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Rechtsberatung

Am Computer mittels elektronischer Befehle erstellte Grafiken

KG Berlin v. 12.12.2019 - 2 U 12/16 Kart

Eine am Com­pu­ter mit­tels elek­tro­ni­scher Be­fehle er­stellte Ab­bil­dung ei­nes vir­tu­el­len Ge­gen­stan­des stellt kein Er­zeug­nis im Sinne des § 72 UrhG dar, das ähn­lich wie ein Licht­bild her­ge­stellt wird. Dies gilt auch dann, wenn die Gra­fik wie eine Fo­to­gra­fie wirkt, da es auf das Er­geb­nis des Schaf­fens­pro­zes­ses nicht ent­schei­dend an­kommt. Maßgeb­lich ist viel­mehr al­lein das Her­stel­lungs­ver­fah­ren und in­so­weit die Ver­gleich­bar­keit der tech­ni­schen Pro­zesse.

Der Sach­ver­halt:
Die Par­teien strei­ten über die Wie­der­gabe von Pro­dukt­ab­bil­dun­gen, die auf den Ama­zon-Web­si­tes auf­tauch­ten. Die Kläge­rin hatte ne­ben dem Un­ter­las­sen der Zugäng­lich­ma­chung der Bil­der einen An­spruch auf Er­tei­lung von Aus­kunft über den Um­fang der Nut­zung von kon­kre­ten Pro­dukt­fo­tos so­wie über die Her­kunft ei­nes Pro­dukt­fo­tos gel­tend ge­macht. Da­ne­ben hatte sie die Über­nahme der Kos­ten der Ab­mah­nung i.H.v. ins­ge­samt 1.971 € so­wie die Fest­stel­lung be­gehrt, dass die Be­klagte ver­pflich­tet ist, den Kläge­rin­nen als Ge­samtgläubi­ge­rin­nen den über die Ab­mah­nungs­kos­ten hin­aus­ge­hen­den Scha­den zu er­set­zen, der ih­nen auf­grund der Nut­zung der Pro­dukt­fo­tos ent­stan­den war.

Das LG gab der Klage an­trags­gemäß statt. Die Be­klagte war der An­sicht, das LG sei zu Un­recht da­von aus­ge­gan­gen, dass die streit­ge­genständ­li­chen Bil­der Ur­he­ber­rechts­schutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG ge­nießen. Es habe zunächst noch zu­tref­fend fest­ge­stellt, dass es sich bei die­sen Bil­dern nicht um klas­si­sche Fo­to­gra­fien han­dele. Nicht zu­tref­fend sei je­doch, dass diese am Com­pu­ter er­stell­ten Bil­der den Schutz des § 72 UrhG ge­nießen. Zwi­schen die­sen Ab­bil­dun­gen und fo­to­gra­fi­schen Licht­bil­dern gebe es deut­li­che Un­ter­schiede so­wohl im Schaf­fens­vor­gang als auch im Schaf­fens­er­geb­nis. Den hie­si­gen Bil­dern fehle es auch an der nach § 2 Abs. 1 UrhG er­for­der­li­chen Schöpfungshöhe.

Auf die Be­ru­fung der Be­klag­ten hat das KG die Ent­schei­dung der Vor­in­stanz auf­ge­ho­ben und die Klage wei­test­ge­hend auf­ge­ho­ben. Al­ler­dings wurde die Re­vi­sion zum BGH zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Die Be­ru­fung ist begründet, so­weit das LG da­von aus­ge­gan­gen war, dass den Kläge­rin­nen ge­gen die Be­klagte An­sprüche we­gen Nut­zung der am Com­pu­ter mit­tels elek­tro­ni­scher Be­fehle er­stel­len Gra­fi­ken zu­ste­hen. Bei den streit­ge­genständ­li­chen Bil­dern han­delt es sich we­der um ge­schützte Werke i.S.d. § 2 Abs. 1 und Abs. 2 UrhG noch ge­nießen diese ein Leis­tungs­schutz­recht nach § 72 UrhG. Den Kläge­rin­nen ste­hen da­her in­so­weit we­der Un­ter­las­sungs- noch Aus­kunfts- oder Scha­dens­er­satz­an­sprüche zu.

Eine am Com­pu­ter mit­tels elek­tro­ni­scher Be­fehle er­stellte Ab­bil­dung ei­nes vir­tu­el­len Ge­gen­stan­des stellt kein Er­zeug­nis im Sinne des § 72 UrhG dar, das ähn­lich wie ein Licht­bild her­ge­stellt wird. Dies gilt auch dann, wenn die Gra­fik wie eine Fo­to­gra­fie wirkt, da es auf das Er­geb­nis des Schaf­fens­pro­zes­ses nicht ent­schei­dend an­kommt. Maßgeb­lich ist viel­mehr al­lein das Her­stel­lungs­ver­fah­ren und in­so­weit die Ver­gleich­bar­keit der tech­ni­schen Pro­zesse.

Da­bei ver­kennt der Se­nat nicht, dass sich be­reits heute deut­li­che Wer­tungs­wi­der­sprüche er­ge­ben. So wer­den etwa Di­gi­tal­fo­tos als Er­zeug­nisse, die ähn­lich wie Licht­bil­der her­ge­stellt wer­den, an­ge­se­hen, ob­wohl diese in tech­ni­scher Hin­sicht der Her­stel­lung von Com­pu­ter­gra­fi­ken näher kom­men dürf­ten als der ana­lo­gen Fo­to­gra­fie. Auch bezüglich der mit­tels Com­pu­ter ge­schaf­fe­nen Vi­deo- und Com­pu­ter­spiele, die ur­he­ber­recht­li­chen Schutz ge­nießen, er­gibt sich ein Bruch, wenn das, was für die ge­samte Bild­ab­folge gilt, nicht auch für ein­zelne Teile hier­von Gel­tung hat.

Ebenso we­nig stim­mig ist es, wenn ein prak­ti­sch von je­der­mann her­zu­stel­len­des ein­fa­ches Licht­bild ei­nes Par­fum­fla­kons be­reits (leis­tungs)schutzfähig sein soll, während eine aufwändig her­ge­stellte und be­ar­bei­tete Vi­sua­li­sie­rung al­len­falls Schutz als Werk der an­ge­wand­ten Kunst in An­spruch neh­men kann, ob­wohl beide Ab­bil­dun­gen dem Be­trach­ter in ih­ren Grundzügen den­sel­ben op­ti­schen Ein­druck ver­mit­teln. Die­ser Bruch ist je­doch be­reits im Ge­setz an­ge­legt, so dass es auch Auf­gabe des Ge­setz­ge­bers ist, die be­ste­hen­den Re­ge­lun­gen un­ter Berück­sich­ti­gung der tech­ni­schen Ent­wick­lung sinn­voll an­zu­pas­sen.

Zu Recht war das LG hin­ge­gen da­von aus­ge­gan­gen, dass den Kläge­rin­nen hin­sicht­lich der Fo­to­gra­fien Un­ter­las­sungs-, Aus­kunfts- und Scha­dens­er­satz­an­sprüche zu­ste­hen. Vor al­lem ist die Be­klagte für die Web­site, auf der die streit­ge­genständ­li­chen Bil­der öff­ent­lich zugäng­lich ge­macht wur­den, recht­lich als Täte­rin ver­ant­wort­lich. Dies er­gibt sich be­reits aus dem Im­pres­sum. Die Be­klagte ver­mit­telt Dritt­an­bie­tern un­ter der Be­zeich­nung "Mar­ket­place" den recht­li­chen Zu­gang zu der Web­seite und der da­mit ver­bun­de­nen In­fra­struk­tur, da­mit diese dort ihre Pro­dukte zum Ver­kauf an­bie­ten können. So­weit der tech­ni­sche Be­trieb der Web­site nicht von der Be­klag­ten selbst ver­ant­wor­tet wird, hat dies auf ihre Ver­ant­wort­lich­keit kei­nen Ein­fluss, da sie diese tech­ni­sche Grund­lage für den Be­trieb der von ihr ver­ant­wor­te­ten Web­site über­nimmt.

Letzt­lich war die Die Re­vi­sion zu­zu­las­sen, so­weit der Se­nat den Com­pu­ter­gra­fi­ken ein Leis­tungs­schutz­recht nach § 72 UrhG ab­ge­spro­chen hat. Die Rechts­sa­che hat grundsätz­li­che Be­deu­tung und die Fort­bil­dung des Rechts bzw. die Bestäti­gung, dass das Recht nicht durch ent­spre­chen­des Rich­ter­recht fort­zu­bil­den ist, er­for­dert eine Ent­schei­dung des BGH. Die in der Li­te­ra­tur um­strit­tene Frage, ob am Com­pu­ter mit­tels elek­tro­ni­scher Be­fehle er­stellte Ab­bil­dun­gen von vir­tu­el­len Ge­genständen in den An­wen­dungs­be­reich des § 72 UrhG fal­len, ist höchstrich­ter­lich noch nicht geklärt.

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