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Änderungsmöglichkeit nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO bei Nichtabgabe nachträglich angeforderter Fahrtenbücher

FG Münster 20.1.2016, 11 K 2168/14 E,G

Der Um­stand, dass nachträglich an­ge­for­derte Fahr­tenbücher nicht vor­ge­legt wur­den, führt zu ei­ner Ände­rungsmöglich­keit nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Ein­zelne Blätter mit je­weils fünf Rei­hen und acht Spal­ten, in de­nen Ein­tra­gun­gen für fünf Tage ei­ner Wo­che mit An­ga­ben zum Rei­se­ziel, ge­fah­re­nen Ki­lo­me­tern und Pau­scha­len für einen Ver­pfle­gungs­mehr­auf­wand ein­ge­tra­gen wer­den, können ge­ge­be­nen­falls als Rei­se­kos­ten­ab­rech­nung ge­eig­net sein; ein Fahr­ten­buch können sie al­ler­dings nicht er­set­zen.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger ist als Un­ter­neh­mer i.S.d. UStG tätig und er­zielt um­satz­steu­er­pflich­tige Umsätze. Das Fi­nanz­amt hatte zunächst Ein­kom­men­steu­er­be­scheide für 2007, 2008 und 2010 und Ge­wer­be­steu­er­mess­be­scheide für 2007 bis 2010 er­las­sen, in de­nen es die Kläger erklärungs­gemäß nach den ein­ge­reich­ten Steu­er­erklärun­gen und Ein­nahme-Über­schuss-Rech­nun­gen ver­an­lagte. Die Steu­er­be­scheide stan­den nicht un­ter dem Vor­be­halt der Nachprüfung. Im Fe­bruar 2013 reichte der Kläger dann die Ein­kom­men­steu­er­erklärung für 2011 ein. In der bei­gefügten Ein­nahme-Über­schuss-Rech­nung war eine Pri­va­tent­nahme von 347 € we­gen pri­va­ter Pkw-Nut­zung bei den Be­triebs­ein­nah­men aus­ge­wie­sen.

Das Fi­nanz­amt ver­an­lagte den Kläger zunächst erklärungs­gemäß, for­derte ihn je­doch auf, das Fahr­ten­buch für das Jahr 2011 vor­zu­le­gen. Der Kläger reichte dar­auf­hin ein­zelne Blätter mit je­weils fünf Rei­hen und acht Spal­ten ein, in de­nen Ein­tra­gun­gen für fünf Tage ei­ner Wo­che mit An­ga­ben zum Rei­se­ziel, ge­fah­re­nen Ki­lo­me­tern und Pau­scha­len für einen Ver­pfle­gungs­mehr­auf­wand ein­ge­tra­gen wer­den konn­ten. In den Auf­zeich­nun­gen wur­den je­doch keine An­ga­ben zum Ki­lo­me­ter­stand ge­macht. Der Kläger erläuterte, dass die Pri­vat­nut­zung des Pkw im Jahr 2011 ins­ge­samt 5,33% be­tra­gen habe und dass die Pri­va­tent­nahme dem­ent­spre­chend be­rech­net wor­den sei.

Das Fi­nanz­amt teilte dem Kläger mit, dass die Auf­zeich­nun­gen nicht den An­for­de­run­gen an ein ord­nungs­gemäßes Fahr­ten­buch genügten, so dass die Fahr­ten­buch­re­ge­lung keine An­wen­dung fin­den könne. Es bat ihn zu­dem, die Brut­to­lis­ten­preise der dem Be­trieb in den Streit­jah­ren zu­ge­ord­ne­ten Pkw mit­zu­tei­len, was der Kläger je­doch nicht tat. Das Fi­nanz­amt be­rech­nete in­fol­ge­des­sen die Ent­nahme für die pri­vate Pkw-Nut­zung nach der sog. 1%-Re­ge­lung und er­ließ geänderte Ein­kom­men­steu­er­be­scheide für 2007, 2008 und 2010. Zu­dem er­ließ es geänderte Ge­wer­be­steu­er­mess­be­scheide für 2007 bis 2010. Da der Kläger die Brut­to­lis­ten­preise der von ihm pri­vat ge­nutz­ten Pkw nicht mit­ge­teilt hatte, schätzte es die­sen auf 40.00 €.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt hatte die pri­vate Nut­zung der be­trieb­li­chen Pkw durch den Kläger zu Recht nach der sog. 1%-Re­gel gem. § 4 Abs. 1 S. 2 i.V.m. 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG berück­sich­tigt. Wenn ein Steu­er­pflich­ti­ger, der sei­nen Ge­winn nach § 4 Abs. 3 EStG er­mit­telt, sich auf die für ihn güns­ti­gere Fahr­ten­buch­re­ge­lung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 3 EStG be­ru­fen möchte, muss er in ei­ge­nem In­ter­esse ein ent­spre­chen­des Fahr­ten­buch führen und auf­be­wah­ren. Die­sen Nach­weis hat der Kläger nicht er­bracht, da er dem Ge­richt keine Fahr­tenbücher vor­ge­legt hatte.

Das Fi­nanz­amt war auch nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ver­fah­rens­recht­lich zur Ände­rung der an­ge­foch­te­nen Steu­er­be­scheide be­rech­tigt. Da­nach sind Steu­er­be­scheide zu ändern, so­weit Tat­sa­chen oder Be­weis­mit­tel nachträglich be­kannt­wer­den, die zu ei­ner höheren Steuer führen. Die Tat­sa­che, die vor­lie­gend zu ei­ner höheren Steuer führte, lag darin, dass der Kläger kein ord­nungs­gemäßes Fahr­ten­buch geführt hatte. Diese Tat­sa­che war dem Fi­nanz­amt bei Er­lass der ur­sprüng­li­chen Steu­er­be­scheide nicht be­kannt.

Bei An­wen­dung des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO trägt grundsätz­lich das Fi­nanz­amt die Fest­stel­lungs­last für das Vor­lie­gen der neuen Tat­sa­chen. Die­sen An­for­de­run­gen hatte das Fi­nanz­amt im vor­lie­gen­den Fall genügt. Es stand zur Über­zeu­gung des Se­nats fest, dass der Kläger auch in den Streit­jah­ren kein ord­nungs­gemäßes Fahr­ten­buch geführt hatte. Das vom Kläger für das Jahr 2011 vor­ge­legte Fahr­ten­buch war nicht ord­nungs­gemäß. Die vom Kläger ver­wen­de­ten For­mu­lare ver­moch­ten zwar ge­ge­be­nen­falls als Rei­se­kos­ten­ab­rech­nung ge­eig­net ge­we­sen sein. Ein Fahr­ten­buch können sol­che Rei­se­kos­ten­ab­rech­nun­gen al­ler­dings nicht er­set­zen.

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