Der Bundesrat hat die FinVermV ohne Änderungen verabschiedet; die Veröffentlichung erfolgte am 21.10.2019 im Bundesgesetzblatt (BGBl. 2019 I S. 1434).
Hinweis
In der FinVermV werden die Vorgaben der Finanzmarktrichtlinie 2014/65/EU (MiFID II) umgesetzt sowie notwendige Folgeänderungen, wie bspw. Formulierungen der neu gefassten Versicherungsvermittlungsverordnung (VersVermV), und sonstige redaktionelle Anpassungen vorgenommen. Eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte des ersten Referentenentwurfs ist in novus Financial Services 1. Ausgabe 2019, S. 15 zu finden.
Nachfolgend werden die wichtigsten Änderungen und Klarstellungen im Vergleich zum ersten Referentenentwurf erläutert:
Übergangsfrist
Die wichtigste Änderung bezieht sich auf die nun vorgesehene Übergangsfrist für das Inkrafttreten der Neuregelungen zum 1.8.2020, so dass ausreichend Zeit verbleibt, damit sich die betroffenen Gewerbetreibenden („Finanzanlagenvermittler“ und ergänzt: „Honorar-Finanzanlagenberater“) auf die neuen Regelungen vorbereiten können.
Informationen über die entstandenen Kosten
Es wird klargestellt, dass die Pflicht zur regelmäßigen, mindestens aber jährlichen Information der Anleger über die entstandenen Kosten nach § 13 FinVermV insofern besteht, als im Laufe des Kalenderjahres eine laufende Geschäftsbeziehung zwischen dem Gewerbetreibenden und dem Anleger bestand. Dies ergibt sich aus Art. 50 Abs. 9 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565. In jedem Fall handelt es sich dabei um eine vom Gewerbetreibenden eigenständig zu erstellende Kosteninformationsübersicht.
Zielmarktbestimmungen
Finanzanlagenvermittler und Honorar-Finanzanlagenberater müssen die Vereinbarkeit der Finanzanlage mit den Bedürfnissen des Anlegers beurteilen und sicherstellen, dass die Finanzanlage nur dann empfohlen wird, wenn dies im Interesse des Anlegers ist. Künftig soll es nach der Gesetzesbegründung zulässig sein, wenn in begründeten Ausnahmefällen eine Anlage außerhalb des Zielmarktes vertrieben wird, sofern dies im bestmöglichen Interesse des Anlegers erfolgt.
Geeignetheitsprüfung
Künftig müssen Finanzanlagenvermittler und Honorar-Finanzanlageberater nach § 18 Abs. 1 FinVermV ihren Anlegern eine Geeignetheitserklärung (anstelle eines Beratungsprotokolls) zur Verfügung stellen. Diese Pflicht gilt jedoch nicht gegenüber professionellen Kunden i. S. d. § 67 Abs. 2 WpHG und Privatkunden, die als professionelle Kunden i. S. d. § 67 Abs. 6 WpHG eingestuft werden.
Hinweis: Dies entspricht der Regelung des § 64 Abs. 4 WpHG, nach der die Geeignetheits-erklärung nur gegenüber Privatkunden zu erstellen ist.
Taping
Trotz Widerstands im Rahmen der Konsultation der FinVermV bleibt es dabei, dass Finanzanlagenvermittler nach § 18a Abs. 1 FinVermV künftig dazu verpflichtet werden, Inhalte von Telefongesprächen sowie elektronische Kommunikation aufzuzeichnen. Gleichzeitig wird klargestellt, dass soweit Internet-Dienstleistungsplattformen keine Anlageberatung oder Anlagevermittlung per Telefon oder sonstige elektronische Korrespondenz erbringen bzw. rein digitale Prozesse ablaufen, diese nicht der Aufzeichnungspflicht nach § 18a FinVermV unterfallen, wohl aber der allgemeinen Aufzeichnungspflicht nach § 22 FinVermV.
Die Aufbewahrungsfrist der Aufzeichnungen nach § 18a und § 22 FinVermV hat sich im Vergleich zur alten Fassung in der überarbeiteten Version verdoppelt. Entsprechende Aufzeichnungen sind nunmehr zehn Jahre lang aufzubewahren.
Hinweis: Grund für die Ausweitung der Aufbewahrungsfrist ist, dass Finanzanlagen oftmals eine längere Laufzeit als fünf Jahre haben. So können Anteile an geschlossenen Investmentfonds häufig in den ersten fünf bis zehn Jahren nicht veräußert werden. Die Unterlagen sind so aufzubewahren, dass sie von den Geschäftsräumen aus zugänglich sind. Dies kann bspw. durch die physische Aufbewahrung der Unterlagen in den Geschäftsräumen erfolgen, aber auch durch eine Aufbewahrung von elektronischen Kundenakten auf externen Servern, soweit diese von den Geschäftsräumen aus zugänglich sind.
Nahezu gleichzeitig mit dem zweiten Entwurf der novellierten FinVermV haben das BMF, das BMJV und das BMWi ein Eckpunktepapier zur Übertragung der Aufsicht über Finanzanlagenvermittler auf die BaFin veröffentlicht. Diese Maßnahme ist Bestandteil des aktuellen Koalitionsvertrags sowie des „Maßnahmenpakets zur weiteren Stärkung des Anlegerschutzes im Bereich der Vermögensanlagen und geschlossenen Publikumsfonds“ des BMF und des BMJV vom 15.8.2019. Sie soll dazu beitragen, dass eine „einheitliche und qualitativ hochwertige Finanzaufsicht“ im Bereich der Finanzanlagenvermittlung gewährleistet wird.
Hinweis: Bisher fallen die freien Finanzanlagenvermittler und Honorar-Finanzanlageberater je nach Bundesland unter die Aufsicht der Gewerbeämter bzw. Industrie- und Handelskammern. Da teilweise auch geschlossene AIF vermittelt werden, wird die Aufsicht durch die BaFin zur Vereinheitlichung des Anlegerschutzes beim Vertrieb dieser Anlageprodukte beitragen.
Zur Erreichung der obigen Ziele wurden folgende Eckpunkte festgelegt:
- Für Finanzanlagenvermittler und Honorar-Finanzanlagenberater (sog. Finanzanlagen-dienstleister) soll im WpHG ein neuer Erlaubnistatbestand eingeführt werden, der die bisherigen Erlaubnistatbestände des §§ 34f und 34h GewO ablöst; die bisherigen Erlaubnisvoraussetzungen (Zuverlässigkeit, geordnete Vermögensverhältnisse, Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung und Sachkundennachweis) sollen beibehalten werden.
- Die materiellen Regelungen der überarbeiteten FinVermV sollen in das WpHG bzw. daran anknüpfende Bestimmungen (Verordnungen) übernommen werden; dazu wird ein neuer Abschnitt eingeführt, in welchem insbesondere Verhaltens- und Organisationspflichten sowie Prüfungspflichten festgelegt werden. Finanzanlagendienstleister werden dabei in drei Gruppen eingeteilt:
- Finanzanlagendienstleister mit eigener Erlaubnis,
- Vertriebsgesellschaften mit erweiterten Anforderungen und
- vertraglich gebundene Vermittler ohne eigene Erlaubnis.
- Nach Verabschiedung der Verordnung über Europäische Crowdfunding-Dienstleister für Unternehmen soll geprüft werden, ob für Schwarmfinanzierungen i. S. d. § 2a VermAnlG ggf. eine weitere Kategorie eingeführt wird oder Ausnahmebestimmungen erforderlich sind, welche die auf EU-Ebene an Crowdfunding-Plattformen gestellten organisatorischen und betrieblichen Anforderungen reflektieren.
- Die Aufsicht über die Finanzanlagendienstleister soll zum Stichtag 1.1.2021 in die BaFin-Zuständigkeit überführt werden. Eine bestehende Erlaubnis nach GewO soll vorbehaltlich eines Überprüfungsverfahrens (Nachweisverfahren) durch die BaFin grundsätzlich weiterhin Geltung behalten.
- Das Nachweisverfahren soll sukzessive und risikoorientiert (ab Anfang 2021) mit großen Vertriebsgesellschaften beginnen und nach einem Zeitraum von zwei bis max. fünf Jahren abgeschlossen sein. Die Zuständigkeit der Industrie- und Handelskammern für die Durchführung der Sachkundeprüfung soll weiterhin bestehen bleiben.
- Die Zuständigkeit für die Prüfung der Einhaltung der derzeit in §§ 12 bis 23 FinVermV geregelten Verhaltenspflichten soll zum 1.1.2021 auf die BaFin übergehen. Ziel der Prüfungen durch die BaFin soll es sein, einen bundesweit einheitlichen Prüfungsstandard und eine hohe Qualität der Prüfungen zu gewährleisten.
- Die Aufsichtsprozesse sollen weitgehend digitalisiert erfolgen. Auch der Übergang der Daten von dem Register nach § 11a GewO auf die BaFin soll in elektronischer Form erfolgen.
Die geplanten Maßnahmen sollen u. a. für erhöhte Transparenz, eine (externe) Prüfung von Vermögensanlagen auf „Angemessenheit“, ein Verbot von „Vermögensanlagen, die erhebliche Anlegerschutzbedenken aufwerfen“ (Produktintervention) sowie eine Vereinheitlichung des Aufsichtsniveaus bei verschiedenen Anlageprodukten sorgen.
Hinweis
Gemäß den derzeit vorgesehenen zeitlichen Vorgaben soll noch 2019 ein entsprechender Regierungsentwurf eingebracht werden und bis Mitte 2020 das parlamentarische Verfahren abgeschlossen werden. Mit Inkrafttreten der o. g. Neuregelungen im WpHG sechs Monate nach Verkündung sollen dann die §§ 34f bis 34h GewO und die gerade veröffentlichte FinVermV außer Kraft treten.