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Anrufung der beim Deutschen Patent- und Markenamt eingerichteten Schiedsstelle nach dem ArbEG hemmt die Verjährung

BGH 26.11.2013, X ZR 3/13

Die An­ru­fung der durch das Ge­setz über Ar­beit­neh­mer­er­fin­dun­gen (Ar­bEG) beim Deut­schen Pa­tent- und Mar­ken­amt ein­ge­rich­te­ten Schieds­stelle hemmt die Verjährung nicht nach § 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB, wohl aber in ent­spre­chen­der An­wen­dung des § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB. Die Schieds­stelle steht in­so­weit ei­ner durch die Lan­des­jus­tiz­ver­wal­tung ein­ge­rich­te­ten oder an­er­kann­ten Gütestelle gleich.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläger zu 1) und 3) wa­ren und die Kläger zu 2) und 4) sind wei­ter­hin Ar­beit­neh­mer der Be­klag­ten. Sie mach­ten während ih­rer Tätig­keit für die Be­klagte ge­mein­sam eine Diens­ter­fin­dung, die die Be­klagte un­be­schränkt in An­spruch nahm und für die sie das im Au­gust 1997 er­teilte, ein Ver­fah­ren zum Strang­pres­sen ei­nes Pro­fils be­tref­fende deut­sche Pa­tent 196 05 885 er­wirkte.
Die Be­klagte ver­wer­tete das er­fin­dungs­gemäße Ver­fah­ren nach Um­bau ei­ner Presse ge­gen Ende 1998 un­strei­tig bis ins Jahr 2005 als ein Re­gel­ver­fah­ren bei der ei­ge­nen Pro­duk­tion. Im Jahr 2005 stellte die Be­klagte das Pro­duk­ti­ons­ver­fah­ren um. Die Par­teien ha­ben darüber ge­strit­ten, ob die Be­klagte seit­her noch von der Lehre des Kla­ge­pa­tents Ge­brauch ge­macht hat.

Nach­dem die Kläger mit Schrei­ben vom 8.5.2003 von der Be­klag­ten eine Vergütung der Er­fin­dung ver­langt hat­ten, führ­ten die Par­teien Ver­hand­lun­gen über die Höhe der An­sprüche. Mit Schrei­ben vom 4.5.2007 teilte die Be­klagte mit, sie sehe die Ver­hand­lun­gen als ge­schei­tert an, und setzte die Vergütung fest. Dem Ei­ni­gungs­vor­schlag vom 20.11.2008 der von den Klägern am 16.5.2007 an­ge­ru­fe­nen Schieds­stelle beim Deut­schen Pa­tent- und Mar­ken­amt wi­der­spra­chen beide Sei­ten.

Das LG wies die am 21.5.2010 ein­ge­reichte und der Be­klag­ten am 28.5.2010 zu­ge­stellte Klage ab. Das OLG wies die Be­ru­fung der Kläger zurück. Auf die Re­vi­sion der Kläger hob der BGH das Be­ru­fungs­ur­teil auf und ver­wies die Sa­che zur neuen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Im Er­geb­nis zu­tref­fend geht das OLG da­von aus, dass die An­ru­fung der Schieds­stelle die Verjährung der Kla­ge­an­sprüche nicht nach § 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB ge­hemmt hat. Ent­ge­gen der An­nahme des OLG, das die An­wen­dung der Vor­schrift nur hin­sicht­lich der Kläger zu 2) und 4) in Be­tracht ge­zo­gen hat, weil in­so­weit die Zulässig­keit der Klage ein Ver­fah­ren vor der Schieds­stelle vor­aus­setzte (§ 37 Abs. 1 Ar­bEG), er­gibt sich dies al­ler­dings nicht dar­aus, dass die Klage nicht in­ner­halb von drei Mo­na­ten nach Be­en­di­gung des Ver­fah­rens er­ho­ben wurde. Denn § 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB er­fasst das Ver­fah­ren vor der Schieds­stelle über­haupt nicht.

Zu Recht rügt die Re­vi­sion je­doch, dass das OLG eine Hem­mung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB ver­neint hat. Die nach dem Ar­bEG beim Deut­schen Pa­tent- und Mar­ken­amt ein­ge­rich­tete Schieds­stelle ist zwar keine durch die Lan­des­jus­tiz­ver­wal­tung ein­ge­rich­tete oder an­er­kannte Gütestelle, wes­halb § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB nicht un­mit­tel­bar zur An­wen­dung kom­men kann. Die Schieds­stelle steht ei­ner sol­chen Gütestelle je­doch auf­grund ih­rer recht­li­chen Stel­lung und Funk­tion gleich, wes­halb § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB ent­spre­chend an­wend­bar ist. Es gibt in­so­weit keine sach­li­che Recht­fer­ti­gung, die vor der Schieds­stelle als ei­ner ge­setz­lich ein­ge­rich­te­ten Gütestelle ein­ge­lei­te­ten Schieds­ver­fah­ren im Hin­blick auf die verjährungs­hem­mende Wir­kung des § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB an­ders zu be­han­deln als die vor ei­ner durch die Lan­des­jus­tiz­ver­wal­tung ein­ge­rich­te­ten Gütestel­len ein­ge­lei­te­ten Güte­ver­fah­ren.

Dass der Ge­setz­ge­ber Ver­fah­ren vor der Schieds­stelle nicht ausdrück­lich in den An­wen­dungs­be­reich des § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB ein­be­zo­gen hat, ist nur da­durch erklärbar, dass er die Not­wen­dig­keit ei­ner sol­chen Re­ge­lung nicht er­kannt und un­ge­wollt eine Re­ge­lungslücke ge­schaf­fen hat. Zwar sind nach BGH-Recht­spre­chung an die ana­loge An­wen­dung von Vor­schrif­ten des Verjährungs­rechts im Hin­blick auf des­sen for­ma­len Cha­rak­ter und die da­mit ver­bun­dene Funk­tion, den Rechts­frie­den und die Rechts­si­cher­heit zu be­wah­ren, grundsätz­lich strenge An­for­de­run­gen zu stel­len. Eine ana­loge An­wen­dung ist in­so­weit aber auch nicht von vorn­her­ein aus­ge­schlos­sen.

Dem ho­hen Maßstab wird die ana­loge An­wen­dung des § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB auf die nach dem Ar­bEG beim Deut­schen Pa­tent- und Mar­ken­amt ein­ge­rich­tete Schieds­stelle ge­recht, weil ein vor der Schieds­stelle ein­ge­lei­te­tes Schieds­ver­fah­ren mit einem vor ei­ner durch die Lan­des­jus­tiz­ver­wal­tung ein­ge­rich­te­ten Gütestelle ein­ge­lei­te­ten Güte­ver­fah­ren un­ter dem Ge­sichts­punkt der Verjährungs­hem­mung durch Rechts­ver­fol­gung in je­der Hin­sicht ver­gleich­bar und der der ent­spre­chen­den An­wen­dung der Vor­schrift un­ter­wor­fene Tat­be­stand klar und ein­deu­tig um­ris­sen ist. Bei der da­nach ge­bo­te­nen ent­spre­chen­den An­wen­dung von § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB sind die von den Klägern mit der Re­vi­sion al­lein wei­ter­ver­folg­ten An­sprüche auf Vergütung der Nut­zung ih­rer Diens­ter­fin­dun­gen in den Jah­ren 1999 bis 2005 bis zur Um­stel­lung des Ver­fah­rens noch nicht verjährt.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
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