Im Streitfall war eine unbeschränkt Steuerpflichtige zu 99,995 % an einer in Belgien ansässigen Kapitalgesellschaft nach belgischem Recht beteiligt. Diese agierte als Holding- und Managementgesellschaft. In den Vorjahren hatte sie einige Unternehmensbeteiligungen veräußert und gewährte aus dadurch realisierten liquiden Mitteln Darlehen sowohl an nahestehende Personen als auch an Dritte. Ihre Einkünfte in den Streitjahren 2012 bis 2017 resultierten im Wesentlichen aus Zinserträgen. Aufgrund Besonderheiten des belgischen Steuerrechts wurde gegenüber der Gesellschaft in Belgien keine Ertragsteuer festgesetzt.
Nach Auffassung des FG Münster (Urteil vom 06.02.2024, Az. 2 K 842/19 F) ist die belgische Gesellschaft jedoch nicht als Zwischengesellschaft nach § 8 Abs. 1 AStG zu bewerten, so dass deren Einkünfte nicht der Hinzurechnungsbesteuerung unterliegen. Es sei vielmehr der Gegenbeweis einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit (§ 8 Abs. 2 AStG in der bis 31.12.2021 geltenden Fassung) erbracht worden. Was hierunter zu verstehen sei, sei aus der Rechtsprechung des EuGH (EuGH-Urteil vom 12.09.2006, Rs. C-196/04, Cadburry Schweppes) abzuleiten. Demnach seien folgende Kriterien relevant:
- „stabile und kontinuierliche Teilnahme am Wirtschaftsleben eines anderen Mitgliedstaates (Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr),
- tatsächliche Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mittels einer festen Einrichtung in dem anderen Mitgliedstaat auf unbestimmte Zeit und
- Feststellung dieser Voraussetzungen anhand objektiver, von dritter Seite nachprüfbarer Anhaltspunkte; dabei kann die Teilnahme am Wirtschaftsleben auch gegenüber einem verbundenen Unternehmen erfolgen“.
Diese Voraussetzungen sieht das FG Münster im Streitfall für gegeben an, da die belgische Gesellschaft durch das Halten von Beteiligungen, das Erbringen von Beratungsleistungen und das Unterhalten von Darlehensbeziehungen am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen habe. Ihr habe ein Raum samt Telekommunikations- und Büroausstattung zur Verfügung gestanden und ihre Entscheidungen seien durch Verwaltungsratsmitgleider getroffen worden. Nicht erforderlich sei hingegen, dass sie (auch) am Absatzmarkt in Belgien teilgenommen habe. Es genüge, wenn sie sich an den Beschaffungsmarkt wendet.
Hinweis: Gegen die Entscheidung ist eine Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH unter dem Az. IX B 35/24 anhängig. In der seit 01.01.2022 geltenden Fassung des § 8 Abs. 2 AStG werden die Voraussetzungen einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit gesetzlich definiert.