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AGB: Zur Verlängerung der Frist für die Verjährung einer Bürgschaftsforderung

BGH 21.4.2015, XI ZR 200/14

Die Re­gel­verjährungs­frist nach § 195 BGB von drei Jah­ren gehört zwar zu den we­sent­li­chen Grund­ge­dan­ken des Verjährungs­rechts, so­dass bei ei­ner Ab­wei­chung da­von in AGB nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB im Zwei­fel eine un­an­ge­mes­sene Be­nach­tei­li­gung des Ver­trags­part­ners an­zu­neh­men ist. Diese Ver­mu­tung ist aber wi­der­legt, wenn die be­tref­fende Klau­sel auf Grund­lage ei­ner um­fas­sen­den In­ter­es­sen­abwägung in ih­rer Ge­samt­heit den Kun­den nicht un­an­ge­mes­sen be­nach­tei­ligt.

Der Sach­ver­halt:
Die kla­gende Bank nimmt den Be­klag­ten aus ei­ner selbst­schuld­ne­ri­schen Höchst­be­tragsbürg­schaft auf Zah­lung von 10.000 € in An­spruch. Der Be­klagte über­nahm am 15.8.2007 eine selbst­schuld­ne­ri­sche Höchst­be­tragsbürg­schaft bis zu einem Be­trag von 10.000 € für be­ste­hende, künf­tige und be­dingte For­de­run­gen der Kläge­rin ge­gen die K-GmbH (Haupt­schuld­ne­rin). Nach Ziff. 2.3 der von der Kläge­rin ge­stell­ten Bürg­schafts­ur­kunde sollte die Bürg­schaft mit den For­de­run­gen der Kläge­rin ge­gen die Haupt­schuld­ne­rin oder im Zeit­punkt der Eröff­nung ei­nes In­sol­venz­ver­fah­rens über das Vermögen der Haupt­schuld­ne­rin fällig wer­den. In der Ur­kunde war un­ter Nr. 3.8 wei­ter an­ge­ord­net: "Die An­sprüche aus der Bürg­schaft verjähren nach Ab­lauf von fünf Jah­ren be­gin­nend mit dem Ende des Jah­res, in dem diese An­sprüche fällig wer­den."

Am 26.11.2008 kündigte die Kläge­rin die Ge­schäfts­ver­bin­dung zur Haupt­schuld­ne­rin, was sie dem Be­klag­ten am dar­auf­fol­gen­den Tag mit­teilte. Am 16.12.2008 wurde das In­sol­venz­ver­fah­ren über das Vermögen der Haupt­schuld­ne­rin eröff­net. Mit Schrei­ben vom 16.7.2009 for­derte die Kläge­rin den Be­klag­ten er­folg­los auf, auf­grund der über­nom­me­nen Bürg­schaft den ak­tu­el­len Kre­dits­aldo der Haupt­schuld­ne­rin i.H.v. rd. 7.200 € aus­zu­glei­chen. Am 7.1.2010 erklärte der In­sol­venz­ver­wal­ter über das Vermögen der Haupt­schuld­ne­rin ge­genüber der Kläge­rin in Höhe ei­nes wei­te­ren Be­trags von rd. 2.800 € die in­sol­venz­recht­li­che An­fech­tung we­gen in­kon­gru­en­ter De­ckung, da in die­ser Höhe der ne­ga­tive Saldo auf dem Gi­ro­konto der Haupt­schuld­ne­rin durch Zah­lungs­eingänge zurück­geführt wor­den sei. Die Kläge­rin zahlte die­sen Be­trag an den In­sol­venz­ver­wal­ter und ver­langte wie­derum ver­geb­lich des­sen Er­stat­tung von dem Be­klag­ten bis 7.12.2011.

Die Kläge­rin be­an­tragte am 2.12.2009 Mahn­be­scheid über 7.200 € nebst Zin­sen, der am 3.12.2009 er­las­sen und am 31.3.2011 dem Be­klag­ten zu­ge­stellt wurde. Nach Wi­der­spruch des Be­klag­ten begründete sie mit Schrift­satz vom 4.2.2013, der am fol­gen­den Tag bei Ge­richt ein­ging und dem Be­klag­ten am 23.2.2013 zu­ge­stellt wurde, ih­ren An­spruch und be­an­tragte un­ter Er­wei­te­rung der Klage die Ver­ur­tei­lung des Be­klag­ten zur Zah­lung von 10.000 € nebst Zin­sen.

Das LG gab der Klage statt. Auf die Be­ru­fung des Be­klag­ten änderte das OLG die Ver­ur­tei­lung des Be­klag­ten in einem Teil der Zins­for­de­rung ab. Im Übri­gen wies es die Be­ru­fung zurück. Die Re­vi­sion des Be­klag­ten hatte vor dem BGH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Der Kläge­rin steht ge­gen den Be­klag­ten nach § 765 Abs. 1 BGB aus der von die­sem über­nom­me­nen Bürg­schaft ein An­spruch auf Zah­lung von 10.000 € zu, dem nicht die rechts­hem­mende Ein­rede der Verjährung ent­ge­gen­steht.

Das OLG ist zu Recht da­von aus­ge­gan­gen, dass die von dem Be­klag­ten über­nom­mene Bürg­schaft nicht nur den bei Kündi­gung der Ge­schäfts­ver­bin­dung mit der Haupt­schuld­ne­rin auf de­ren Gi­ro­konto be­ste­hen­den ne­ga­ti­ven Saldo von rd. 7.200 € um­fasst, son­dern auch den in­folge der in­sol­venz­recht­li­chen An­fech­tung von der Kläge­rin zurück­be­zahl­ten Be­trag von rd. 2.800 €. Der An­spruch der Kläge­rin ist nicht nach § 214 Abs. 1 BGB verjährt. Die Verlänge­rung der Verjährungs­frist auf fünf Jahre ab dem Ende des Jah­res, in dem die Bürg­schafts­for­de­rung fällig ge­wor­den ist, ist wirk­sam. Diese AGB-Re­ge­lung verstößt nicht ge­gen zwin­gen­des Recht und hält ei­ner In­halts­kon­trolle nach § 307 BGB stand. Die da­nach maßgeb­li­che fünfjährige Verjährungs­frist war zum Zeit­punkt des Ein­gangs der An­spruchs­begründung bei Ge­richt so­wie de­ren Zu­stel­lung noch nicht ab­ge­lau­fen.

Nr. 3.8 der Bürg­schafts­be­din­gun­gen ist nicht gem. § 307 Abs. 1 BGB un­wirk­sam, da sie den Be­klag­ten nicht ent­ge­gen den Ge­bo­ten von Treu und Glau­ben un­an­ge­mes­sen be­nach­tei­ligt. Die Re­gel­verjährungs­frist nach § 195 BGB von drei Jah­ren gehört zwar zu den we­sent­li­chen Grund­ge­dan­ken des Verjährungs­rechts, so­dass bei ei­ner Ab­wei­chung da­von in AGB nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB im Zwei­fel eine un­an­ge­mes­sene Be­nach­tei­li­gung des Ver­trags­part­ners an­zu­neh­men ist. Diese Ver­mu­tung ist aber wi­der­legt, wenn wie hier die be­tref­fende Klau­sel auf Grund­lage ei­ner um­fas­sen­den In­ter­es­sen­abwägung in ih­rer Ge­samt­heit den Kun­den nicht un­an­ge­mes­sen be­nach­tei­ligt.

In der BGH-Recht­spre­chung sind for­mu­larmäßige Verlänge­run­gen der Verjährungs­frist ge­bil­ligt wor­den, wenn diese sach­lich ge­recht­fer­tigt sind und maßvoll er­fol­gen. Da­bei spricht es für die in­halt­li­che Aus­ge­wo­gen­heit ei­ner sol­chen Klau­sel, wenn die Begüns­ti­gung des Ver­wen­ders durch Vor­teile für des­sen Ver­trags­part­ner kom­pen­siert wird. Die vor­lie­gende Klau­sel sieht nicht nur eine die Kläge­rin als Ver­wen­de­rin begüns­ti­gende maßvolle Verlänge­rung der Verjährungs­frist vor, son­dern enthält bei der Re­ge­lung des Be­ginns der Verjährungs­frist und de­ren Höchst­dauer auch Vor­teile für den Be­klag­ten als Bürgen.

Die Verjährungs­frist von fünf Jah­ren für An­sprüche aus der Bürg­schaft soll nach dem kla­ren Wort­laut der Klau­sel in je­dem Fall Gel­tung be­an­spru­chen und verdrängt da­her nicht nur die Re­gel­verjährung von drei Jah­ren aus § 195 BGB, son­dern auch die kennt­nis­un­abhängige Verjährungshöchst­frist von zehn Jah­ren nach § 199 Abs. 4 BGB. Zu­dem be­stimmt die Klau­sel nach dem wie­derum ein­deu­ti­gen Wort­laut als Be­ginn der Verjährungs­frist das Ende des Jah­res, in dem die Bürg­schafts­an­sprüche nach Ziff. 2.3 der AGB, die sich in­so­weit nicht von der ge­setz­li­chen Re­ge­lung un­ter­schei­den, fällig wer­den. Ab­wei­chend von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB be­ginnt da­mit die Verjährung un­abhängig von Kennt­nis bzw. grob fahrlässi­ger Un­kennt­nis des Bürg­schaftsgläubi­gers von der An­spruchs­ent­ste­hung. Auf Grund­lage die­ses Verständ­nis­ses be­nach­tei­ligt die Klau­sel in ih­rer Ge­samt­heit den Ver­trags­part­ner des Ver­wen­ders nicht un­an­ge­mes­sen.

Link­hin­weis:

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