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Zurechnung eines von einem Arbeitgeber geleasten Pkw beim Arbeitnehmer

BFH 18.12.2014, VI R 75/13

An ei­ner nach § 8 Abs. 2 S. 2 bis 5 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG zu be­wer­ten­den Über­las­sung ei­nes be­trieb­li­chen Fahr­zeugs zu pri­va­ten Fahr­ten durch den Ar­beit­ge­ber fehlt es, wenn das Fahr­zeug dem Ar­beit­neh­mer zu­zu­rech­nen ist. Das Fahr­zeug ist auch dann dem Ar­beit­neh­mer zu­zu­rech­nen, wenn er über die­ses Fahr­zeug wie ein wirt­schaft­li­cher Ei­gentümer oder als Lea­sing­neh­mer verfügen kann, etwa wenn er im In­nen­verhält­nis ge­genüber sei­nem Ar­beit­ge­ber die we­sent­li­chen Rechte und Pflich­ten ei­nes Lea­sing­neh­mers hat.

Der Sach­ver­halt:
Die Be­tei­lig­ten strei­ten, ob die In­an­spruch­nahme von Son­der­kon­di­tio­nen im Rah­men des so­ge­nann­ten Behörden­lea­sings zu Ar­beits­lohn führt und ob die Ände­rungs­vor­aus­set­zun­gen nach § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO vor­lie­gen.

Die Kläge­rin be­zog in den Streit­jah­ren (2005 bis 2008) Einkünfte aus nicht­selbständi­ger Ar­beit als Bürger­meis­te­rin der Ge­meinde X. Als Wer­bungs­kos­ten machte sie u.a. die tatsäch­li­chen Kos­ten für be­ruf­li­che Fahr­ten gel­tend. Hierzu legte sie ein Fahr­ten­buch vor. Zum Nach­weis der an­ge­fal­le­nen Kos­ten reichte sie beim Fi­nanz­amt Be­lege über die ge­zahl­ten Lea­sing­ra­ten, Kfz-Steu­ern, -Ver­si­che­run­gen und -Be­triebs­kos­ten für ein Lea­sing­fahr­zeug ein. Der Lea­sing­ver­trag über die­ses Fahr­zeug war zwi­schen der Ge­meinde und der Firma Y als Lea­sing­ge­ber zu Son­der­kon­di­tio­nen für die öff­ent­li­che Hand (sog. Behörden­lea­sing) ab­ge­schlos­sen wor­den. Wäre die Kläge­rin Ver­trags­part­ne­rin des Au­to­mo­bil­her­stel­lers ge­we­sen, hätte sie höhere mo­nat­li­che Lea­sing­ra­ten leis­ten müssen. Die Rech­nun­gen über die Lea­sing­ra­ten lau­te­ten auf die Ge­meinde.

Im Rah­men ei­ner ab­gekürz­ten Lohn­steuer-Außenprüfung bei der Ge­meinde zum Sach­ver­halt "Geld­wer­ter Vor­teil ver­bil­lig­tes Behörden­lea­sing" ge­langte der Prüfer zu der Auf­fas­sung, der Kläge­rin sei steu­er­pflich­ti­ger Ar­beits­lohn in Form ei­nes geld­wer­ten Vor­teils aus der Ra­batt­gewährung von drit­ter Seite gewährt wor­den, der vom Ar­beit­ge­ber nicht ver­steu­ert wor­den sei. Der Vor­teil re­sul­tiere aus dem Dienst­verhält­nis, da vom Lea­sing­ge­ber die Son­der­kon­di­tio­nen (ver­bil­ligte Lea­sing­ra­ten, kurze Ver­trags­lauf­zeit von zwölf Mo­na­ten, keine Son­der­zah­lun­gen zu Be­ginn des je­wei­li­gen Lea­sing­ver­trags) ei­ner Pri­vat­per­son nicht an­ge­bo­ten wor­den seien. Den zu­ge­flos­se­nen Vor­teil be­rech­nete er aus der Dif­fe­renz der für Dritte übli­chen zu den tatsäch­lich ge­leis­te­ten Lea­sing­gebühren.

Das Fi­nanz­amt änderte dar­auf­hin die Ein­kom­men­steu­er­be­scheide der Streit­jahre nach § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO und erhöhte die Einkünfte der Kläge­rin aus nicht­selbständi­ger Ar­beit für das Jahr 2005 um rd. 3.000 €, für das Jahr 2006 um rd. 6.000 €, für das Jahr 2007 um rd. 6.600 € und für das Jahr 2008 um rd. 6.400 €. Auf den von der Kläge­rin frist­gemäß ein­ge­leg­ten Ein­spruch er­gin­gen Teil­ab­hil­fe­be­scheide, in de­nen das FA die bis­her an­ge­setz­ten geld­wer­ten Vor­teile um je­weils 20 Pro­zent ermäßigte. Im Übri­gen war der Ein­spruch er­folg­los.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Auf die Re­vi­sion der Kläge­rin hob der BFH das Ur­teil auf und ver­wies die Sa­che zur an­der­wei­ti­gen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das FG zurück.

Die Gründe:
Die bis­her ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen des FG tra­gen nicht den Schluss, dass die pri­vate Nut­zung des von der Ge­meinde ge­leas­ten Pkw zu einem geld­wer­ten Vor­teil der Kläge­rin führt, der nach § 8 Abs. 2 S. 1 EStG mit der Dif­fe­renz zwi­schen den marktübli­chen und den vom Ar­beit­ge­ber tatsäch­lich ge­leis­te­ten Lea­sing­gebühren und nicht nach der übli­chen Be­wer­tungs­me­thode, nämlich § 8 Abs. 2 S. 2 bis 5 EStG (1-Pro­zent-Re­ge­lung oder Fahr­ten­buch­me­thode) zu be­wer­ten ist.

Es ent­spricht mitt­ler­weile ständi­ger Se­nats­recht­spre­chung, dass die Über­las­sung ei­nes be­trieb­li­chen Pkw durch den Ar­beit­ge­ber an den Ar­beit­neh­mer für des­sen Pri­vat­nut­zung zu ei­ner Be­rei­che­rung des Ar­beit­neh­mers und da­mit zu Lohn­zu­fluss (§ 19 EStG) führt. Eine sol­che Über­las­sung ei­nes be­trieb­li­chen Kfz i.S.d. § 8 Abs. 2 S. 2 bis 5 EStG i.V.m. § 6 EStG liegt al­ler­dings nicht vor, wenn das Fahr­zeug nicht dem Ar­beit­ge­ber, son­dern dem Ar­beit­neh­mer zu­zu­rech­nen ist. Dies ist zuvörderst der Fall, wenn der Ar­beit­neh­mer Ei­gentümer des Fahr­zeugs ist. Das Fahr­zeug ist aber auch dann dem Ar­beit­neh­mer zu­zu­rech­nen, wenn er über die­ses Fahr­zeug wie ein wirt­schaft­li­cher Ei­gentümer oder als Lea­sing­neh­mer verfügen kann. Da­bei ist es grundsätz­lich un­er­heb­lich, ob der Vor­ei­gentümer oder der Lea­sing­ge­ber ein frem­der Drit­ter oder der Ar­beit­ge­ber ist.

Dem Ar­beit­neh­mer ist das Fahr­zeug dann zu­zu­rech­nen, wenn ihm der Ar­beit­ge­ber das Fahr­zeug auf­grund ei­ner vom Ar­beits­ver­trag un­abhängi­gen Son­der­rechts­be­zie­hung, etwa einem Lea­sing­ver­trag, überlässt. Ent­spre­chen­des gilt, wenn der Ar­beit­ge­ber selbst Lea­sing­neh­mer ist und das Fahr­zeug sei­nem Ar­beit­neh­mer auf der Grund­lage ei­nes Un­ter­lea­sing­verhält­nis­ses über­gibt. Eine sol­che vom Ar­beits­ver­trag un­abhängige Son­der­rechts­be­zie­hung, auf der die Fahr­zeugüber­tra­gung gründet, kann auch dann vor­lie­gen, wenn die Be­tei­lig­ten diese nicht schrift­lich ver­ein­bart ha­ben. Ent­schei­dend ist, dass nach den tatsäch­li­chen Umständen der Ar­beit­neh­mer im In­nen­verhält­nis ge­genüber sei­nem Ar­beit­ge­ber die we­sent­li­chen Rechte und Pflich­ten ei­nes Lea­sing­neh­mers hat, er also ein in Ra­ten zu zah­len­des Ent­gelt zu ent­rich­ten hat und ihn al­lein die Ge­fahr und Haf­tung für In­stand­hal­tung, Sachmängel, Un­ter­gang und Be­schädi­gung der Sa­che tref­fen.

Die tatsäch­li­chen Fest­stel­lun­gen des FG tra­gen nicht des­sen Würdi­gung, dass es sich bei dem von der Ge­meinde ge­leas­ten Pkw um kein be­trieb­li­ches Fahr­zeug der Ge­bietskörper­schaft han­delt, son­dern der Pkw der Kläge­rin zu­zu­rech­nen und der Vor­teil aus der Fahr­zeug­gestel­lung nicht nach der übli­chen Be­wer­tungs­me­thode (1-Pro­zent-Re­ge­lung oder Fahr­ten­buch­me­thode) zu be­wer­ten ist. Das FG hat das von der Ge­meinde ge­leaste Fahr­zeug al­lein des­halb der Kläge­rin zu­ge­rech­net, weil ihr der Pkw un­ein­ge­schränkt zur Verfügung ge­stan­den und sie sämt­li­che da­mit zu­sam­menhängen­den Kos­ten und wirt­schaft­li­chen Ri­si­ken ge­tra­gen habe. Diese Schluss­fol­ge­rung kann schon des­halb kei­nen Be­stand ha­ben, weil nicht er­sicht­lich ist, wor­auf diese Er­kennt­nis fußt. So ist z.B. we­der fest­ge­stellt, wer Hal­ter des Fahr­zeugs noch wer Ver­si­che­rungs­neh­mer der ge­setz­li­chen Haft­pflicht­ver­si­che­rung ist.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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