Der Sachverhalt:
Der Beklagte war Geschäftsführer der C-GmbH (Schuldnerin), über deren Vermögen auf Eigenantrag vom 26.3.2009 am 27.5.2009 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Die Schuldnerin unterhielt bei der O-Bank AG L. ein debitorisch geführtes Kontokorrentkreditkonto mit einem Kreditrahmen von 350.000 €. Durch Globalzessionsverträge vom 17.12.2002 und 8.12.2005 trat die Schuldnerin der O-Bank zur Sicherung aller bestehenden, künftigen und bedingten Ansprüche aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung sämtliche bestehenden und künftigen Forderungen aus Warenlieferungen und Leistungen ab.
LG und OLG gaben der Klage in vollem Umfang statt. Auf die Revision des Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil insoweit auf, als der Beklagte über den Betrag von 50.000 € nebst Zinsen hinaus zur Zahlung verurteilt worden ist und verwies die Sache Im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Die Gründe:
Die Annahme des OLG, die Schuldnerin sei ab dem 12.1.2009 zahlungsunfähig und damit insolvenzreif gewesen, ist von Rechtsfehlern beeinflusst.
Die Feststellung des OLG, am 12.1.2009 hätten fällige Verbindlichkeiten der Schuldnerin zumindest i.H.v. über 100.000 € bestanden, die bis zur Insolvenzeröffnung nicht beglichen worden seien, ist verfahrensfehlerhaft. Das OLG hat offengelassen, ob zu der Zeit auch fällige Forderungen der C. M. GmbH i.H.v. rd. 28.500 € und der R Ltd. über rd. 84.000 € gegen die Schuldnerin bestanden, da auch bei Nichtberücksichtigung dieser Forderungen ein zur Annahme der Zahlungseinstellung ausreichender Gesamtbetrag von bis zur Insolvenzeröffnung unbeglichenen Verbindlichkeiten zu bejahen sei. Dabei hat das OLG erwogen, das unter Zeugenbeweis gestellte Bestreiten der beiden Forderungen durch den Beklagten für unerheblich zu halten, weil der Beklagte als Geschäftsführer der Schuldnerin der Feststellung der betreffenden Forderungen zur Insolvenztabelle nicht widersprochen habe. In dem unterbliebenen Widerspruch hat das OLG ein gewisses Indiz dafür gesehen, dass das nunmehrige Bestreiten eher ins Blaue hinein erfolge. Diese Erwägungen tragen indes nicht.
Der Beklagte hat unter Darlegung der hierzu getroffenen Absprachen eingewandt, dass die Forderung der C. M. GmbH am 12.1.2009 nicht fällig gewesen sei. Die Erheblichkeit dieses Vorbringens kann ersichtlich nicht schon deshalb verneint werden, weil der Beklagte es einige Monate später nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterlassen hat, die zur Tabelle angemeldete Forderung als Geschäftsführer der Schuldnerin zu bestreiten. Zur Forderung der R Ltd. hat der Beklagte, wie die Revision aufzeigt, im Einzelnen unter Beweisantritt vorgetragen, dass diese Forderung nach der Verrechnung eines Garantiemängelanspruchs und weiterer Ansprüche, die sich unter Einbeziehung einer US-amerikanischen Tochtergesellschaft der Schuldnerin ergeben hätten, Anfang 2009 nicht (mehr) bestanden habe.
Bei der Würdigung dieses Vorbringens kann der unterbliebene Widerspruch der Schuldnerin nach Anmeldung der Forderung zur Insolvenztabelle zwar im Ergebnis berücksichtigt werden. Denn wenngleich sich die nach § 178 Abs. 3 InsO bestehende Rechtskraftwirkung der Feststellung zur Insolvenztabelle nicht auf Dritte wie den Geschäftsführer der Schuldnerin erstreckt, kann das Verhalten des Geschäftsführers im Anmeldeverfahren doch eine indizielle Bedeutung haben. Diese (mögliche) Indizwirkung ist jedoch erst im Rahmen der Tatsachenfeststellung (§ 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO) nach Durchführung einer gebotenen Beweiserhebung zu würdigen. Ein unbeachtlicher Vortrag "ins Blaue hinein", wie ihn das OLG hier in Betracht zieht, kann anzunehmen sein, wenn eine Partei, gestützt auf bloße Vermutungen, ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen aufstellt. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
Die Berufungsentscheidung war aufzuheben und die Sache mangels Entscheidungsreife zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Für das weitere Verfahren weist der Senat u.a. auf Folgendes hin:
Wenn eine Zahlung an einen absonderungsberechtigten, durch eine Gesellschaftssicherheit besicherten Gläubiger geleistet wird, liegt ein Aktiventausch vor, soweit infolge der Zahlung die Gesellschaftssicherheit frei wird und der Verwertung zugunsten aller Gläubiger zur Verfügung steht. Bei einem solchen Aktiventausch entfällt im wirtschaftlichen Ergebnis eine masseschädliche Zahlung. Wenn die Sicherheit in der Abtretung von Forderungen besteht, bewirkt eine Zahlung an den Zessionar einen solchen Aktiventausch, soweit infolge dieses Vorgangs sicherungsabgetretene werthaltige Forderungen frei werden und in das zur gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger bestimmte Vermögen der Gesellschaft gelangen. Hier liegt die Annahme eines Aktiventauschs in der eben beschriebenen Form nahe. Denn das Freiwerden sicherungsabgetretener Forderungen infolge von auf das Konto bei der O-Bank geleisteten Zahlungen entspricht spiegelbildlich der durch Auszahlungen von dem Konto bewirkten Inanspruchnahme freier Sicherheiten in Gestalt globalzedierter Forderungen.
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