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Widerrufsrecht von Verbrauchern bei im Fernabsatz geschlossenen Immobilien-Maklerverträgen

BGH 7.7.2016, I ZR 30/15 u.a.

Ein per E-Mail oder te­le­fo­ni­sch ge­schlos­se­ner Grundstücks­mak­ler­ver­trag ist ein Fern­ab­satz­ge­schäft i.S.v. § 312b BGB in der bis zum 12.6.2014 gel­ten­den Fas­sung. Ein sol­cher Ver­trag kann da­her vom Mak­ler­kun­den in­ner­halb der ge­setz­li­chen Fris­ten wi­der­ru­fen wer­den.

Der Sach­ver­halt:

+++ I ZR 30/15 +++
In die­sem Ver­fah­ren wird der Be­klagte auf Zah­lung ei­ner Mak­ler­pro­vi­sion in An­spruch ge­nom­men. Die Im­mo­bi­li­en­mak­le­rin be­warb im April 2013 in einem In­ter­net­por­tal ein Haus­grundstück. Der Be­klagte be­kun­dete per E-Mail sein In­ter­esse an dem Ob­jekt. Die Im­mo­bi­li­en­mak­le­rin über­sandte ihm dar­auf ein Ex­posé als PDF-Da­tei, in dem eine vom Käufer zu zah­lende Mak­ler­pro­vi­sion von 6,25 Pro­zent des Kauf­prei­ses aus­ge­wie­sen war. Eine Wi­der­rufs­be­leh­rung ent­hiel­ten we­der die In­ter­net­an­zeige noch das Ex­posé.

Der Be­klagte bestätigte te­le­fo­ni­sch den Ein­gang des Ex­posés und bat um einen Be­sich­ti­gungs­ter­min. Ei­nige Wo­chen nach der Be­sich­ti­gung er­warb er das Grundstück zu einem Kauf­preis von 240.000 €. Die Kläge­rin ver­langt vom Be­klag­ten die Zah­lung ei­ner Mak­ler­pro­vi­sion i.H.v. 15.000 €. Der Be­klagte wie­der­rief den Mak­ler­ver­trag im Laufe des Rechts­streits.

LG und OLG ga­ben der Zah­lungs­klage statt. Auf die Re­vi­sion des Be­klag­ten hob der BGH das Be­ru­fungs­ur­teil auf und wies die Klage ab.

+++ I ZR 68/15 +++
Hier be­warb die Kläge­rin, eine Im­mo­bi­li­en­mak­le­rin, im Jahr 2013 im In­ter­net ein Grundstück. Auf die An­frage des Be­klag­ten über­sandte sie ihm per E-Mail ein Ex­posé, in dem eine vom Käufer zu zah­lende Mak­ler­pro­vi­sion von 3,57 Pro­zent des Kauf­prei­ses aus­ge­wie­sen war. Eine Wi­der­rufs­be­leh­rung fand sich in dem Ex­posé nicht. Der Be­klagte bestätigte per E-Mail den Ein­gang des Ex­posés und ver­ein­barte mit der Kläge­rin einen Be­sich­ti­gungs­ter­min. In der Fol­ge­zeit er­warb er das Grundstück zu einem Kauf­preis von 650.000 €. Die Kläge­rin ver­langt von dem Be­klag­ten die Zah­lung ei­ner Mak­ler­pro­vi­sion i.H.v. 23.205 €. Im Laufe des Rechts­streits wie­der­rief der Be­klagte den Mak­ler­ver­trag.

Das LG gab der Klage an­trags­gemäß statt; das OLG wies sie ab. Die Re­vi­sion der Kläge­rin hatte vor dem BGH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Nach § 312d Abs. 1 S. 1 BGB a.F. steht einem Ver­brau­cher bei einem Fern­ab­satz­ver­trag ein Wi­der­rufs­recht nach § 355 BGB a.F. zu. Nach § 312b Abs. 1 S. 1 BGB a.F. sind Fern­ab­satz­verträge Verträge über die Lie­fe­rung von Wa­ren oder über die Er­brin­gung von Dienst­leis­tun­gen, ein­schließlich Fi­nanz­dienst­leis­tun­gen, die zwi­schen einem Un­ter­neh­mer und einem Ver­brau­cher un­ter aus­schließli­cher Ver­wen­dung von Fern­kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­teln ab­ge­schlos­sen wer­den, es sei denn, dass der Ver­trags­schluss nicht im Rah­men ei­nes für den Fern­ab­satz or­ga­ni­sier­ten Ver­triebs- oder Dienst­leis­tungs­sys­tems er­folgt. Die Mak­ler­verträge in den Streitfällen sind dem­zu­folge Fern­ab­satz­verträge über die Er­brin­gung von Dienst­leis­tun­gen i.S.v. § 312b Abs. 1 S. 1 BGB a.F., bei de­nen ein Wi­der­rufs­recht be­steht.

Die je­wei­li­gen Be­klag­ten konn­ten die Mak­ler­verträge noch im Pro­zess wi­der­ru­fen, weil sie nicht über ihr Wi­der­rufs­recht be­lehrt wor­den wa­ren. Nach der Überg­angs­re­ge­lung in Art. 229 § 32 Abs. 2 Nr. 3 EGBGB er­lischt das Wi­der­rufs­recht bei vor dem 13.6.2014 im Wege des Fern­ab­sat­zes ge­schlos­se­nen Dienst­leis­tungs­verträgen bei feh­len­der Be­leh­rung mit Ab­lauf des 27.6.2015. Der Wi­der­ruf ist in bei­den Ver­fah­ren vor die­sem Da­tum erklärt wor­den.

Das Wi­der­rufs­recht der je­wei­li­gen Be­klag­ten war zum Zeit­punkt der Wi­der­rufs­erklärun­gen auch noch nicht gem. § 312d Abs. 3 BGB a.F. er­lo­schen. Das Erlöschen des Wi­der­rufs­rechts nach die­ser Be­stim­mung setzt vor­aus, dass bei ei­ner Dienst­leis­tung der Ver­trag von bei­den Sei­ten auf ausdrück­li­chen Wunsch des Ver­brau­chers vollständig erfüllt wor­den ist, be­vor der Ver­brau­cher sein Wi­der­rufs­recht ausgeübt hat. Diese Vor­aus­set­zun­gen la­gen in bei­den Fällen nicht vor, weil die je­wei­li­gen Be­klag­ten die Pro­vi­sion vor der Ausübung des Wi­der­rufs­rechts nicht be­zahlt hat­ten.

Den Mak­lern steht in bei­den Fällen we­gen der er­bach­ten Mak­ler­leis­tun­gen kein An­spruch auf Wer­ter­satz zu. Nach § 312e Abs. 2 BGB a.F. hat der Ver­brau­cher bei Fern­ab­satz­verträgen über Dienst­leis­tun­gen Wer­ter­satz für die er­brachte Dienst­leis­tung nach den Vor­schrif­ten über den ge­setz­li­chen Rück­tritt nur zu leis­ten, wenn er vor Ab­gabe sei­ner Ver­trags­erklärung auf diese Rechts­folge hin­ge­wie­sen wor­den ist und wenn er ausdrück­lich zu­ge­stimmt hat, dass der Un­ter­neh­mer vor Ende der Wi­der­rufs­frist mit der Ausführung der Dienst­leis­tung be­ginnt. In bei­den Fällen hatte es an ei­ner ent­spre­chen­den Be­leh­rung der Mak­ler­kun­den ge­fehlt.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung wird demnächst auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
  • Für die Pres­se­mit­tei­lung des BGH kli­cken Sie bitte hier.
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