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Anlegerklagen gegen Griechenland unzulässig

OLG Köln 12.5.2016, 8 U 44/15

Im Zu­sam­men­hang mit der Um­schul­dung im Jahr 2012 ste­hende An­le­ger­kla­gen aus grie­chi­schen Staats­an­lei­hen ge­gen die Hel­le­ni­sche Re­pu­blik sind in Deutsch­land un­zulässig. Der sog. Ver­brau­cher­ge­richts­stand nach Art. 15 Abs. 1, 16 Abs. 1 Alt. 2 Eu­GVVO a.F. ist nicht ge­ge­ben, wenn der An­le­ger die Staats­an­lei­hen nicht un­mit­tel­bar vom Emit­ten­ten, son­dern über eine da­zwi­schen ge­schal­tete Bank er­wirbt.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger kaufte im No­vem­ber 2011 und Ja­nuar 2012 über seine Bank auf dem Se­kundärmarkt grie­chi­sche Staats­an­lei­hen im Nenn­wert von 10.000 €. In den An­lei­he­be­din­gun­gen wa­ren keine Um­schul­dungs­klau­seln ent­hal­ten. Den­noch wur­den die Wert­pa­piere im März 2012 im Rah­men des grie­chi­schen Schul­den­schnitts ein­ge­zo­gen und durch neue An­lei­hen mit einem nied­ri­ge­ren Nenn­wert er­setzt. Der Kläger be­gehrt vom grie­chi­schen Staat die Rück­zah­lung des ur­sprüng­li­chen Nenn­werts, hilfs­weise Scha­dens­er­satz we­gen vorsätz­li­cher sit­ten­wid­ri­ger Schädi­gung.

Recht­lich wurde der grie­chi­sche Schul­den­schnitt wie folgt voll­zo­gen: Durch das grie­chi­sche Ge­setz 4050/2012 vom 23.2.2012 wurde ge­re­gelt, dass An­lei­he­be­din­gun­gen nachträglich durch Mehr­heits­ent­schei­dun­gen der An­lei­hegläubi­ger geändert und dann durch Be­schluss des Mi­nis­ter­ra­tes der Re­pu­blik Grie­chen­land für all­ge­mein­ver­bind­lich erklärt wer­den können. Nach dem Ge­setz be­wirkt der Mi­nis­ter­rats­be­schluss, dass die über­stimmte Min­der­heit der An­lei­hegläubi­ger an den Mehr­heits­be­schluss ge­bun­den ist. An­ders als der Kläger stimm­ten die Gläubi­ger­ver­samm­lun­gen dem An­ge­bot mehr­heit­lich zu, die An­lei­hen ge­gen an­dere An­lei­hen mit einem um 53,5 Pro­zent ver­rin­ger­ten Nenn­wert und mit länge­rer Lauf­zeit um­zu­tau­schen. Durch Mi­nis­ter­rats­be­schluss vom 9.3.2012 wur­den diese Mehr­heits­ent­schei­dun­gen all­ge­mein­ver­bind­lich.

Das LG Köln wies die Klage un­ter Hin­weis auf den Grund­satz der Staa­ten­im­mu­nität als un­zulässig ab. Die Be­ru­fung des Klägers hatte vor dem OLG kei­nen Er­folg. Das Ur­teil ist nicht rechtskräftig. Die Re­vi­sion zum BGH wurde we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung der Rechts­sa­che zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
So­weit der Kläger Scha­dens­er­satz we­gen vorsätz­li­cher sit­ten­wid­ri­ger Schädi­gung be­gehrt, ist be­reits die deut­sche Ge­richts­bar­keit nicht eröff­net. Der Klage steht der völker­ge­wohn­heits­recht­lich an­er­kannte Grund­satz der Staa­ten­im­mu­nität ent­ge­gen. Der Sa­che nach stützt sich die Klage in­so­weit auf die Rechts­wid­rig­keit des grie­chi­schen Ge­set­zes 4050/2012 vom 23.2.2012 und der da­mit im Zu­sam­men­hang ste­hen­den Um­schul­dungsmaßnah­men. Der Grund­satz der Staa­ten­im­mu­nität will aber ge­rade Ent­schei­dun­gen ei­nes Staa­tes über die Rechtmäßig­keit der hier maßgeb­li­chen ho­heit­li­chen Maßnah­men ei­nes an­de­ren Staa­tes ver­hin­dern.

Für die Klage auf Zah­lung des Nenn­werts gilt dies al­ler­dings nicht. Diese Frage hat der BGH bis­her of­fen ge­las­sen. In­so­weit ist die be­klagte Re­pu­blik nicht in ih­rem ho­heit­li­chen Auf­ga­ben­be­reich be­trof­fen, weil die Ka­pi­tal­auf­nahme durch Emis­sion von Staats­an­lei­hen ein nicht-ho­heit­li­ches Han­deln dar­stellt (An­schluss an OLG Ol­den­burg 18.4.2016,13 U 43/15). Grundsätz­lich kann da­her ein sol­cher An­spruch im Wege der Klage ver­folgt wer­den. Al­ler­dings sind die deut­schen Ge­richte in­ter­na­tio­nal nicht zuständig.

Die für den Fall noch an­wend­bare alte Fas­sung der Eu­GVVO (Ver­ord­nung (EG) Nr. 44/2001 über die ge­richt­li­che Zuständig­keit und die An­er­ken­nung und Voll­stre­ckung von Ent­schei­dun­gen in Zi­vil- und Han­dels­sa­chen) eröff­net für die Klage kei­nen Ge­richts­stand in Deutsch­land. Zwar können nach die­ser Ver­ord­nung Ver­brau­cher re­gelmäßig in ih­rem Hei­mat­land kla­gen. Die­ser sog. Ver­brau­cher­ge­richts­stand nach Art. 15 Abs. 1, 16 Abs. 1 Alt. 2 Eu­GVVO a.F. ist aber nicht ge­ge­ben, wenn ‑ wie hier ‑ der An­le­ger die Staats­an­lei­hen nicht un­mit­tel­bar vom Emit­ten­ten, son­dern über eine da­zwi­schen ge­schal­tete Bank er­wirbt. Auch der Ge­richts­stand am (ver­trag­li­chen) Erfüllungs­ort nach Art. 5 Nr. 1 lit. a) Eu­GVVO a.F. ist nicht eröff­net. Der Erfüllungs­ort be­stimmt sich nach grie­chi­schem Recht und liegt nicht in Deutsch­land, son­dern am Sitz der grie­chi­schen Zen­tral­bank in Athen.

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