Welche Auswirkungen diese Schutzmaßnahmen auf die Abschlussprüfung haben, darüber sprechen wir mit Alexander Sobanski, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Partner bei Ebner Stolz in Stuttgart.
Herr Sobanski, mit den Einschränkungen des öffentlichen Lebens und der Beschränkung der Wirtschaft haben sich die Arbeitsbedingungen in den Unternehmen dramatisch geändert. Wie hat sich Ebner Stolz darauf eingestellt?
Wir haben unsere Mitarbeiter bei den Abschlussprüfungen vor Ort bei den Mandanten abgezogen und ins Home-Office geschickt. Auch in unseren Büros haben wir die Anzahl der anwesenden Personen soweit wie möglich reduziert, um die Ansteckungsgefahr sowie die Gefahr einer Schließung der Büros möglichst zu reduzieren. Inzwischen beginnen wir wieder langsam mit dem Arbeiten im Büro, allerdings je nach vorhandenen Räumlichkeiten in vielen Fällen mit einer deutlich reduzierten Anzahl an Mitarbeitern, die nur abwechselnd im Büro anwesend sein dürfen. Auch wenn es nur ein Teil der Kollegen ist - es ist wieder richtig schön, die Gesichter der Kollegen nach der langen Zeit mal wieder in echt und nicht nur per Videokonferenz zu sehen.
Wie haben sich die Büroschließungen auf Ihre tägliche Arbeit als Wirtschaftsprüfer ausgewirkt? In einer klassischen Jahresabschlussprüfung ist der Wirtschaftsprüfer mit seinem Team häufig vor Ort im Unternehmen. Hat die Corona-Krise die Durchführung von Jahresabschlussprüfungen beeinträchtigt?
Ja, es sind schon Beeinträchtigungen zu spüren. Insbesondere die schnelle Abstimmung und der Informationsaustausch innerhalb des Prüfungsteams, der normalerweise permanent im Prüferzimmer stattfindet, ist nun aufwändiger. Die Prüfungsleiter sind stärker gefordert, die Prüfungen zu steuern und das Prüfungsteam zusammen zu halten. In Summe sind das aber alles lösbare und eher untergeordnete Themen, wenn man das mit den Auswirkungen bei einigen unsere Mandanten vergleicht. Ich bin aber äußerst positiv überrascht, wie gut die Zusammenarbeit mit den Mandanten läuft, obwohl wir nicht vor Ort sind und die Mandanten selbst vor großen Herausforderungen stehen. Hier hat man oft das Gefühl, dass versucht wird, gemeinsam an einem Strang zu ziehen.
Die Durchführung der Prüfungen selbst ist dank der bei uns vorhandenen technischen Ausrüstung in der Regel unkompliziert möglich.
Das heißt, dank IT-Lösungen funktioniert die Abschlussprüfung auch in dieser Krise?
Wir setzen schon seit mehr als 15 Jahren in der Abschlussprüfung IT-Tools ein. So nutzen wir unsere in Teilen selbst programmierte Prüfungssoftware sowie Massendatenanalysesoftware und Spezialtools, z. B. zur Berechtigungsprüfung in SAP. Die papierlose Prüfungsakte haben wir bereits im Jahr 2013 eingeführt, Datenräume zur Übertragung der ganzen Prüfungsunterlagen, wie unser aktuelles System EShare, setzen wir auch bereits seit mehreren Jahren ein. Dadurch waren viele Mandanten bereits an die Abläufe gewöhnt und die Umstellung ging relativ reibungslos vonstatten. Das mobile Arbeiten gehört sowieso zum Prüferalltag, sei es jetzt beim Mandanten oder im Home-Office. Das hat die Kollegen in der Regel vor keine Herausforderungen gestellt.
Wie verläuft dann eine Abschlussprüfung in Zeiten von Corona?
Im Großen und Ganzen nicht anders als vorher. Nach Abschluss unserer internen Vorbereitung erfolgen die ersten Besprechungen mit den Mandanten über den Ablauf der Prüfung und die vorzubereiteten Unterlagen. Früher erfolgte das oft im Rahmen von Besprechungen beim Mandanten vor Ort oder über Telefonkonferenzen, heute werden deutlich häufiger Onlinemeetings mit Skype, Webex oder ähnlichen Tools durchgeführt. Auch die Abstimmungen im Prüfungsteam, die Besprechungen mit dem Mandanten, die Befragungen der Geschäftsführung und die Schlussbesprechungen laufen überwiegend darüber ab.
Der Datenaustausch folgt wie bisher in der Regel über gesicherte Datenräume. Hier hat sich nur der Umfang der Unterlagen nochmals erhöht: Während früher die eine oder andere Unterlage noch in Papierform eingesehen wurde, werden jetzt alle Dokumente elektronisch zur Verfügung gestellt.
Bewährt hat sich auch unsere neue interne Datenanalyseplattform, die den Prüfern die Möglichkeit bietet, einen Überblick über die einzelnen Buchungen zu bekommen und auch bei den einzelnen Prüfungshandlungen assistiert. Dadurch war der direkte Zugriff auf das Buchhaltungssystem beim Mandanten in vielen Fällen verzichtbar, so dass die durch die Home-Office-Tätigkeit schon stark ausgelasteten VPN-Systeme der Mandanten geschont werden konnten.
Am Ende einer Jahresabschlussprüfung steht der Prüfungsbericht. Dieser ist grundsätzlich in Schriftform zu erbringen. Gibt es hierfür auch schon digitale Lösungen?
Im Prüfungsbericht berichtet der Prüfer über Verlauf und Ergebnis einer Prüfung. Der Prüfungsbericht muss grundsätzlich schriftlich erteilt werden. Es ist aber auch eine elektronische Abfassung möglich. Dazu muss der Aussteller der Erklärung dem Prüfbericht seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Auch wir verfügen über die technischen Voraussetzungen für derartige digitale Prüfungsberichte. Der Vorteil liegt neben der schnelleren Abwicklung bei der Herstellung der Berichte, insbesondere wenn die Unterzeichner im Home-Office sind, als auch in der leichteren Weiterleitung der Berichte an die Adressaten und daran, dass die Originalexemplare nie „ausgehen“ können.
Gesetzt dem Fall, der Jahresabschluss kann - aus welchen Gründen auch immer - Corona-bedingt doch nicht fristgerecht beim Bundesanzeiger zur Veröffentlichung eingereicht werden, bestehen hier Erleichterungen für betroffene Unternehmen?
In der Tat wurden entlastende Maßnahmen für Unternehmen vorgesehen, die ihre Jahresabschlüsse bisher nicht fristgerecht einreichen konnten. Grundsätzlich müssen Unternehmen ihren Jahresabschluss spätestens ein Jahr nach dem Abschlussstichtag einreichen. Bei kalendergleichem Geschäftsjahr 2018 also am 31.12.2019. Wird die Offenlegungsfrist versäumt, ergehen regelmäßig Androhungsverfügungen mit einer sechswöchigen Nachfrist zur Offenlegung. Wegen der Corona-Krise gelten Erleichterungen für Unternehmen, die zwischen dem 6.2.2020 und dem 20.3.2020 eine Androhungsverfügung erhalten haben. Sie können die Rechnungslegungsunterlagen für das Geschäftsjahr 2018 nachträglich zwischen dem 1.5.2020 und dem 12.6.2020 einreichen. Dann wird das angedrohte Ordnungsgeld nicht festgesetzt.