deen

Steuerberatung

Abzinsung eines Darlehens trotz nachträglicher Zinsvereinbarung

FG Köln 1.9.2016, 12 K 3383/14

In der Bi­lanz Ver­bind­lich­kei­ten sind un­ter sinn­gemäßer An­wen­dung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG an­zu­set­zen und mit einem Zins­satz von 5,5 % ab­zu­zin­sen. Maßge­bend sind die Verhält­nisse zum je­wei­li­gen Bi­lanz­stich­tag; da­nach ein­tre­tende Umstände wir­ken steu­er­lich nicht zurück.

Der Sach­ver­halt:
Die Be­tei­lig­ten strei­ten im An­schluss an eine Be­triebsprüfung über die Ab­zin­sung von Dar­le­hen gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Die Kläge­rin be­treibt einen Ein­zel­han­del mit A und einen Han­del für B. Bis 2009 er­mit­telte sie den Ge­winn gem. § 4 Abs. 3 EStG durch Ein­nahme-Über­schuss­rech­nung, seit 2010 (Streit­jahr) er­stellt sie für beide Be­triebe Bi­lan­zen. Mit Fer­tig­stel­lungs­zeit­punkt 2011 er­rich­tete die Kläge­rin auf dem zu­vor er­wor­be­nen Grundstück "C-Straße" in M ein ge­mischt ge­nutz­tes Gebäude. Die An­schaf­fungs­kos­ten des Grund- und Bo­dens und die Bau­kos­ten be­tru­gen rd. 1,6 Mio. €. Nach den Fest­stel­lun­gen der Be­triebsprüfung nutzt die Kläge­rin das Ob­jekt zu 17,35 % für ei­gene Wohn­zwe­cke, zu 63,92 % für den Ein­zel­han­del A und zu 18,73 % für den Be­trieb B.

Die Bau­kos­ten fi­nan­zierte die Kläge­rin mit di­ver­sen Dar­le­hen, die sie mit dem Nenn­wert als sons­tige Ver­bind­lich­kei­ten pas­si­vierte. So gin­gen in 2010 auf dem Be­triebs­konto als be­trieb­li­che Dar­le­hen ver­buchte Aus­landsüber­wei­sun­gen i.H.v. rd. 240.000 € (22.1.2010) und rd. 260.000 € (20.1.2010) ein. Zum Nach­weis legte die Kläge­rin auf den 14.10.2009 da­tie­rende Dar­le­hens­verträge mit den im Aus­land wohn­haf­ten Herrn F (Dar­le­hens­be­trag 240.000 € und P (Dar­le­hens­be­trag 260.000 €) vor. Ein Zins wurde da­nach nicht ge­schul­det, die Rück­zah­lung der Dar­le­hen sollte ver­trags­gemäß ab Ok­to­ber 2030 in­ner­halb von 15 Jah­ren in gleichmäßigen Ra­ten er­fol­gen. Als Ver­wen­dungs­zweck ist in bei­den Dar­le­hens­verträgen "Neu­bau ei­nes Ge­schäfts­hau­ses" an­ge­ge­ben. F ist der Schwa­ger der Kläge­rin, zu P be­steht kein Ver­wandt­schafts­verhält­nis.

Nach Erörte­rung schen­kung­steu­er­li­cher Kon­se­quen­zen über­sandte die Kläge­rin im No­vem­ber 2012 auf Au­gust 2012 da­tie­rende Zu­satz­ver­ein­ba­run­gen. Darin heißt es, "in Ergänzung" zu den Dar­le­hens­verträgen vom 14.10.2009 werde hier­mit ver­ein­bart, dass ab dem 1.1.2012 je­weils zum Jah­res­ende Zin­sen i.H.v. 2 % zu zah­len sind. Der Prüfer wies dar­auf hin, dass un­ver­zins­li­che Ver­bind­lich­kei­ten er­trag­steu­er­lich nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG ab­zu­zin­sen seien, nach dem Stich­tags­prin­zip auf die Verhält­nisse zum Bi­lanz­stich­tag ab­ge­stellt wer­den müsse und die nachträgli­chen Ver­ein­ba­run­gen er­trag­steu­er­lich nicht zurück­wirk­ten. Dem­gemäß zin­ste der Prüfer die Dar­le­hen für die ver­trag­lich ver­ein­barte Lauf­zeit ab. Die Un­ter­schieds­beträge zwi­schen den Dar­le­hens­nenn­beträgen und den steu­er­li­chen Wert­ansätzen rech­nete er dem Ge­winn hinzu.

Das FG wies die ge­gen die er­folgte Ab­zin­sung ge­rich­tete Klage ab. Die Re­vi­sion zum BFH wurde nicht zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt hat zu Recht die in Rede ste­hen­den Dar­le­hens­ver­bind­lich­kei­ten zum Bi­lanz­stich­tag 31.12.2010 nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG ab­ge­zinst und den Ge­winn aus Ge­wer­be­be­trieb ent­spre­chend erhöht.

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG sind in der Bi­lanz Ver­bind­lich­kei­ten un­ter sinn­gemäßer An­wen­dung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG an­zu­set­zen und mit einem Zins­satz von 5,5 % ab­zu­zin­sen. Aus­ge­nom­men von der Ab­zin­sung sind Ver­bind­lich­kei­ten, de­ren Lauf­zeit am Bi­lanz­stich­tag we­ni­ger als zwölf Mo­nate beträgt, und Ver­bind­lich­kei­ten, die ver­zins­lich sind oder auf ei­ner An­zah­lung oder Vor­aus­zah­lung be­ru­hen. Vor­lie­gend ist kei­ner der Aus­nah­me­tat­bestände des § 6 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 EStG ein­schlägig, das in § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG nor­mierte Ab­zin­sungs­ge­bot da­her an­zu­wen­den. Die zum Neu­bau des Ge­schäfts­hau­ses bei P und F auf­ge­nom­men Dar­le­hen dien­ten be­trieb­li­chen Zwecken. Sie wur­den der Kläge­rin lang­fris­tig gewährt, ohne dass die Kläge­rin dafür Zin­sen zu leis­ten hatte. Die Be­wer­tungs­ansätze berück­sich­ti­gen die ver­ein­barte Lauf­zeit der Dar­le­hen, der Zins­satz von 5,5 % ent­spricht den Vor­ga­ben des Ge­set­zes.

Dem Ab­zin­sungs­ge­bot steht nicht ent­ge­gen, dass in 2012 geänderte, nun­mehr ver­zins­li­che Dar­le­hens­verträge ab­ge­schlos­sen wur­den. Denn für die Bi­lan­zie­rung maßge­bend sind die Verhält­nisse zum je­wei­li­gen Bi­lanz­stich­tag. Da­nach ein­tre­tende Umstände - wie nachträgli­che Zu­satz- bzw. Auf­he­bungs­ver­ein­ba­run­gen - wir­ken steu­er­lich nicht zurück. Der Steu­er­pflich­tige kann auf einen ent­stan­de­nen Steu­er­an­spruch nicht mit Wir­kung für die Ver­gan­gen­heit Ein­fluss neh­men, so­fern dies in dem je­wei­li­gen Ein­zel­steu­er­ge­setz nicht ausdrück­lich vor­ge­se­hen ist. Eine schuld­recht­li­che Rück­be­zie­hung von Verträgen ist nur aus­nahms­weise an­zu­er­ken­nen, z.B. wenn sie nur von kur­zer Dauer ist und sich steu­er­recht­li­che Fol­gen dar­aus nicht er­ge­ben. Ein da­hin­ge­hen­der Aus­nah­me­fall liegt hier nicht vor. Die Ände­rung der Dar­le­hens­verträge in 2012 ist eine wert­begründende Tat­sa­che, die eine neue Si­tua­tion schafft und da­mit al­len­falls für 2012 Wir­kung ent­fal­ten kann.

So­weit die Kläge­rin die Un­ver­zins­lich­keit der Dar­le­hen in Frage ge­stellt hat, kann sie da­mit nicht durch­drin­gen. Zwar ist der Kläge­rin darin bei­zu­pflich­ten, dass es für die Ver­zins­lich­keit ei­nes Dar­le­hens nicht nur auf die No­mi­nal­ver­zin­sung an­kommt, son­dern in­so­weit auch an­dere mit der Dar­le­hens­gewährung ver­bun­dene Leis­tungs­pflich­ten des Dar­le­hens­neh­mers be­deut­sam sein können. Auch ist nicht er­for­der­lich, dass der Zins­satz dem Ka­pi­tal­markt­ni­veau im Zeit­punkt der Ver­ein­ba­rung ent­spricht. Es ist aber nicht nach­ge­wie­sen, dass ent­ge­gen dem Wort­laut der Ver­trags­ur­kun­den eine kon­krete Ge­gen­leis­tung ver­ein­bart und eine Vergütung für die Ka­pi­talüber­las­sung ge­schul­det wurde. Ohne Er­folg be­ruft sich die Kläge­rin auch dar­auf, dass über­haupt keine Be­triebs­schul­den vor­lie­gen würden. Der An­lass der Dar­le­hens­auf­nahme, die Ver­wen­dung der Mit­tel und die von der Kläge­rin selbst vor­ge­nom­mene Bi­lan­zie­rung spre­chen für die An­nahme be­trieb­li­cher Ver­bind­lich­kei­ten.

Auch die - bei Verträgen un­ter na­hen An­gehöri­gen zu be­ach­ten­den - Grundsätze des Fremd­ver­glei­ches ste­hen der Berück­sich­ti­gung ei­ner Be­triebs­schuld und de­ren Be­wer­tung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG hier nicht ent­ge­gen. Zum einen be­steht zum Dar­le­hens­ge­ber P kein und zu F als Schwa­ger je­den­falls kein en­ges Ver­wandt­schafts­verhält­nis, dass von vorn­her­ein auf einen In­ter­es­sen­gleich­klang hin­deu­tet. Zum an­de­ren geht es um die Pas­si­vie­rung von Dar­le­hen, die ein­deu­tig im Zu­sam­men­hang mit der Her­stel­lung ei­nes be­trieb­li­chen Wirt­schafts­gu­tes auf­ge­nom­men, hin­sicht­lich der bei­der­sei­ti­gen Pflich­ten klar ge­re­gelt und von der Kläge­rin selbst als Be­triebs­schul­den aus­ge­wie­sen wur­den.

Link­hin­weis:

nach oben