Bereits vor sechs Jahren hatte der BFH mit Urteil vom 31.7.2013 (Az. I R 82/12) entschieden, dass die Lieferung von Zytostatika durch eine Krankenhausapotheke an ambulant im Krankenhaus von einem hierzu nach § 116 SGB V ermächtigten Krankenhausarzt behandelte Patienten zum ertragsteuerfreien Zweckbetrieb gehört.
In dem zugrundeliegenden Fall behandelte der Chefarzt die Patienten im Rahmen seiner Dienstaufgaben. Die Finanzverwaltung nahm dies zum Anlass, nur in diesen speziellen Fällen ausnahmsweise von der Zugehörigkeit der Lieferung zum Zweckbetrieb auszugehen (siehe aktueller Anwendungserlass zur Abgabenordnung zu § 67).
In den Fällen, in denen angestellte Krankenhausärzte zwar über eine Ermächtigung nach § 116 SGB V verfügten, die Tätigkeit aber in genehmigter Nebentätigkeit als freiberufliche Tätigkeit i. S. des § 18 EStG ausübten, bedeutete das im Umkehrschluss, dass diese Lieferung der Zytostatika dem ertragsteuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen waren. Dieser Lesart hat sich die OFD Nordrhein-Westfalen mit Verfügung vom 29.9.2015 (Az. S 0186 – 2014/0002 – St 15) explizit angeschlossen.
Der BFH hatte sich erneut mit einem solchen Fall zu beschäftigen und kommt in seinem Urteil vom 6.6.2019 (Az. V R 39/17) zu dem Schluss, dass es keine Rolle spielt, ob der ermächtigte Krankenhausarzt im Rahmen seiner Dienstaufgaben oder in genehmigter Nebentätigkeit seine Heilbehandlung erbringt. Im Urteilsfall führten alle Ärzte ihre ambulanten Leistungen jeweils nicht als Dienstaufgabe, sondern als genehmigte Nebentätigkeit durch. Sie behandelten im Rahmen ihrer Ermächtigung gesetzlich versicherte Patienten und daneben auch Privatpatienten. Sämtliche Leistungen wurden von den Ärzten entweder gegenüber den Krankenkassen oder den Privatpatienten selbst angerechnet. Der BFH begründet seine Auffassung damit, dass es sich bei Heilbehandlungen der nach § 116 SGB V ermächtigten Ärzte um eine sozialversicherungsrechtlich vom Versorgungsauftrag des Krankenhauses umfasste Tätigkeit handelt. Es sei nicht entscheidend, ob es sich dabei um eine Dienstaufgabe oder Nebentätigkeit des jeweiligen Arztes handelt. Das Finanzgericht war in der Vorinstanz davon ausgegangen, dass die Behandlung von Privatpatienten nicht die Zuordnung zum Krankenhausbetrieb hindere. In seiner Urteilsbegründung geht der BFH bedauerlicherweise nicht explizit auf die Lieferung von Zytostatika an die Privatpatienten ein, so dass hier Interpretationsspielraum bestehen bleibt.
Hinweis
Es bleibt abzuwarten, ob sich die Finanzverwaltung der Auffassung des BFH anschließt. Sollte sie die Auffassung des BFH teilen, hat das Urteil nicht nur Bedeutung für gemeinnützige Krankenhäuser. Auch die gewerblichen Krankenhäuser könnten zumindest bei der Gewerbesteuer in den betroffenen Fällen von einer Steuerfreiheit ausgehen.