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Zeitpunkt der Berücksichtigung eines nach einem Planinsolvenzverfahren entstandenen Sanierungsgewinns

FG Berlin-Brandenburg 9.7.2015, 10 K 10245/14

Ein Ge­winn, der nicht aus einem Um­satz­ge­schäft stammt, ist rea­li­siert, wenn er "so gut wie si­cher" ist. Bei For­de­run­gen, die nicht aus Aus­tausch­ge­schäften stam­men, wird dies da­hin­ge­hend kon­kre­ti­siert, dass die For­de­rung im ab­ge­lau­fe­nen Wirt­schafts­jahr recht­lich ent­stan­den sein muss oder sie je­den­falls wirt­schaft­lich ver­ur­sacht sein muss und ihre recht­li­che Ent­ste­hung mit Si­cher­heit zu er­war­ten ist. Dem­ent­spre­chend ist all­ge­mein an­er­kannt, dass Ver­bind­lich­kei­ten nicht - mehr - zu pas­si­vie­ren sind, wenn mit an Si­cher­heit gren­zen­der Wahr­schein­lich­keit an­ge­nom­men wer­den kann, dass sie nicht erfüllt wer­den müssen.

Der Sach­ver­halt:
Die Be­tei­lig­ten strei­ten über den Zeit­punkt der Berück­sich­ti­gung ei­nes nach einem Plan­in­sol­venz­ver­fah­ren ent­stan­de­nen Sa­nie­rungs­ge­winns. Über das Vermögen der Kläge­rin wurde am 1.6.2010 das In­sol­venz­ver­fah­ren eröff­net, weil sie zah­lungs­unfähig und über­schul­det war. Der In­sol­venz­plan, der vor­sah, dass die Gläubi­ger der Gruppe 1 vollständig und die Gläubi­ger der Grup­pen 2 bis 5 auf 97 Pro­zent ih­rer fest­ge­stell­ten For­de­run­gen ver­zich­te­ten, wurde am 16.12.2010 erörtert und von der Gläubi­ger­ver­samm­lung an­ge­nom­men. Die Kläge­rin stimmte ihm am sel­ben Tag zu. Eben­falls am 16.12.2010 bestätigte das AG den In­sol­venz­plan durch Be­schluss. Am 19.1.2011 hob es das In­sol­venz­ver­fah­ren auf. Durch Be­schluss der Ge­sell­schaf­ter­ver­samm­lung vom 22.2.2011 wurde die Ge­sell­schaft fort­ge­setzt.

Die Kläge­rin setzte den sich aus den For­de­rungs­ver­zich­ten er­ge­ben­den Sa­nie­rungs­ge­winn für das Jahr 2010 an. Das Fi­nanz­amt ver­an­lagte sie erklärungs­gemäß. Ge­gen die Be­scheide legte die Kläge­rin Ein­spruch ein mit dem Ziel, geänderte Fest­set­zun­gen ohne die An­wen­dung der Be­schränkung des Ver­lust­ab­zu­ges nach § 10d EStG bzw. § 10a GewStG zu er­lan­gen. Im Rah­men des Ein­spruchs­ver­fah­rens kam das Fi­nanz­amt zu der Auf­fas­sung, dass der Sa­nie­rungs­ge­winn nicht im Jahre 2010, son­dern im Jahre 2011 an­zu­set­zen sei. Es änderte die Steu­er­fest­set­zun­gen da­her in­so­weit.

Die Kläge­rin macht gel­tend, dass der Sa­nie­rungs­ge­winn be­reits im Jahr 2010 zu berück­sich­ti­gen sei. Im De­zem­ber 2010 sei der In­sol­venz­plan von der Gläubi­ger­ver­samm­lung an­ge­nom­men wor­den, auch die Schuld­ne­rin habe ihm zu­ge­stimmt und das zuständige AG habe ihn bestätigt. Da­mit seien in­halt­li­che Verände­run­gen, ins­be­son­dere eine Verände­rung hin­sicht­lich der Quote, be­reits im Zeit­punkt der Gläubi­ger­ver­samm­lung am 16.12.2010 aus­ge­schlos­sen ge­we­sen.

Das FG gab der Klage statt. Die Re­vi­sion zum BFH wurde nicht zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt hat es zu Un­recht un­ter­las­sen, den durch den For­de­rungs­ver­zicht der Gläubi­ger gemäß In­sol­venz­plan ent­stan­de­nen Sa­nie­rungs­ge­winn im Jahre 2010 an­zu­set­zen (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO).

Die Kläge­rin er­mit­telt ih­ren Ge­winn nach § 8 Abs. KStG i.V.m. §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG durch Be­triebs­vermögens­ver­gleich. Nach § 5 Abs. 1 EStG sind in­so­weit die han­dels­recht­li­chen Grundsätze ord­nungsmäßiger Buchführung maßgeb­lich. Nach den Grundsätzen ord­nungsmäßiger Buchführung, die weit­ge­hend im HGB ko­di­fi­ziert sind, sind Ge­winne erst dann aus­zu­wei­sen, wenn sie rea­li­siert sind (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB). Ein Ge­winn, der nicht aus einem Um­satz­ge­schäft stammt, ist rea­li­siert, wenn er "so gut wie si­cher" ist. Bei For­de­run­gen, die nicht aus Aus­tausch­ge­schäften stam­men, wird dies da­hin­ge­hend kon­kre­ti­siert, dass die For­de­rung im ab­ge­lau­fe­nen Wirt­schafts­jahr recht­lich ent­stan­den sein muss oder sie je­den­falls wirt­schaft­lich ver­ur­sacht sein muss und ihre recht­li­che Ent­ste­hung mit Si­cher­heit zu er­war­ten ist.

Dem­ent­spre­chend ist all­ge­mein an­er­kannt, dass Ver­bind­lich­kei­ten nicht - mehr - zu pas­si­vie­ren sind, wenn mit an Si­cher­heit gren­zen­der Wahr­schein­lich­keit an­ge­nom­men wer­den kann, dass sie nicht erfüllt wer­den müssen. Dem­zu­folge ist zu prüfen, zu wel­chem Zeit­punkt fest­stand, dass die Kläge­rin die be­ste­hen­den Ver­bind­lich­kei­ten gar nicht mehr bzw. nur noch zu 3 Pro­zent würde be­frie­di­gen müssen. Dies war be­reits Ende des Jah­res 2010 der Fall mit der Folge, dass der Sa­nie­rungs­ge­winn im Jahr 2010 an­zu­set­zen ist. Gem. § 248 InsO be­darf der In­sol­venz­plan nach der An­nahme durch die Gläubi­ger und der Zu­stim­mung des Schuld­ners der Bestäti­gung durch das In­sol­venz­ge­richt. Hier hat das AG den In­sol­venz­plan am 16.12.2010 bestätigt.

Gem. § 254 Abs. 1 InsO tre­ten die im ge­stal­ten­den Teil des In­sol­venz­plans fest­ge­leg­ten Wir­kun­gen des In­sol­venz­plans mit der Rechts­kraft der Bestäti­gung ge­gen alle Be­tei­lig­ten ein. Der Rechts­kraft­ver­merk trägt hier das Da­tum 19.1.2011. Gleich­wohl stand be­reits zum Bi­lanz­stich­tag 31.12.2010 fest, dass der Ein­tritt der Rechts­kraft nicht mehr würde ge­hin­dert wer­den können. Ge­gen die Bestäti­gung des In­sol­venz­plans durch das AG stand den Gläubi­gern und dem Schuld­ner gem. § 253 InsO nämlich als Recht­mit­tel nur die so­for­tige Be­schwerde zu. Diese ist in­ner­halb von ei­ner Not­frist von zwei Wo­chen ab Verkündung des Be­schlus­ses ein­zu­le­gen. Der Be­schluss des AG wurde am 16.12.2010 verkündet; mit­hin lief die Be­schwer­de­frist am 31.12.2010 ab.

Bis zu die­sem Zeit­punkt war er­sicht­lich keine Be­schwerde ein­ge­gan­gen. Da­mit stand fest, dass die Kläge­rin die Ver­bind­lich­kei­ten in dem Um­fang nicht mehr zu be­frie­di­gen brauchte, in dem die Gläubi­ger auf­grund des In­sol­venz­plans ver­zich­tet hat­ten. Der for­melle Ein­tritt der Rechts­kraft am 19.1.2011 oder gar die Auf­he­bung des In­sol­venz­ver­fah­rens durch das AG an die­sem Tag hat­ten auf die Pro­gnose, ob die Ver­bind­lich­kei­ten noch zu erfüllen sein würden bzw. ob ein Ge­winn durch den Weg­fall die­ser Ver­bind­lich­kei­ten rea­li­siert ist, kei­nen Ein­fluss.

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