Darlehensverhältnisses auf Grund des Widerrufs und auch keinen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung. Seine Widerrufserklärung führte nicht zur Begründung eines Rückabwicklungsverhältnisses, da ihr der Einwand der Verwirkung (§ 242 BGB) entgegensteht.
Der Kläger hat zwar zu Recht geltend gemacht, dass die Widerrufsbelehrung der Beklagten wegen Verstoßes gegen das Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. fehlerhaft ist und daher den Lauf der Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt hat. Das Widerrufsrecht des Klägers ist jedoch verwirkt, nachdem das Darlehensvertragsverhältnis auf Grund der Vereinbarung von Juni 2013 gegen Zahlung der von der Beklagten errechneten Vorfälligkeitsentschädigung aufgelöst wurde. Das Widerrufsrecht nach § 495 BGB a.F. kann verwirkt werden. Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung setzt neben einem Zeitmoment, für das die maßgebliche Frist mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrages zu laufen beginnt, ein Umstandsmoment voraus.
Ein Recht ist danach verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit des Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Die Voraussetzungen einer Verwirkung liegen im Streitfall vor. Das Vorliegen des erforderlichen Zeitmoments ergibt sich bereits daraus, dass der Widerruf durch den Kläger erst mehr als 9 Jahre nach Abschluss des Darlehensvertrages erfolgte. Diese Zeitspanne reicht für die Annahme des erforderlichen Zeitmoments aus. Auch das Umstandsmoment liegt vor, da der Darlehensvertrag bereits im Juni 2013 auf Wunsch des Klägers vorzeitig fällig gestellt und das Vertragsverhältnis beendet wurde, bevor der Kläger fast zwei Jahre später seine auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung widerrufen hat.
Gerade bei auf Wunsch des Verbrauchers beendeten Verbraucherdarlehensverträgen kann das Vertrauen des Unternehmers auf ein Unterbleiben des Widerrufs nach den genannten Maßstäben schutzwürdig sein, auch wenn die von ihm erteilte Widerrufsbelehrung ursprünglich den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprach und er es in der Folgezeit versäumt hat, den Verbraucher gem. § 355 Abs. 2 S. 2 BGB in der hier maßgeblichen Fassung nachzubelehren. Löst der Verbraucher ein Verbraucherdarlehen unter Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung ab, ist das Umstandsmoment regelmäßig zu bejahen, weil sich die darlehensgebende Bank oder Sparkasse - im Sinne einer tatsächlichen Vermutung - darauf einrichten darf und wird, dass der Vorgang auf Grund der willentlichen Beendigung des Darlehensverhältnisses durch den Darlehensnehmer abgeschlossen ist.
Für die Annahme einer solchen tatsächlichen Vermutung spricht vorliegend im Übrigen auch der weitere Umstand, dass der Kläger nach erfolgter Ablösung des Darlehens und Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung mehr als 19 Monate hat verstreichen lassen, bevor er den Widerruf erklärte. In diesem Falle ist das Vertrauen der Beklagten gerechtfertigt, der Kläger werde sein Widerrufsrecht nicht mehr geltend machen.
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