Der Sachverhalt:
Die Klägerin erbrachte im Jahre 2009 eine Bauleistung an ein Bauträgerunternehmen. Die Vertragspartner gingen entsprechend der damaligen Verwaltungsauffassung davon aus, dass die Leistungsempfängerin die Umsatzsteuer nach § 13b UStG schulde. Aus diesem Grunde wies die Klägerin in der Rechnung vom 19.8.2009 keine Umsatzsteuer aus. Dementsprechend war dieser Umsatz in dem Zahlenwerk, welches der 2010 beim Beklagten eingereichten Umsatzsteuererklärung 2009 zugrunde lag, nicht enthalten. Das Finanzamt stimmte der Umsatzsteuererklärung 2009 zu, so dass die Erklärung nach § 168 AO einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstand.
Im Anschluss an das Urteil des BFH vom 22.8.2013 (V R 37/10) beantragte die Leistungsempfängerin im Dezember 2014 die Erstattung der seinerzeit als Steuerschuldnerin gezahlten Umsatzsteuer. 2015 forderte das Finanzamt die Klägerin auf, eine berichtigte Umsatzsteuererklärung für 2009 einzureichen. Auf die Möglichkeit, den zivilrechtlichen Zahlungsanspruch gegen den Leistungsempfänger an das Land Niedersachsen abzutreten, wies das Finanzamt die Klägerin hin. Demgegenüber vertrat die Klägerin die Auffassung, dass Festsetzungsverjährung eingetreten sei und der Umsatzsteuerbescheid 2009 nicht mehr geändert werden könne. Das Finanzamt erhöhte mit gem. § 164 Abs. 2 AO geändertem Umsatzsteuerbescheid 2009 im Jahr 2018 die Umsätze zum Regelsteuersatz um das Nettoentgelt für die Bauleistung.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die beim BFH anhängige Revision des Finanzamts wird dort unter dem Az. VR 3/20 geführt.
Die Gründe:
Der Bescheid ist nach Ablauf der Festsetzungsfrist ergangen. In sog. Bauträgerfällen nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG bewirkt die Erstattungsforderung des Leistungsempfängers keine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 14 AO hinsichtlich der Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung für den Leistenden.
Die Festsetzungsfrist beträgt bei der Umsatzsteuer nach § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO vier Jahre; sie beginnt gem. § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Steuerpflichtige beim Finanzamt seine Steuererklärung eingereicht hat. Da die Klägerin ihre Umsatzsteuererklärung für 2009 im Jahr 2010 abgegeben hat, endete die Festsetzungsfrist regulär mit Ablauf des 31.12.2014, d.h. im Zeitpunkt des Ergehens des Änderungsbescheides im Jahr 2018 war diese Frist vorbehaltlich einer Ablaufhemmung bereits seit geraumer Zeit abgelaufen. Der Ablauf der Festsetzungsfrist war im Streitfall nicht nach § 171 Abs. 14 AO gehemmt. Das Finanzamt geht zu Unrecht davon aus, dass der Erstattungsanspruch der Leistungsempfängerin in einem Zusammenhang mit der Festsetzung der Umsatzsteuer für 2009 gegenüber der Klägerin steht, wegen dessen der Tatbestand der Vorschrift verwirklicht ist.
Nach dem Wortlaut des § 171 Abs. 14 AO endet die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch nicht, soweit damit zusammenhängender Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO noch nicht zahlungsverjährt ist. Es muss folglich ein "Zusammenhang" zwischen Erstattungsanspruch und Steueranspruch bestehen. im Streitfall die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 171 Abs. 14 AO nicht verwirklicht. Zwar steht der Wortlaut der Vorschrift der vom Finanzamt bevorzugten weiten Auslegung nicht entgegen; im Lichte der Zweckbestimmung der Vorschriften über die Festsetzungsverjährung und unter Berücksichtigung der Gesetzgebungsmaterialien ist aber hinsichtlich des unbestimmten Rechtsbegriffs des Zusammenhangs eine engere Auslegung der Vorschrift dahingehend vorzunehmen, dass jedenfalls ein von zwei verschiedenen Steuerpflichtigen abgeschlossener schuldrechtlicher Vertrag nicht geeignet ist, einen Zusammenhang i.S.d. § 171 Abs. 14 AO zwischen dem durch die Auswirkungen des Vertrages begründeten Steuererstattungsanspruch des einen Steuerpflichtigen und der Festsetzung einer höheren Steuer gegenüber dem anderen Steuerpflichtigen zu begründen.
In sog. Bauträgerfällen nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG bewirkt die Erstattungsforderung des Leistungsempfängers keine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 14 AO hinsichtlich der Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung für den Leistenden.