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Rechtsberatung

Actio pro socio durch gesellschaftliche Treuepflicht beschränkt

BGH v. 22.1.2019 - II ZR 143/17

Das Recht des ein­zel­nen Ge­sell­schaf­ters, im Wege der ac­tio pro so­cio, also die ge­richt­li­che Gel­tend­ma­chung der Ge­sell­schaft zu­ste­hen­der So­zi­al­an­sprüche durch einen ein­zel­nen Ge­sell­schaf­ter, ge­gen einen Mit­ge­sell­schaf­ter vor­zu­ge­hen, ist be­schränkt durch die Grundsätze der ge­sell­schafts­recht­li­chen Treue­pflicht und kann sich als rechts­missbräuch­lich dar­stel­len.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist Kom­man­di­tis­tin ei­ner KG. Die Be­klag­ten sind die Kom­ple­mentärin und eine wei­tere Kom­man­di­tis­tin der­sel­ben KG. Der Ge­sell­schafts­ver­trag der KG sah ein Ka­pi­tal in Höhe von 10.000 € vor, wo­bei sich die Kom­man­di­tis­ten je­weils mit 5.000 € als Pflicht­ein­lage be­tei­li­gen soll­ten.

Ent­spre­chend ih­rem Un­ter­neh­mens­ge­gen­stand er­warb die KG ein Grundstück, um es nach er­teil­ter Bau­ge­neh­mi­gung wie­der zu veräußern. Im Zuge der Veräußerung wurde mit der Käuferin des Grundstücks ver­ein­bart, dass eine Kauf­preis­rate erst dann fällig werde, so­bald die KG ein Haft­ka­pi­tal von 200.000 € aus­weise. Mit ei­ner von sämt­li­chen Ge­sell­schaf­tern der KG un­ter­zeich­ne­ten Han­dels­re­gis­ter­an­mel­dung wurde eine Erhöhung der Ein­la­gen der Kom­man­di­tis­ten auf je­weils ins­ge­samt 100.000 €  zur Ein­tra­gung an­ge­mel­det. Ins­be­son­dere die be­klagte Kom­man­di­tis­tin zahlte in der Fol­ge­zeit die wei­te­ren 95.000 € ih­res An­teils nicht ein.

Die KG und die Kläge­rin er­ho­ben ge­mein­sam eine Klage ge­gen die an­dere Kom­man­di­tis­tin und die Kom­ple­mentärin der KG auf Zah­lung der Ein­lage, wo­bei die Klage der KG vor dem LG er­folg­reich war und das OLG die Be­ru­fung der Be­klag­ten ab­wies. Die Kläge­rin stützte ih­ren An­spruch auf eine ac­tio pro so­cio. Die Kläge­rin blieb hin­ge­gen vor dem LG er­folg­los, das OLG gab der hier­auf ge­rich­te­ten Be­schwerde der Kläge­rin je­doch statt. Die Re­vi­sion der Be­klag­ten bezüglich der Ent­schei­dung des OLG war er­folg­reich.

Die Gründe:
Die Kläge­rin kann sich nicht auf die Grundsätze der ac­tio pro so­cio für den von ihr gel­tend ge­mach­ten So­zi­al­an­spruch ge­gen die Be­klagte be­ru­fen.

Das Recht des ein­zel­nen Ge­sell­schaf­ters, im Wege der ac­tio pro so­cio, also die ge­richt­li­che Gel­tend­ma­chung der Ge­sell­schaft zu­ste­hen­der So­zi­al­an­sprüche durch einen ein­zel­nen Ge­sell­schaf­ter, ge­gen einen Mit­ge­sell­schaf­ter vor­zu­ge­hen, ist be­schränkt durch die Grundsätze der ge­sell­schafts­recht­li­chen Treue­pflicht und kann sich un­ter die­sem Blick­win­kel nach den kon­kre­ten Ge­sell­schafts­verhält­nis­sen, zu de­nen auch das Ver­hal­ten des sich auf die Be­fug­nis be­ru­fen­den Ge­sell­schaf­ters gehört, als rechts­missbräuch­lich dar­stel­len. Der Ge­sell­schafts­ver­trag bil­det die Grund­lage der ge­sell­schaft­li­chen Treue­pflicht und be­stimmt da­mit auch de­ren In­halt und Um­fang. Sie schließt ge­genüber der Ge­sell­schaft die Pflicht ein, de­ren In­ter­es­sen wahr­zu­neh­men und ge­schäfts­schädi­gende Hand­lun­gen zu un­ter­las­sen.

Der Kla­ge­er­he­bung, die zeit­gleich mit der Klage der KG er­ho­ben wurde, steht der Ein­wand der un­zulässi­gen Rechts­ausübung gem. § 242 BGB ent­ge­gen, da dies der ihr als Kom­man­di­tis­tin ob­lie­gen­den Treue­pflicht aus dem Ge­sell­schafts­verhält­nis zur be­klag­ten an­de­ren Kom­man­di­tis­tin wi­der­spricht. Die ei­gene zeit­glei­che Kla­ge­er­he­bung war für die Durch­set­zung der For­de­rung nicht er­for­der­lich. Die al­lein kos­ten­trei­bende Art der Durch­set­zung verstößt ge­gen die ge­sell­schafts­recht­li­che Treue­pflicht. Zu­dem wur­den so­wohl die KG als auch die Kläge­rin durch die glei­che Ge­schäftsführe­rin im Pro­zess ver­tre­ten, die auch den glei­chen Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten be­stellt hatte.

Link­hin­weis:
Für den in der Ent­schei­dungs­da­ten­bank des Bun­des­ge­richts­hofs veröff­ent­lich­ten Voll­text der Ent­schei­dung kli­cken Sie bitte hier.

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