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Steuerberatung

Ambulante Eingliederungshilfe: USt-Befreiung von Subunternehmerleistungen

BFH 13.6.2018, XI R 20/16

Leis­tun­gen im Be­reich der am­bu­lan­ten Ein­glie­de­rungs­hilfe, die eine selbständig tätige Psy­cho­lo­gi­sche Be­ra­te­rin als "sons­tige qua­li­fi­zierte Per­son" ge­genüber zu­ge­las­se­nen An­bie­tern für hilfs­bedürf­tige Per­so­nen er­bringt, wa­ren im Jahr 2010 nach § 4 Nr. 16 S. 1k (jetzt: Buchst. l) UStG steu­er­frei, wenn diese Leis­tun­gen auf­grund ei­nes Hil­fe­plans vom Träger der So­zi­al­hilfe be­wil­ligt und mit­tel­bar vergütet wur­den.

Der Sach­ver­halt:

Die Kläge­rin ist eine aus­ge­bil­dete Psy­cho­lo­gi­sche Be­ra­te­rin mit Fort­bil­dun­gen ins­be­son­dere im Be­reich "sys­te­mi­scher Be­ra­tung" und "ana­ly­ti­scher Psy­cho­lo­gie". Sie war - wie schon in den Vor­jah­ren - im Streit­jahr 2010 als Sub­un­ter­neh­me­rin in der am­bu­lan­ten Ein­glie­de­rungs­hilfe i.S.v. § 53 SGB XII tätig. Sie be­treute volljährige Kli­en­ten mit ei­ner Be­hin­de­rung i.S.v. § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX im All­tag. Hierzu zählte u.a. die Si­cher­stel­lung von Woh­nung, Un­ter­halt und haus­wirt­schaft­li­cher Ver­sor­gung, die Hil­fe­stel­lung bei behörd­li­chen An­trag­stel­lun­gen, die ge­sund­heit­li­che Sta­bi­li­sie­rung so­wie die Bewälti­gung von Kri­sen. Ein un­mit­tel­ba­res Ver­trags-, Ab­rech­nungs- und Vergütungs­verhält­nis mit dem zuständi­gen ge­setz­li­chen So­zi­al­hil­feträger be­stand da­bei nicht. Die Kläge­rin wurde nicht als "Fach­kraft", son­dern als "sons­tige qua­li­fi­zierte Per­son" ein­ge­stuft.

In ih­rer Um­satz­steuer-Jah­res­erklärung für das Streit­jahr mel­dete die Kläge­rin steu­er­freie Umsätze aus ih­rer Tätig­keit im Rah­men der am­bu­lan­ten Ein­glie­de­rungs­hilfe an. Die Umsätze aus den Be­ra­tungs­leis­tun­gen be­han­delte sie als der Klein­un­ter­neh­mer­re­ge­lung i.S.v. § 19 UStG un­ter­fal­lend. Nach ei­ner Außenprüfung ge­langte der Prüfer zu der An­sicht, dass die be­tref­fen­den Umsätze steu­er­pflich­tig seien, weil nach § 4 Nr. 16 S. 1k UStG 2009 und dem BFH-Ur­teil vom 8.11.2007 (Az.:  V R 2/06) eine Sub­un­ter­neh­mertätig­keit für eine Steu­er­be­frei­ung nicht aus­rei­che. Dem­ent­spre­chend setzte das Fi­nanz­amt die Um­satz­steuer fest. Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt und setzte die Um­satz­steuer für das Streit­jahr auf 0 € fest. Die Re­vi­sion der Fi­nanz­behörde blieb vor dem BFH er­folg­los.

Gründe:

Die im Rah­men der am­bu­lan­ten Ein­glie­de­rungs­hilfe er­brach­ten Leis­tun­gen der Steu­er­pflich­ti­gen wa­ren zwar nicht nach § 4 Nr. 16 S. 1h UStG 2009 steu­er­frei, da es für den strei­ti­gen Zeit­raum an Ver­ein­ba­run­gen i.S.v. § 75 SGB XII fehlte. Das FG ist aber zu Recht da­von aus­ge­gan­gen, dass die Steu­er­frei­heit aus ei­ner richt­li­ni­en­kon­for­men Aus­le­gung von § 4 Nr. 16 S. 1k UStG 2009 folgt.

Die Vor­schrift § 4 Nr. 16 S. 1k UStG 2009 ist mit Aus­nahme der Min­dest­vergütungs­quote, die nun­mehr min­des­tens 25 % beträgt, iden­ti­sch mit § 4 Nr. 16 S. 1 l UStG in der der­zeit gel­ten­den Fas­sung. Auch § 4 Nr. 16 S. 2 UStG 2009 ent­spricht in­halt­lich § 4 Nr. 16 S. 2 UStG der ak­tu­el­len Fas­sung. Der Ge­setz­ge­ber war auch grundsätz­lich be­rech­tigt, die Steu­er­be­frei­ung nach Maßgabe des für das Streit­jahr gel­ten­den § 4 Nr. 16 S. 1k UStG 2009 im Ein­klang mit dem Uni­ons­recht da­von abhängig zu ma­chen, ob bei der be­tref­fen­den Ein­rich­tung  im (vor­an­ge­gan­ge­nen) Ka­len­der­jahr die Be­treu­ungs­kos­ten in min­des­tens 40 % der Fälle von den ge­setz­li­chen Trägern der So­zi­al­hilfe ganz oder zum über­wie­gen­den Teil vergütet wor­den sind.

Die Kläge­rin war zu­dem als eine nach § 4 Nr. 16 S. 1k UStG 2009 an­er­kannte Ein­rich­tung an­zu­se­hen. Denn der Be­griff "Ein­rich­tung" i.S.d. Vor­schrift um­fasst auch natürli­che Per­so­nen. Die sach­be­zo­ge­nen Vor­aus­set­zun­gen des § 4 Nr. 16 S. 1k UStG 2009 wa­ren erfüllt. Die Kläge­rin hatte im Streit­jahr Leis­tun­gen er­bracht, die mit dem Be­trieb von Ein­rich­tun­gen zur Be­treu­ung körper­lich, geis­tig oder see­li­sch hilfs­bedürf­ti­ger Per­so­nen eng ver­bun­den wa­ren. Zwar sind die Be­frei­ungs­vor­schrif­ten grundsätz­lich eng aus­zu­le­gen, hin­sicht­lich § 4 Nr. 16 S. 1k UStG 2009 würde eine enge Aus­le­gung aber dazu führen, dass die Be­frei­ungs­norm nur dann ein­griffe, wenn be­zo­gen auf den Streit­fall der Träger der So­zi­al­hilfe die von der Kläge­rin im Rah­men der am­bu­lan­ten Ein­glie­de­rungs­hilfe er­brach­ten Leis­tun­gen un­mit­tel­bar, d.h. di­rekt an diese be­zah­len würde. In die­sem Falle wäre die Norm je­doch uni­ons­rechts­wid­rig, da sich aus Art. 132 Abs. 1g MwSt­Sys­tRL eine Steu­er­be­frei­ung für die be­tref­fen­den Leis­tun­gen auch bei mit­tel­ba­rer Kos­ten­tra­gung er­gibt.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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