deen

Steuerberatung

Ablaufhemmung nach Erstattung einer Selbstanzeige

BFH 3.7.2018, VIII R 9/16

Die einjährige Verlänge­rung der Fest­set­zungs­frist nach Ab­gabe ei­ner Selbst­an­zeige schließt eine wei­ter­ge­hende Verlänge­rung der Fest­set­zungs­frist bei Steu­er­hin­ter­zie­hun­gen nicht aus, wenn die Steu­er­fahn­dung noch vor dem Ab­lauf der zehnjähri­gen Fest­set­zungs­frist für Steu­er­hin­ter­zie­hun­gen mit Er­mitt­lun­gen be­ginnt und die spätere Steu­er­fest­set­zung für die nach­erklärten Be­steue­rungs­grund­la­gen auf den Er­mitt­lun­gen der Steu­er­fahn­dung be­ruht. Dies setzt aber vor­aus, dass die Er­mitt­lungs­hand­lun­gen kon­kret der Überprüfung der nach­erklärten Be­steue­rungs­grund­la­gen die­nen.

Der Sach­ver­halt:

Während der Streit­jahre 1996 und 1997 un­ter­hiel­ten die Kläger bei ei­ner Stif­tung liech­ten­stei­ni­schen Rechts mit ei­ge­ner Rechts­persönlich­keit (sog. Foun­da­tion) ein Stif­tungs­un­ter­konto (Konto Septo, Konto Nr. ...) mit einem ge­mein­schaft­li­chen De­pot. Nach Aus­wer­tung ei­ner an­ge­kauf­ten Steuer-CD verdäch­tigte die Steu­er­fahn­dung die Kläger der Steu­er­hin­ter­zie­hung von Ka­pi­tal­erträgen aus den bei der Stif­tung un­ter­hal­te­nen Ka­pi­tal­an­la­gen für den Zeit­raum von 1996 bis 2006, hatte aber zunächst keine kon­kre­ten Er­mitt­lun­gen zu den ein­zel­nen Be­steue­rungs­grund­la­gen auf­ge­nom­men.

Die Kläger ga­ben im Ja­nuar 2008 für die Ver­an­la­gungs­zeiträume 2000 bis 2006 eine Selbst­an­zeige ab, in der sie Ka­pi­tal­einkünfte nur für die­sen Zeit­raum nach­erklärten. Im Mai 2008 ga­ben sie dann eine Selbst­an­zeige hin­sicht­lich der für die Streit­jahre 1996 und 1997 nicht erklärten Ka­pi­tal­einkünfte ab. Für diese Streit­jahre hat­ten die Kläger ihre Steu­er­erklärun­gen im Jahr 1998 ab­ge­ge­ben, so dass die re­guläre zehnjährige Fest­set­zungs­frist mit Ab­lauf des Jah­res 2008 en­dete. Als im Juni 2010 für 1996 und 1997 Ände­rungs­be­scheide er­las­sen wur­den, wurde strei­tig, ob die Be­scheide für die Streit­jahre nach Ein­tritt der Fest­set­zungs­verjährung er­gan­gen wa­ren, da so­wohl die Zehn­jah­res­frist als auch die einjährige Verlänge­rung der Fest­set­zungs­frist bei Selbst­an­zei­gen gem. § 171 Abs. 9 AO zu die­sem Zeit­punkt ab­ge­lau­fen wa­ren.

Das FG ver­neinte den Ein­tritt der Fest­set­zungs­verjährung. Es stellte fest, dass die Steu­er­fahn­dung noch vor Ende des Jah­res 2008 bei den Klägern Un­ter­la­gen zu den hin­ter­zo­ge­nen Ka­pi­tal­erträgen an­ge­for­dert habe, de­ren Ge­gen­stand al­ler­dings nicht näher kon­kre­ti­siert wer­den könne. Die zehnjährige Fest­set­zungs­frist habe sich hier­durch nach § 171 Abs. 5 AO bis zu dem Zeit­punkt verlängert, zu dem die geänder­ten Steu­er­be­scheide für die Streit­jahre un­an­fecht­bar ge­wor­den seien, weil in der An­for­de­rung der Un­ter­la­gen Er­mitt­lungsmaßnah­men der Steu­er­fahn­dung zu se­hen seien.

Auf die Re­vi­sion der Kläger hob der BFH das Ur­teil auf und ver­wies die Sa­che zur an­der­wei­ti­gen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das FG zurück.

Gründe:

Das FG hat im Er­geb­nis rechts­feh­ler­haft an­ge­nom­men, dass bei Er­lass der Ände­rungs­be­scheide im Juni 2010 eine Ab­lauf­hem­mung gem. § 171 Abs. 5 S. 1 AO be­stand. Es hat für den Ein­tritt der Ab­lauf­hem­mung zu Un­recht genügen las­sen, dass die Steufa in 2008 ir­gend­eine Er­mitt­lungs­hand­lung hin­sicht­lich der Be­steue­rungs­grund­la­gen des Prüfungs­zeit­raums 1996 bis 2006 (in Form der fest­ge­stell­ten An­for­de­rung von "Un­ter­la­gen zur Vermögens­an­lage bei der Foun­da­tion") ent­fal­tet hat, weil sich die Prüfung erst in ih­rem wei­te­ren Ver­lauf während des Jah­res 2009 bis zum Ab­schluss­be­richt vom 26. April 2010 auf die nach­erklärten Be­steue­rungs­grund­la­gen der Streit­jahre er­streckt hat.

Er­for­der­lich für den Ein­tritt der Ab­lauf­hem­mung gem. § 171 Abs. 5 S. 1 AO für die Streit­jahre ist al­lerd­ins, dass die Steufa noch im Jahr 2008 Er­mitt­lungs­hand­lun­gen (z.B. durch die An­for­de­rung de­tail­lier­ter Konto- und De­po­tauszüge) vor­ge­nom­men hat, die der Überprüfung der nach­erklärten Be­steue­rungs­grund­la­gen der Streit­jahre dien­ten. Nur dann be­ru­hen die späte­ren Steu­er­fest­set­zun­gen für die Streit­jahre auf ei­ner vor Ab­lauf der un­ge­hemm­ten Fest­set­zungs­frist durch­geführ­ten Er­mitt­lungs­hand­lung der Steufa.

Die Fest­stel­lun­gen des FG ermögli­chen die­sen Schluss nicht. Aus den Fest­stel­lun­gen lässt sich der Ge­gen­stand der an­ge­for­der­ten Un­ter­la­gen nicht ab­lei­ten. Die An­for­de­rung der Un­ter­la­gen im Jahr 2008 ist in den Ak­ten der Steufa nicht do­ku­men­tiert. Das FG muss im zwei­ten Rechts­gang aufklären, ob und wel­che kon­kre­ten Er­mitt­lungs­hand­lun­gen von der Steu­er­fahn­dung noch vor Ab­lauf des Jah­res 2008 zu den für die Streit­jahre nach­erklärten Ka­pi­tal­erträgen aus­geführt wur­den.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
  • Um di­rekt zum Voll­text zu kom­men, kli­cken Sie bitte hier.
nach oben