Nach dem sog. Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) müssen Unternehmen interne und externe Meldemöglichkeiten für ihre Mitarbeitenden schaffen, damit diese bestimmte Missstände im Unternehmen melden können, ohne Repressalien befürchten zu müssen.
Hinweis: Ausführliche Informationen zum Hinweisgeberschutzgesetz finden Sie hier.
Sicherstellung unternehmensinterner Abläufe
Kommt es zu einer Meldung, müssen bestimmte unternehmensinterne Abläufe sichergestellt sein. Diese sollten in einer Hinweisgeberrichtlinie, ggf. auch in einem Code of Conduct, festgelegt und entsprechend kommuniziert werden. Die Mitarbeitenden sollten dabei dazu angehalten werden, vorzugsweise an die interne Meldestelle zu melden, um evtl. Rufschädigungen zu vermeiden. Der Prozess nach Eingang einer Meldung ist gesetzlich vorgeschrieben. Es empfiehlt sich, einen verschrifteten Ablaufplan zu erstellen, um Rückmeldefristen und Vertraulichkeit zu wahren.
Ernennung von Ansprechpartnern
Für die internen Meldungen müssen unabhängige (Compliance-)Ansprechpartner benannt werden. Infrage kommen sowohl interne Mitarbeitende wie auch externe Dritte. Sofern Unternehmen die interne Meldestelle mit eigenen Mitarbeitenden betreiben, muss die personelle Ausstattung der Meldestelle sichergestellt und das zuständige Personal insb. im Bereich Compliance geschult sein. Die zuständigen Beschäftigten müssen rechtlich prüfen können, ob der gemeldete Hinweis nach dem HinSchG meldefähig ist, und die hohen Anforderungen an die vertrauliche Behandlung der Meldung erfüllen. Weiter müssen sie interne Folgemaßnahmen, wie bspw. interne Untersuchungen durchführen können. Arbeitgeber sollten entsprechende Qualifikationsnachweise dokumentieren und im Bedarfsfall vorhalten können. Wichtig ist zudem, dass die Unabhängigkeit der zuständigen Beschäftigten gewährleistet wird und Interessenkonflikte ausgeschlossen werden können.
Hinweis: Sofern Unternehmen die interne Meldestelle durch externe Ombudspersonen, etwa Rechtsanwälte, organisieren, können sie sich auf deren Qualifikationen verlassen.
Einbindung des Betriebsrats
Besteht ein Betriebsrat im Unternehmen, sollte dieser bei der Implementierung eines Hinweisgebersystems frühzeitig eingebunden und angemessen beteiligt werden. Konkret ist der Betriebsrat vorab über die geplante Einrichtung eines Hinweisgebersystems zu informieren, § 80 Abs. 2 BetrVG. Dessen Implementierung kann ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG auslösen, wonach der Betriebsrat bei Fragen der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens der Beschäftigten im Betrieb mitzubestimmen hat.
Zwar besteht bei der Entscheidung über das „Ob“, also ob eine interne Meldestelle errichtet wird, angesichts der bestehenden gesetzlichen Verpflichtung kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Aber beim „Wie“ bestehen Gestaltungsspielräume hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung des Hinweisgebersystems oder der Benennung der die interne Meldestelle betreibenden internen Mitarbeitenden, bei der der Betriebsrat einzubinden ist (§ 99 BetrVG).
Entsprechend ist wiederum die Entscheidung darüber, ob das Unternehmen die interne Meldestelle im Unternehmen selbst oder bei einem externen Dritten einrichtet, nicht mitbestimmungspflichtig.
Auch bietet das weitere Verfahren bezüglich der Bearbeitung der eingegangenen Hinweise Spielräume für die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats.
Schließlich sind die Betriebsräte vor etwaigen Schulungsmaßnahmen, die aufgrund der Errichtung und des Betriebs einer internen Meldestelle erforderlich werden, ordnungsgemäß nach §§ 96 ff. BetrVG zu beteiligen.
Unternehmensinterne Vorkehrungen wegen des Schutzes des Hinweisgebers vor Repressalien
Das HinSchG verbietet jegliche Repressalien gegenüber hinweisgebenden Personen. Es darf ihnen gegenüber also bspw. nicht zu einer Kündigung, der Nichtberücksichtigung bei einer Beförderungsmöglichkeit, einer Versetzung oder der Versagung bzw. Reduzierung eines Bonus kommen. Zur effektiven Ausgestaltung dieses Verbots von Repressalien können sich hinweisgebende Personen auf eine Beweislastumkehr berufen. Demnach wird das Vorliegen einer Repressalie gesetzlich vermutet und der Arbeitgeber muss diese Vermutung widerlegen. Vor diesem Hintergrund sollten Unternehmen bei geplanten Personalmaßnahmen die Grundlagen und Beweggründe von Personalentscheidungen gut dokumentieren.
Melde- und Anzeigepflichten beachten
Um Verstöße effektiv ahnden bzw. abstellen zu können, müssen Melde- und Anzeigepflichten beachtet und ggf. arbeitsrechtliche Fristen überwacht werden.
Von bestimmten Ausnahmen (§ 138 StGB) abgesehen, sind Straftaten grundsätzlich nicht anzeigepflichtig. Jedoch kann bei steuerrechtlichen Zuwiderhandlungen eine unverzügliche Berichtigungspflicht nach § 153 AO bestehen, deren Verletzung eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung nach sich ziehen kann. Weitere Meldepflichten können sich aus dem Geldwäschegesetz ergeben. Unter Umständen kann sich eine aktive Kontaktaufnahme mit den Ermittlungsbehörden empfehlen, um das Risiko einer zeitnahen anderweitigen Kenntnisnahme durch die Behörden, etwa durch externe Meldestellen, zu reduzieren. Dies kann auch zur Abwendung drohender Zwangsmaßnahmen und zur Beschränkung des Risikos einer eigenen Strafbarkeit ggf. durch Unterlassen dienen. Zudem erfordert ein funktionierendes Compliance-System ein klares Bekenntnis zu rechtskonformem Verhalten, was seinerseits durch Erstattung einer Strafanzeige gewährleistet werden kann. Wird die Erstattung einer Strafanzeige in Betracht gezogen, ist bei sog. Antragsdelikten die dreimonatige Antragsfrist zu beachten.