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Anwendbarkeit der umsatzsteuerlichen Kleinunternehmerregelung

FG Sachsen-Anhalt 26.7.2016, 4 V 1379/15

Der Un­ter­neh­mer trägt das Ri­siko der zu­tref­fen­den Er­mitt­lung der Umsätze. Er­gibt sich auf­grund ei­ner Außenprüfung nachträglich, dass die Höhe des Vor­jah­res­um­sat­zes die Um­satz­grenze von 17.500 € über­schrit­ten hat, so steht fest, dass eine un­erläss­li­che Vor­aus­set­zung für die Nicht­er­he­bung der Steuer nach § 19 Abs. 1 S. 1 UStG von An­fang an ge­fehlt hat. Die Grenze von 17.500 € ist starr, so dass auch ein ge­ringfügi­ges Über­schrei­ten die An­wen­dung des § 19 UStG aus­schließt.

Der Sach­ver­halt:
Der An­trag­stel­ler be­treibt einen Ver­leih von Licht- und Ton­tech­nik. Weil er für das Streit­jahr 2013 zunächst keine Um­satz­steu­er­erklärung ab­ge­ge­ben hatte, schätzte der An­trags­geg­ner die Be­steue­rungs­grund­la­gen nach den Grundsätzen der Re­gel­be­steue­rung und setzte die Um­satz­steuer ent­spre­chend fest. Da­ge­gen legte der An­trag­stel­ler Ein­spruch ein, über den noch nicht ent­schie­den wurde.

Der An­trag­stel­ler be­an­tragte die Aus­set­zung der Voll­zie­hung des an­ge­foch­te­nen Be­schei­des. Er war der An­sicht, er un­ter­liege mit sei­nen Umsätzen des Streit­jahrs der Klein­un­ter­neh­mer­be­steue­rung, weil nach sei­nen Auf­zeich­nun­gen der Um­satz des Vor­jah­res 2012 nur 17.239 € be­tra­gen habe und er da­von aus­ge­gan­gen sei, dass er auch im Streit­jahr 2013 die Grenze von 17.500,00 € nicht über­schrei­ten werde. Im Rah­men ei­ner im Ja­nuar 2015 be­gon­ne­nen Außenprüfung sei je­doch fest­ge­stellt wor­den, dass er sich bei der Zu­sam­men­stel­lung sei­ner Umsätze aus 2012 um 152,78 € ver­rech­net habe. Weil er außer­dem für die von ihm getätig­ten Pri­vat­ein­la­gen kei­nen Nach­weis habe er­brin­gen können, seien Umsätze i.H.v. zunächst 2980 € hinzu ge­schätzt wor­den, die im Laufe des Ein­spruchs­ver­fah­rens aber auf 780 € ver­min­dert wor­den seien. Mit den da­nach ver­blie­be­nen Umsätzen von 18.172 € über­schreite er die Um­satz­grenze nur ge­ringfügig.

Der An­trag­stel­ler ist der Auf­fas­sung, das Über­schrei­ten die­ser Grenze müsse zu Be­ginn des Ka­len­der­jah­res für den Un­ter­neh­mer of­fen­sicht­lich und be­kannt sein. Daran fehle es je­doch im vor­lie­gen­den Fall. Selbst un­ter Berück­sich­ti­gung des Re­chen­feh­lers werde nach sei­ner Auf­stel­lung die Um­satz­grenze nicht über­schrit­ten. Er habe des­halb die Re­ge­lung des § 19 UStG kor­rek­ter­weise auch im Streit­jahr an­ge­wen­det, keine Um­satz­steuer be­rech­net und einen Vor­steu­er­ab­zug nicht gel­tend ge­macht. Da die Ent­schei­dung, die Re­geln der Klein­un­ter­neh­mer­be­steue­rung in An­spruch zu neh­men, zu Be­ginn ei­nes Ka­len­der­jah­res ge­trof­fen wer­den müsse, müsse auch für die Prüfung der Rechtmäßig­keit die­ser Ent­schei­dung auf die­sen Zeit­punkt ab­ge­stellt wer­den.

Das FG lehnte den An­trag ab.

Die Gründe:
Es be­stan­den keine ernst­li­chen Zwei­fel an der Rechtmäßig­keit des an­ge­foch­te­nen Ver­wal­tungs­ak­tes.

Zwar war die An­sicht des An­trag­stel­lers, das Über­schrei­ten der Um­satz­grenze des § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG müsse be­reits zu Be­ginn des Ka­len­der­jah­res für den Un­ter­neh­mer of­fen­sicht­lich und be­kannt sein, rich­tig. Al­ler­dings hat der Un­ter­neh­mer das Ri­siko der zu­tref­fen­den Er­mitt­lung der Umsätze zu tra­gen. Er­gibt sich - wie hier - auf­grund ei­ner Außenprüfung nachträglich, dass die Höhe des Vor­jah­res­um­sat­zes die Um­satz­grenze von 17.500 € über­schrit­ten hat, so steht nun­mehr fest, dass eine un­erläss­li­che Vor­aus­set­zung für die Nicht­er­he­bung der Steuer nach § 19 Abs. 1 S. 1 UStG von An­fang an ge­fehlt hat. Die Grenze von 17.500 € ist starr, so dass auch ein ge­ringfügi­ges Über­schrei­ten die An­wen­dung des § 19 UStG aus­schließt. Um­fang und Umstände des Über­schrei­tens sind ohne Be­deu­tung und für die Frage ei­ner sach­li­chen Un­bil­lig­keit un­er­heb­lich. Auf ein Ver­schul­den kommt es nicht an.

Wenn die Um­satz­grenze ob­jek­tiv über­schrit­ten war, der Un­ter­neh­mer aber - wie hier - sub­jek­tiv von einem Nichtüber­schrei­ten aus­ge­gan­gen ist, kommt le­dig­lich eine Bil­lig­keitsmaßnahme in Be­tracht. So soll die Fest­set­zung der Steuer un­bil­lig sein, wenn der Irr­tum ent­schuld­bar war und der Un­ter­neh­mer nach­wei­sen kann, dass er seine Preise ohne Um­satz­steuer kal­ku­liert hat. Die­ser An­sicht hat sich die Ober­fi­nanz­di­rek­tion Mag­de­burg an­ge­schlos­sen (Verfügung vom 30.11.2012, S 7360-4-St 244, USt-Kar­tei ST § 19 UStG Karte 4, UR 2013, 284). Ob die Vor­aus­set­zun­gen für einen sol­chen Er­lass im Streit­fall erfüllt sind, war je­doch ohne Ein­fluss auf die im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren al­lein zu prüfende Rechtmäßig­keit der Steu­er­fest­set­zung und muss des­halb in einem ge­son­der­ten Ver­fah­ren geprüft wer­den.

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