Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine GbR in Liquidation. Zweck der GbR ist die Verwaltung und Vermietung von Grundbesitz. Gründungsgesellschafter der Klägerin waren die vier Kinder (A, B, C und D) der 2001 verstorbenen E. Am Vermögen und Ergebnis der Klägerin waren die Gründungsgesellschafter jeweils zu 25 % beteiligt. Der Gesellschaftsanteil des Gründungsgesellschafters A ging durch notariell beurkundeten Übertragungsvertrag vom 24.10.2005 auf dessen Söhne F und G über; die Anteilsübertragung stand unter dem Vorbehalt eines lebenslangen und unentgeltlichen Nießbrauchrechts zugunsten des Übertragenden, welcher berechtigt war, "sämtliche Nutzungen aus dem Gesellschaftsanteil zu ziehen".
Im Zeitpunkt der Errichtung der Klägerin am 22.12.1995 übertrug E im Wege der vorweggenommenen Erbfolge schenkweise unter Auflagen und dem Vorbehalt des Nießbrauchs drei verschiedene Immobilien auf die Gesellschafter der Klägerin zur gesamten Hand. Zwei der fortan im Gesamthandsvermögen der Klägerin befindlichen Immobilien wurden in den Jahren 1998 und 2000 von ihr veräußert.
Streitig war, ob die Klägerin im Veranlagungszeitraum 2007 (Streitjahr) durch die Veräußerung der verbliebenen dritten Immobilie den Tatbestand eines steuerbaren privaten Veräußerungsgeschäfts i.S.d. § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG verwirklicht hatte und ggf. in welcher Höhe den Gesellschaftern hieraus ein Gewinn i.S.d. § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG zuzurechnen ist.
Das FG wies die Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage statt.
Die Gründe:
Für eine gesonderte und einheitliche Feststellung und Zurechnung von Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG fehlte die gesetzliche Grundlage.
Zu den den Gesellschaftern einer grundbesitzenden Personengesellschaft zuzurechnenden sonstigen Einkünften können auch die Anteile am Überschuss gehören, welche die Gesellschaft in Form eines Gewinns aus privaten Veräußerungsgeschäften (§ 23 Abs. 3 EStG) durch den Verkauf einer im Gesamthandsvermögen befindlichen Immobilie erzielt. Zu den sonstigen Einkünften zählen u.a. solche aus privaten Veräußerungsgeschäften bei Grundstücken, soweit der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). Die Anschaffung oder Veräußerung einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einer Personengesellschaft gilt als Anschaffung oder Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter (§ 23 Abs. 1 Satz 4 EStG). Unter "Anschaffung" bzw. "Veräußerung" i.S.d.des § 23 EStG ist der entgeltliche Erwerb und die entgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts auf einen Dritten zu verstehen. Beide Teilakte des gestreckten Tatbestands eines steuerbaren privaten Veräußerungsgeschäfts müssen wesentlich vom Willen des Steuerpflichtigen abhängen und mithin Ausdruck einer "wirtschaftlichen Betätigung" sein.
Nach § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG können die Teilakte eines privaten Veräußerungsgeschäfts ("Anschaffung" und "Veräußerung") in materiell-rechtlicher Hinsicht auch durch den Erwerb eines Gesellschaftsanteils verwirklicht werden; denn nach der genannten Regelung gilt die Anschaffung oder Veräußerung einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einer Personengesellschaft als Anschaffung oder Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter. Darüber hinaus kann eine - von einer Personengesellschaft vorgenommene - entgeltliche Übertragung einer Immobilie aus dem Gesamthandsvermögen auf einen Dritten dem Gesellschafter nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO anteilig als "Veräußerungsgeschäft" i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zuzurechnen sein. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist eine gesonderte und einheitliche Feststellung und Zurechnung von Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften nach §§ 179 Abs. 1, 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO indes in Fällen, in denen die Anschaffung oder Veräußerung einer Gesellschaftsbeteiligung als Anschaffung oder Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter gilt (§ 23 Abs. 1 Satz 4 EStG), regelmäßig nicht zulässig, weil der rechtliche Vorgang, welcher nur über die Fiktions- oder Zurechnungsnorm zur Annahme eines "Anschaffungs-" oder "Veräußerungsgeschäfts" führt, nicht gemeinsam und in der Einheit der Gesellschaft, sondern individuell durch den Gesellschafter verwirklicht wird.
Im Streitfall war daher die vom Finanzamt vorgenommene gesonderte und einheitliche Feststellung der sonstigen Einkünfte aus der Veräußerung der maßgeblichen Immobilie schon deshalb rechtsfehlerhaft, weil die Voraussetzungen einer gemeinschaftlichen Erzielung von sonstigen Einkünften nicht vorlagen und es deshalb für die gesonderte und einheitliche Feststellung eines Gewinns aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG an einer gesetzlichen Grundlage fehlte. Durch das Ausscheiden des Gesellschafters B aus der vermögensverwaltenden GbR gegen Zahlung einer Abfindung war sein Anteil den verbleibenden Gesellschaftern C, D, F und G angewachsen. Jenseits der Frage, ob es sich hierbei für die verbleibenden Gesellschafter C, D, F und G um ein "Anschaffungsgeschäft" i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG gehandelt hat, haben diese den - durch die (gesetzliche) Rechtsfolge des § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgelösten - Anwachsungserwerb jeweils einzeln und nicht in der Einheit der Gesellschaft verwirklicht. Denn dieser Erwerb wurde nicht durch die das Personengesellschaftsverhältnis bestimmende gesamthänderische Bindung (§ 719 Abs. 1 BGB) geprägt, sondern beruhte auf einer gesellschaftsvertraglichen Regelung, mit der die Gründungsgesellschafter für den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters vorab eine individuelle, d.h. personenbezogene künftige Zuordnung des Anteils des Ausgeschiedenen vereinbart hatten.
Vor diesem Hintergrund war die Anwachsung in abgabenrechtlicher Hinsicht ein gesellschafterbezogener, kein gesellschaftsbezogener Vorgang; denn der Anwachsungserwerb ist ein Fall des Anteilserwerbs. Dieser rechtliche Befund wird auch nicht durch den Umstand infrage gestellt, dass die gesellschaftsvertragliche Regelung von allen Gesellschaftern getragen und in derselben Urkunde vereinbart wurde und der Anwachsungserwerb für alle verbliebenen Gesellschafter sodann zum gleichen Zeitpunkt stattgefunden hat. Im Streitfall hatte dies zur Folge, dass der angefochtene Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen insoweit rechtswidrig war, als darin Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG festgestellt wurden.
Gesellschafter einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft erfüllen den Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nur dann "gemeinsam", wenn die den Tatbestand des "privaten Veräußerungsgeschäfts" konstituierenden Teilakte - die Anschaffung und die Veräußerung - jeweils in der "Einheit der Gesellschaft" verwirklicht werden. Scheidet ein Gesellschafter aus einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft gegen Zahlung einer Abfindung aus und wächst sein Anteil den verbleibenden Gesellschaftern nach § 738 Abs. 1 BGB an, wird dieser Anwachsungserwerb durch die verbleibenden Gesellschafter jeweils einzeln und nicht in der Einheit der Gesellschaft verwirklicht.