Der Sachverhalt:
Die Betroffenen erhoben beim Staatsrat (Frankreich) Klagen gegen die Weigerung der CNIL, Google zur Entfernung der Links aufzufordern. Der Staatsrat setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH mehrere Fragen zur Auslegung der Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr vor.
Mit seiner ersten Frage möchte der Staatsrat wissen, ob in Anbetracht des speziellen Verantwortungsbereichs, der speziellen Befugnisse und der speziellen Möglichkeiten des Betreibers einer Suchmaschine das den anderen für die Verarbeitung Verantwortlichen auferlegte Verbot, besondere Kategorien personenbezogener Daten (wie solche, die politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen oder das Sexualleben betreffen) zu verarbeiten, auch für einen solchen Betreiber gilt. Die zweite vorgelegte Frage geht dahin, ob es eine systematische Verpflichtung des Betreibers einer Suchmaschine zur Entfernung von Links gibt.
Die Gründe:
Die Bestimmungen der Richtlinie 95/46/EG sind in einer Weise auszulegen, die dem Verantwortungsbereich, den Befugnissen und den Möglichkeiten des Betreibers einer Suchmaschine Rechnung trägt. Die in der Richtlinie 95/46/EG enthaltenen Verbote und Beschränkungen können auf den Betreiber einer Suchmaschine nicht so angewandt werden, wie wenn er selbst die sensiblen Daten in die verlinkten Internetseiten aufgenommen hätte. Da eine Suchmaschine logischerweise erst einsetzbar ist, nachdem (sensible) Daten online gestellt worden sind, können die Verbote und Beschränkungen auf sie nur aufgrund der Verlinkung Anwendung finden, also mittels einer nachträglichen Prüfung, wenn der Betroffene die Entfernung des Links begehrt. Der EuGH sollte daher feststellen, dass das den anderen für die Verarbeitung Verantwortlichen auferlegte Verbot der Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten auf die Tätigkeiten des Betreibers einer Suchmaschine Anwendung findet.
Hinsichtlich der zweiten Frage ist festzustellen, dass die Richtlinie 95/46/EG ein Verbot der Verarbeitung sensibler Daten aufstellt. Infolgedessen verpflichtet das dem Betreiber einer Suchmaschine auferlegte Verbot der Verarbeitung sensibler Daten ihn, den Anträgen auf Entfernung von Links zu Internetseiten, die solche Daten enthalten, vorbehaltlich der in der Richtlinie 95/46 vorgesehenen Ausnahmen systematisch stattzugeben. Die in der Richtlinie 95/46 vorgesehenen Ausnahmen vom Verbot der Verarbeitung sensibler Daten finden nämlich Anwendung, auch wenn einige von ihnen auf eine Suchmaschine eher theoretisch als praktisch anwendbar sein dürften.
Hinsichtlich der aufgrund der Freiheit der Meinungsäußerung zulässigen Ausnahmen und ihrer Vereinbarkeit mit dem Recht auf Privatleben sollte der EuGH antworten, dass der Betreiber einer Suchmaschine, wenn die Entfernung von Links zu Internetseiten, die sensible Daten enthalten, beantragt wird, eine Abwägung zwischen dem Recht auf Achtung des Privatlebens und dem Recht auf Datenschutz einerseits sowie dem Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu den fraglichen Informationen und dem Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung der Person, von der die Informationen stammten, andererseits vornehmen muss.
Für Fälle, in denen die Entfernung von Links zu Internetseiten beantragt wird, die unvollständig, unrichtig oder obsolet gewordene personenbezogene Daten enthalten, wie z.B. Presseartikel über einen Verfahrensabschnitt vor dem Ende eines Gerichtsverfahrens, sollte der EuGH entscheiden, dass der Betreiber einer Suchmaschine unter solchen Umständen im Einzelfall eine Abwägung zwischen dem Recht auf Achtung des Privatlebens und dem Recht auf Datenschutz gem. den Art. 7 und 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union einerseits sowie dem Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu den fraglichen Informationen andererseits vornehmen muss, unter Berücksichtigung der Tatsache, dass diese Informationen zu journalistischen, künstlerischen oder literarischen Zwecken dienen.
Linkhinweis:
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