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Wirksame Vereinbarung eines doppeltes Stimmrecht bei Beteiligungen an einer KG und deren Komplementär-GmbH

LG Bielefeld 30.5.2014, 17 O 61/12

Das LG Bie­le­feld hat dem Fest­stel­lungs­an­trag ei­nes Ge­sell­schaf­ters der in der Fleisch­bran­che täti­gen T-Gruppe statt­ge­ge­ben, wo­nach einem wei­te­ren Ge­sell­schaf­ter das von ihm re­kla­mierte Dop­pel- oder Mehr­stimm­recht bei Be­schluss­fas­sun­gen der Ge­sell­schaf­ter nicht zu­steht. Es war nicht fest­zu­stel­len, dass sämt­li­che an ver­schie­de­nen no­ta­ri­el­len Verträgen Be­tei­ligte einen ent­spre­chen­den Wil­len ge­habt ha­ben.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger und sein On­kel, der Be­klagte, sind mitt­ler­weile je zur Hälfte Ge­sell­schaf­ter der Kom­ple­mentär-GmbH der T-Hol­ding GmbH & Co. KG, de­ren Kom­man­di­tis­ten sie auch sind. Die T-Hol­ding GmbH & Co. KG ist die Ober­ge­sell­schaft der in der Fleisch­bran­che täti­gen T-Gruppe und an ei­ner Viel­zahl von Ge­sell­schaf­ten be­tei­ligt. Der Be­klagte nimmt für einen Teil (40 Pro­zent) sei­ner Be­tei­li­gungs­an­teile an der KG und de­ren Kom­ple­mentär-GmbH in An­spruch, dass diese An­teile bei Ab­stim­mun­gen der Ge­sell­schaf­ter dop­pelte Stimm­kraft besäßen, mit der Folge, dass er trotz glei­cher Be­tei­li­gung den Kläger über­stim­men könnte. In den Ge­sell­schafts­verträgen so­wohl der Hol­ding KG als auch de­ren Kom­ple­mentär-GmbH ist ein sol­ches dop­pel­tes Stimm­recht nicht ge­re­gelt.

Der Be­klagte be­ruft sich für die Ver­ein­ba­rung des dop­pel­ten Stimm­rechts auf meh­rere no­ta­ri­elle Erklärun­gen von De­zem­ber 2002, an de­nen so­wohl der Be­klagte, der Kläger und sein Bru­der als auch der - zum da­ma­li­gen Zeit­punkt nach dem Tod ih­res Va­ters - ihre Ge­sell­schafts­an­teile ver­wal­tende Tes­ta­ments­voll­stre­cker mit­ge­wirkt ha­ben. An die­sem Tage wurde im Zuge ei­ner Neu­struk­tu­rie­rung der T-Gruppe durch Um­wid­mung ei­ner be­reits be­ste­hen­den klei­ne­ren Ge­sell­schaft zur Hol­ding­ge­sell­schaft eine sol­che ge­schaf­fen, die fortan die Ober­ge­sell­schaft der T-Gruppe sein sollte. Ein dop­pel­tes Stimm­recht für den Be­klag­ten wurde dort nicht ge­re­gelt. Viel­mehr wurde in sich an­schließen­den Be­ur­kun­dun­gen in den Sat­zun­gen der bis da­hin die T-Gruppe im We­sent­li­chen führen­den Kom­man­dit­ge­sell­schaft und de­ren Kom­ple­mentär-GmbH (den sog. Fleischwerk­ge­sell­schaf­ten) ein Dop­pel­stimm­recht für den Be­klag­ten für den Zeit­raum nach Be­en­di­gung der für den Kläger und sei­nen Bru­der ein­ge­rich­te­ten Tes­ta­ments­voll­stre­ckung ver­ein­bart.

Der Be­klagte be­haup­tet, bei den no­ta­ri­el­len Erklärun­gen sei das dop­pelte Stimm­recht ver­se­hent­lich bei den fal­schen Ge­sell­schaf­ten no­ta­ri­ell be­ur­kun­det wor­den. Der ge­mein­same übe­rein­stim­mende Wille der Ver­trags­par­teien sei ge­we­sen, ihm, dem Be­klag­ten, höchst­persönlich ein dop­pel­tes Stimm­recht in den Spit­zen­ge­sell­schaf­ten der Un­ter­neh­mens­gruppe ein­zuräumen. Der Kläger be­strei­tet einen ent­spre­chen­den übe­rein­stim­men­den Wil­len al­ler Ver­trags­par­teien.

Das LG gab der ne­ga­ti­ven Fest­stel­lungs­klage statt.

Die Gründe:
Dem Be­klag­ten steht das von ihm re­kla­mierte Dop­pel- oder Mehr­stimm­recht bei Be­schluss­fas­sun­gen der Ge­sell­schaf­ter so­wohl der Hol­ding KG als auch de­ren Kom­ple­mentär-GmbH nicht zu. Es war nicht fest­zu­stel­len, dass sämt­li­che an den Verträgen von De­zem­ber 2002 Be­tei­lig­ten einen von dem be­ur­kun­de­ten In­halt ab­wei­chen­den Wil­len ent­spre­chend der oben ge­nann­ten Be­haup­tung des Be­klag­ten ge­habt ha­ben. Der für einen sol­chen ab­wei­chen­den Par­tei­wil­len be­weis­be­las­tete Be­klagte konnte die­sen Nach­weis nicht für alle Ver­trags­par­teien nach­wei­sen.

Zwar ha­ben die Aus­sa­gen des Tes­ta­ments­voll­stre­ckers und des be­ur­kun­den­den No­tars er­ge­ben, dass ent­spre­chend des da­ma­li­gen Wunschs des Be­klag­ten so­wohl die­ser als auch der Tes­ta­ments­voll­stre­cker sei­ner­zeit den Wil­len hat­ten, das Mehr­stimm­recht für den Be­klag­ten bei den wich­tigs­ten Ge­sell­schaf­tern der T-Gruppe und da­mit auch bei der neu ge­schaf­fe­nen Hol­ding KG ein­zuräumen. Bei der Be­ur­kun­dung ha­ben sie je­doch über­se­hen, dass das Mehr­stimm­recht bei den sog. Fleischwerk­ge­sell­schaf­ten dem Be­klag­ten nicht mehr die be­zweckte Lei­tungs­macht ver­schaf­fen konnte, weil die Be­tei­li­gun­gen an den Fleischwerk­ge­sell­schaf­ten mit dem zu­vor be­ur­kun­de­ten Ver­trag durch die Hol­ding­ge­sell­schaft er­wor­ben wor­den wa­ren.

Nicht fest­zu­stel­len war, dass auch der Kläger und sein Bru­der einen von dem be­ur­kun­de­ten In­halt ab­wei­chen­den Wil­len ent­spre­chend der oben ge­nann­ten Be­haup­tung des Be­klag­ten hat­ten. Ins­bes. ließ sich auch nicht fest­stel­len, dass der Kläger und sein Bru­der be­reits vor der Be­ur­kun­dung einem Son­der­stimm­recht des Be­klag­ten zu­ge­stimmt hätten. Auch hat kei­ner der Zeu­gen be­kun­det, dass im Vor­feld der Be­ur­kun­dung oder während die­ser die Frage der Einführung des dop­pel­ten Stimm­rechts für den Be­klag­ten in den fak­ti­schen Ober­ge­sell­schaf­ten des Kon­zerns und da­mit eine Re­ge­lung hin­sicht­lich der Lei­tungs­funk­tion des Be­klag­ten in der gan­zen Un­ter­neh­mens­gruppe mit dem Kläger und sei­nem Bru­der tatsäch­lich be­spro­chen wor­den sei.

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