Im Streitfall beantragte eine Societas Europaea (SE) die Freigabe eines auf ihrer ordentlichen Hauptversammlung gefassten Beschlusses betreffend eine Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien nach einem Delisting-Verfahren, bei dem die SE selbst als Bieterin zum Erwerb eigener Aktien auftrat. Gegen den Beschluss wurde Widerspruch erhoben und Klage eingereicht. Die SE beantragt die Freigabe des Beschlusses.
Gemäß § 327a Abs. 1 AktG kann die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft auf Verlangen eines Aktionärs, dem 95 % der Aktien gehören (Hauptaktionär), die Übertragung der Aktien der übrigen Aktionäre (Minderheitsaktionäre) auf den Hauptaktionär gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung beschließen. Das Kammergericht Berlin entschied mit rechtskräftigem Beschluss vom 16.10.2023 (Az. 2 AktG 1/23), dass die Durchführung eines den gesetzlichen Voraussetzungen genügenden Squeeze-Outs nur in eklatanten Fallgestaltungen als rechtsmissbräuchlich angesehen werden kann. Derartige eklatante Fallgestaltungen kommen etwa in Betracht, wenn deutliche Anhaltspunkte für eine Entfremdung des gesetzgeberischen Zwecks bestehen und stattdessen ein anderweitig aufgestelltes Verbot unterlaufen wird. Eklatant wäre auch, wenn die beabsichtigte Maßnahme in ihrer Benachteiligung der Minderheit deutlich über das vom Gesetz vorgesehene Maß hinausgeht. Dabei sind laut Kammergericht an den von den Minderheitsaktionären zu führenden Nachweis einer Zweckentfremdung hohe Anforderungen zu stellen.
Weiter stellt das Gericht klar, dass Aktionäre, die die gerichtliche Bestellung eines Sonderprüfers nach § 142 Abs. 2 AktG begehren, ihren Aktienbesitz bis zur Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung über die Sonderprüfung halten müssen. Der Antrag ist demnach unzulässig, wenn ein sie betreffender Squeeze Out vor diesem Zeitpunkt erfolgt. Sofern damit einem noch nicht rechtskräftig beschiedenen Antrag auf Sonderprüfung der Boden entzogen wird, kann dies den Squeeze Out rechtsmissbräuchlich machen. Dies setzt allerdings voraus, dass konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Hauptaktionäre den Squeeze Out mit dem Ziel betreiben, die Sonderprüfung zu unterlaufen.
Für die Beschlussfassung über den Squeeze Out ist die Auslegung der festgestellten Jahresabschlüsse erforderlich. Nicht erforderlich ist die Auslegung des Jahresabschlusses, der nur vom Vorstand aufgestellt, bisher jedoch weder geprüft noch vom Aufsichtsrat gebilligt wurde.
Schließlich stellt das Kammergericht in seinem Beschluss klar, dass im Gegensatz zum Abbruch der Prüfung die bloße Nichtabgabe eines Prüfungsurteils durch den Abschlussprüfer eine formal ordnungsgemäße Beendigung der Prüfung ermöglicht und demzufolge auch die Feststellung des Jahresabschlusses erlaubt.