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Abfindung: Ermäßigte Besteuerung bei Geringfügigkeit einer Teilauszahlung

BFH 13.10.2015, IX R 46/14

Die Aus­zah­lung Wird eine ein­heit­li­che Ab­fin­dung in zwei Teil­beträgen aus­ge­zahlt, so steht dies der An­wen­dung des ermäßig­ten Steu­er­sat­zes aus­nahms­weise dann nicht ent­ge­gen, wenn sich die Teil­zah­lun­gen ein­deu­tig als Haupt- und Ne­ben­leis­tung von­ein­an­der un­ter­schei­den und wenn die Ne­ben­leis­tung ge­ringfügig ist. Als ge­ringfügig kann eine Ne­ben­leis­tung etwa an­zu­se­hen sein, wenn sie nied­ri­ger ist als die ta­rif­li­che Steu­er­begüns­ti­gung der Haupt­leis­tung.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger war seit 1971 bei dem­sel­ben Ar­beit­ge­ber nicht­selbständig be­schäftigt. Im Ka­len­der­jahr 2009 be­trug sein Brut­to­ar­beits­lohn ca. 34.500 €. Das Ar­beits­verhält­nis en­dete durch Auf­he­bungs­ver­trag mit Wir­kung zum 30.9.2010. Für den Ver­lust des Ar­beits­plat­zes sagte der Ar­beit­ge­ber dem Kläger eine be­trieb­li­che Ab­fin­dung i.H.v. 104.800 € zu so­wie eine Ta­rif­ab­fin­dung i.H.v. 10.200 €. Die Ta­rif­ab­fin­dung floss dem Kläger im Jahr 2010 zu und wurde in vol­ler Höhe be­steu­ert. Der Brut­to­ar­beits­lohn be­lief sich ein­schließlich der Ta­rifermäßigung im Jahr 2010 auf rd. 44.300 €.

Die be­trieb­li­che Ab­fin­dung floss dem Kläger im Streit­jahr (2011) zu. Der Ar­beit­ge­ber führte die Lohn­steuer ohne Berück­sich­ti­gung der Ta­rifermäßigung ab. In sei­ner Ein­kom­men­steu­er­erklärung für 2011 machte der Kläger gel­tend, die be­trieb­li­che Ab­fin­dung sei als Ent­schädi­gung für ent­gan­gene Ein­nah­men mit dem ermäßig­ten Steu­er­satz zu be­steu­ern. Das Fi­nanz­amt un­ter­warf die be­trieb­li­che Ab­fin­dung da­ge­gen dem vollen Steu­er­satz.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Die Re­vi­sion des Fi­nanz­amts hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Die im Streit­jahr vom Kläger ver­ein­nahmte be­trieb­li­che Ab­fin­dung von 104.800 € führt un­ter Berück­sich­ti­gung sei­ner in­di­vi­du­el­len Steu­er­be­las­tung zu außer­or­dent­li­chen Einkünf­ten.

Sind in dem zu ver­steu­ern­den Ein­kom­men außer­or­dent­li­che Einkünfte ent­hal­ten, so ist nach § 34 Abs. 1 EStG die dar­auf ent­fal­lende Ein­kom­men­steuer nach einem ermäßig­ten Steu­er­satz zu be­mes­sen. Nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG kom­men als außer­or­dent­li­che Einkünfte u.a. Ent­schädi­gun­gen in Be­tracht, die gem. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG als Er­satz für ent­gan­gene oder ent­ge­hende Ein­nah­men gewährt wer­den. Außer­or­dent­li­che Einkünfte i.S.d. § 34 EStG set­zen wei­ter vor­aus, dass die Ent­schädi­gung grundsätz­lich in einem Ver­an­la­gungs­zeit­raum zu­fließt und ge­eig­net ist, zu ei­ner ein­ma­li­gen und außer­gewöhn­li­chen Pro­gres­si­ons­stei­ge­rung zu führen.

Grundsätz­lich steht die Aus­zah­lung ei­ner ein­heit­li­chen Ab­fin­dung in zwei Ver­an­la­gungs­zeiträumen der An­wen­dung des ermäßig­ten Steu­er­sat­zes ent­ge­gen; denn Teil­aus­zah­lun­gen be­wir­ken stets eine Pro­gres­si­ons­mil­de­rung. Dies schließt die An­wen­dung des ermäßig­ten Steu­er­sat­zes grundsätz­lich aus und zwar auch dann, wenn die Teil­zah­lun­gen je­weils mit an­de­ren lau­fen­den Einkünf­ten zu­sam­men­tref­fen und sich dar­aus ein (nicht bloß ein­ma­li­ger) Pro­gres­si­ons­nach­teil er­gibt. Al­ler­dings steht die Aus­zah­lung ei­ner ein­heit­li­chen Ab­fin­dung in zwei Teil­beträgen der An­wen­dung des ermäßig­ten Steu­er­sat­zes aus­nahms­weise dann nicht ent­ge­gen, wenn sich die Teil­zah­lun­gen im Verhält­nis zu­ein­an­der ein­deu­tig als Haupt- und Ne­ben­leis­tung dar­stel­len und wenn die Ne­ben­leis­tung ge­ringfügig ist.

Nach all­dem ist die Teil­aus­zah­lung von 10.200 € im Vor­jahr un­ter den be­son­de­ren Be­din­gun­gen des Streit­falls noch als ge­ringfügige Ne­ben­leis­tung an­zu­se­hen. Die Teil­aus­zah­lung beläuft sich im Streit­fall auf 8,87 % der Ge­samt­ab­fin­dung oder 9,73 % der Haupt­leis­tung. Eine ge­ringfügige Ne­ben­leis­tung hat der Se­nat nicht mehr an­ge­nom­men, wenn sie mehr als 10 % der Haupt­leis­tung beträgt. Zu­dem ist die Ne­ben­leis­tung vor­lie­gend nied­ri­ger ist als die Steu­er­ent­las­tung der Haupt­leis­tung. Mit die­ser Begründung hat der BFH zwar bis­lang nur eine so­zial mo­ti­vierte, nachträgli­che Zu­satz­leis­tung des Ar­beit­ge­bers der Höhe nach als un­schädlich er­ach­tet.

Der Maßstab lässt sich je­doch zur Kon­kre­ti­sie­rung der bloßen Ge­ringfügig­keit glei­chermaßen her­an­zie­hen. Müsste un­ter die­sen Umständen die Ta­rifermäßigung ver­sagt wer­den, stünde der Steu­er­pflich­tige bes­ser da, wenn er die Teil­aus­zah­lung nicht er­hal­ten hätte. Die Teil­aus­zah­lung würde (vor Steu­ern) noch nicht ein­mal den steu­er­li­chen Nach­teil aus­glei­chen, den sie ver­ur­sacht hat. Die­ses Er­geb­nis würde zu wirt­schaft­lich un­sin­ni­gen Ge­stal­tun­gen Ver­an­las­sung ge­ben.

Link­hin­weis:

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