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Arbeitslohn im Zusammenhang mit der Verzinsung von Genussrechten

BFH 21.10.2014, VIII R 44/11

Der BFH ist an die re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­dende Ge­samtwürdi­gung des FG ge­bun­den, wo­nach es sich bei der Ver­zin­sung von Ge­nuss­rech­ten u.a. des­halb um Einkünfte aus nicht­selbständi­ger Ar­beit gem. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG und nicht um Ka­pi­tal­einkünfte gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG han­delt, weil die Höhe der Ver­zin­sung völlig un­be­stimmt ist und von einem aus Ar­beit­ge­ber und einem Ver­tre­ter der Ar­beit­neh­mer be­ste­hen­den Part­ner­schafts­aus­schuss be­stimmt wird. Die fal­sche Be­zeich­nung der Ände­rungs­vor­schrift im Ände­rungs­be­scheid führt nicht zur Rechts­wid­rig­keit des geänder­ten Be­scheids.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger er­zielte im Streit­jahr 2003 Einkünfte aus nicht­selbständi­ger Ar­beit aus sei­ner Tätig­keit als Ar­beit­neh­mer ei­ner GmbH und Ka­pi­tal­einkünfte. Als Ar­beits­lohn er­hielt er ne­ben einem fes­ten Ge­halt eine Er­folgs­be­tei­li­gung. Die GmbH räumte ih­ren Ar­beit­neh­mern die Möglich­keit ein, un­ver­briefte Ge­nuss­rechte in der Form A und B an ih­rem Un­ter­neh­men zu er­wer­ben. Diese un­ter­schie­den sich da­durch, dass das Ge­nuss­recht der Form A aus Leis­tun­gen des Mit­ar­bei­ters und ei­ner steu­er­freien Ver­bil­li­gung nach § 19a EStG und das Ge­nuss­recht der Form B aus ei­ner Mit­ar­bei­ter­er­folgs­be­tei­li­gung und/oder Ei­gen­mit­teln des Ar­beit­neh­mers fi­nan­ziert wurde. Zum Be­zug der Ge­nuss­rechte be­rech­tigt wa­ren grundsätz­lich alle Mit­ar­bei­ter.

Nach den Ge­nuss­rechts­be­din­gun­gen sollte das Ge­nuss­rechts­ka­pi­tal an­ge­mes­sen ver­zinst wer­den. Die Höhe der Ver­zin­sung be­stimmte ein Part­ner­schafts­aus­schuss, der sich aus einem der Ar­beit­neh­mer, der Ge­nuss­rechte besaß, einem Alt­ge­sell­schaf­ter und einem Ver­tre­ter der Ge­schäftsführung zu­sam­men­setzte. Die Ge­nuss­rechte wa­ren ent­spre­chend ih­rem Verhält­nis zum Ge­sell­schaf­ter­ka­pi­tal auch am Ver­lust der Ge­sell­schaft be­tei­ligt, wo­bei sich die Ver­lust­be­tei­li­gung auf die Ein­lage be­schränkte. Im Fall der Li­qui­da­tion er­folgte die Rück­zah­lung des Ge­nuss­rechts­ka­pi­tals zum Nenn­wert, ab­zgl. ei­ner et­wai­gen Ver­lust­be­tei­li­gung nach Be­frie­di­gung der übri­gen Gläubi­ger. Eine Be­lei­hung, Verpfändung und der Ver­kauf des Ge­nuss­rechts wa­ren für die ge­samte Lauf­zeit aus­ge­schlos­sen. Die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses führte bei den Ge­nuss­rech­ten der Form B au­to­ma­ti­sch zur Kündi­gung der Ge­nuss­rechts­be­tei­li­gung.

Der Kläger er­warb Ge­nuss­rechte der Form A im Nenn­wert von rd. 7.500 € und der Form B im Nenn­wert von rd. 7.700 €. Das Ge­nuss­rechts­ka­pi­tal wurde im Jahr 2002 i.H.v. rd. 2.000 € ver­zinst und die Vergütung im Streit­jahr 2003 an den Kläger aus­ge­zahlt. Im Ein­kom­men­steu­er­be­scheid für 2003 von No­vem­ber 2004 berück­sich­tigte das Fi­nanz­amt diese Ein­nah­men erklärungs­gemäß als Ein­nah­men aus Ka­pi­tal­vermögen. Nach ei­ner Lohn­steuer-Außenprüfung bei der GmbH er­ließ es im De­zem­ber 2008 einen geänder­ten Ein­kom­men­steu­er­be­scheid für 2003, in dem es die Ein­nah­men des Klägers aus der Ver­zin­sung der Ge­nuss­rechte als Ar­beits­lohn der Be­steue­rung zu­grunde legte, so dass sich der Spa­rer­frei­be­trag nicht mehr in vol­ler Höhe steu­er­min­dernd aus­wirkte. Als Rechts­grund­lage für den Ände­rungs­be­scheid gab es § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO an.

Das FG wies die Klage ab. Die Re­vi­sion des Klägers hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Das FG hat zu­tref­fend ent­schie­den, dass es sich bei den Erträgen aus den Ge­nuss­rech­ten um Einkünfte aus nicht­selbständi­ger Ar­beit gemäß § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG han­delt.

Zu den Ein­nah­men aus nicht­selbständi­ger Ar­beit gehören nach § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG alle Güter, die in Geld oder Gel­des­wert be­ste­hen und die dem Ar­beit­neh­mer aus dem Dienst­verhält­nis für das Zur­verfügung­stel­len sei­ner in­di­vi­du­el­len Ar­beits­kraft zu­fließen. Kein Ar­beits­lohn liegt vor, wenn die Zu­wen­dung we­gen an­de­rer Rechts­verhält­nisse oder auf­grund sons­ti­ger, nicht auf dem Dienst­verhält­nis be­ru­hen­der Be­zie­hun­gen zwi­schen Ar­beit­neh­mer und Ar­beit­ge­ber gewährt wird. Ent­spre­chen­des gilt, wenn der Ar­beit­neh­mer sich an dem Ka­pi­tal sei­nes Ar­beit­ge­bers durch den Er­werb von Ge­nuss­rech­ten be­tei­ligt. Auch hier kann das Ge­nuss­recht ei­genständige Er­werbs­grund­lage sein, so dass da­mit in Zu­sam­men­hang ste­hende Er­werbs­ein­nah­men und Er­werbsauf­wen­dun­gen in kei­nem ein­kom­men­steu­er­recht­lich er­heb­li­chen Ver­an­las­sungs­zu­sam­men­hang zum Ar­beits­verhält­nis ste­hen.

Er­for­der­lich ist al­ler­dings, dass auch bei ei­ner sol­chen Form der Mit­ar­bei­ter­be­tei­li­gung ein Son­der­rechts­verhält­nis begründet wird, das un­abhängig vom Ar­beits­verhält­nis be­steht und den ge­sam­ten Leis­tungs­aus­tausch der Ver­trags­part­ner ab­bil­det, ohne dass da­ne­ben noch dem Ar­beits­verhält­nis zu­zu­ord­nende, lohn­steu­er­recht­lich er­heb­li­che Leis­tun­gen vor­lie­gen. Da­bei schließt al­lein der Um­stand, dass Ge­nuss­rechte nur Mit­ar­bei­tern des Un­ter­neh­mens an­ge­bo­ten wer­den, es nicht aus, dass die Erträge ihre Ur­sa­che al­lein im Er­werb der Ge­nuss­rechte ha­ben und da­mit als ein nicht aus dem Ar­beits­verhält­nis re­sul­tie­ren­der Vor­teil zu qua­li­fi­zie­ren sind. Denn jede Form der Mit­ar­bei­ter­be­tei­li­gung ist na­tur­gemäß auf den Ar­beit­neh­mer be­zo­gen, und zwar auch dann, wenn der Ar­beit­ge­ber nur einen Teil sei­ner Ar­beit­neh­mer an sei­nem Un­ter­neh­men be­tei­li­gen möchte. Die Be­ant­wor­tung der Frage, ob eine Zu­wen­dung durch das Dienst­verhält­nis ver­an­lasst ist, ob­liegt in ers­ter Li­nie der ta­trich­ter­li­chen Würdi­gung durch das FG. Da­nach ist die Vor­ent­schei­dung re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den.

Das FG ist auf­grund ei­ner Ge­samtwürdi­gung der Be­din­gun­gen, zu de­nen der Er­werb und die Ver­zin­sung der Ge­nuss­rechte der Form A und B er­folg­ten, zu dem Er­geb­nis ge­langt, dass die Ein­nah­men des Klägers aus den Erträgen der Ge­nuss­rechte durch das Ar­beits­verhält­nis ver­an­lasst wa­ren, da eine un­trenn­bare Be­zie­hung zwi­schen dem Ar­beits­verhält­nis und den Ge­nuss­rech­ten be­stand. Es hat dies nicht nur dar­aus ge­schlos­sen, dass die Ge­nuss­rechte nur von Ar­beit­neh­mern der GmbH er­wor­ben wer­den konn­ten und die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses bei den Ge­nuss­rech­ten der Form B au­to­ma­ti­sch zur Kündi­gung der Ge­nuss­rechts­be­tei­li­gung führte, son­dern auch dar­aus, dass die Ver­zin­sung der Ge­nuss­rechte nicht zu marktübli­chen Kon­di­tio­nen er­folgte, da sich ein frem­der Ka­pi­tal­ge­ber auf eine nur als "an­ge­mes­sen" be­zeich­nete und da­mit völlig un­be­stimmte Ver­zin­sung nicht ein­ge­las­sen hätte.

Diese Würdi­gung ist möglich und in sich schlüssig, sie verstößt auch nicht ge­gen Denk­ge­setze oder Er­fah­rungssätze oder ge­setz­li­che Aus­le­gungs­re­geln. Der BFH ist da­her an die zu den tatsäch­li­chen Fest­stel­lun­gen gehörende Ge­samtwürdi­gung des FG ge­bun­den (vgl. § 118 Abs. 2 FGO). Rechts­feh­ler­frei hat das FG i.Ü. ent­schie­den, dass das Fi­nanz­amt nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO be­rech­tigt war, den Ein­kom­men­steu­er­be­scheid für das Streit­jahr zu Las­ten des Klägers zu ändern, da dem Fi­nanz­amt die Be­din­gun­gen, zu de­nen die Ge­nuss­rechte ver­zinst wur­den, erst nach dem Er­lass des Be­scheids be­kannt ge­wor­den sind. Die fal­sche Be­zeich­nung der Ände­rungs­vor­schrift im Ände­rungs­be­scheid führt nicht zur Rechts­wid­rig­keit des geänder­ten Be­scheids

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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