Der Sachverhalt:
Mit am 27.9. sowie am 2. und 23.10.2006 beim BZSt eingegangenen Schreiben beantragte die Klägerin für Vergütungen, die ihr im Zusammenhang mit insgesamt 71 tourneemäßigen Gastspielen verschiedener Künstlergruppen in der Zeit vom 24.9.2006 bis zum 29.10.2007 in verschiedenen Auftrittsorten in Deutschland zugeflossen waren bzw. noch zufließen würden, die Freistellung vom Steuerabzug nach § 50d Abs. 2 S. 1 EStG i.V.m. Art. 17 Abs. DBA Österreich. Insgesamt 16 dieser Veranstaltungen hatten zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits stattgefunden; bei 13 dieser 16 Veranstaltungen war außerdem die Vergütung schon vor der Antragstellung an die Steuerpflichtige gezahlt worden. Im Laufe des Antragsverfahrens wurden durch verschiedene deutsche Veranstalter Abzugsteuern nach § 50a EStG angemeldet oder seitens der zuständigen Finanzämter Haftungsbescheide erlassen. Zum Teil wurde die Steuer durch die Finanzämter auf null € festgesetzt. Für einen Teil der Veranstaltungen erhielt die Klägerin im Laufe des Verfahrens Erstattungen von den jeweils örtlich zuständigen Finanzämtern.
Das BZSt lehnte die Anträge auf Erteilung von Freistellungsbescheinigungen ab, weil die Klägerin die nach Art. 17 Abs. 3 DBA Österreich erforderlichen Unterlagen nicht vorgelegt habe. Die Klägerin machte geltend, die vereinbarten Vergütungen für die Organisation der Theaterveranstaltungen seien nicht einheitlich als solche aus der Verwertung einer künstlerischen Tätigkeit i.S.v. Art. 17 DBA Österreich anzusehen, sondern müssten - ggf. im Wege der Schätzung - in Einkünfte aus der Verwertung einer künstlerischen Tätigkeit einerseits und Einkünfte aus organisatorischer Tätigkeit (Produktion, Technik, Transport) andererseits aufgeteilt werden.
Das FG hat die Klage als teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin war vor dem BFH zum Teil erfolgreich.
Gründe:
Die Revision war in Bezug auf jene Verfahren, hinsichtlich derer das FG die Klage als unzulässig abgewiesen hatte, weil die Anträge erst nach dem Zufluss der jeweiligen Vergütung gestellt worden sind oder weil die örtlich zuständigen Finanzämter die Steuern inzwischen auf null € festgesetzt haben, als unbegründet zurückzuweisen. Insofern fehlte es an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Hinsichtlich der Anträge, die erst nach Zufluss der Vergütungen gestellt wurden, kam im Streitfall eine an sich mögliche Änderung nach § 164 Abs. 2 AO nicht mehr in Betracht, weil die jeweils maßgeblichen Festsetzungsfristen bereits abgelaufen waren. Auch führt der nachträgliche Erlass einer Freistellungsbescheinigung nicht zu einer Änderung der Steueranmeldung nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO, weil die nachträgliche Erteilung nicht als rückwirkendes Ereignis gilt.
Das FG hat jedoch zu Unrecht angenommen, dass der Steuerpflichtigen aus materiellem Recht kein Anspruch auf Erteilung von Freistellungsbescheinigungen zusteht, weil die Vergütungen einheitlich behandelt werden müssten und daher insgesamt Art. 17 Abs. 2 DBA - Österreich unterfielen. Vielmehr kommt auch die Erteilung partieller Freistellungsbescheinigungen für jene Vergütungsteile in Betracht, die auf die Bezahlung von anderen Leistungen als die persönlich ausgeübte Tätigkeit von Künstlern entfallen.
Im vorliegenden Fall waren die von der Klägerin mit den Veranstaltern vereinbarten Vergütungen für ein "Gesamtarrangement" gezahlt worden, das neben dem im Vordergrund stehenden künstlerischen Auftritt als solchem auch damit zusammenhängende anderweitige Leistungen organisatorischer oder technischer Natur (z.B. Produktion, Technik, Organisation, Transport) umfasste. Die diesen Teilleistungen zuzuordnenden Vergütungsteile unterfallen jedoch nicht Art. 17 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 1 DBA Österreich, weil sie kein Entgelt für eine persönlich ausgeübte Künstlertätigkeit darstellen. Im Unterschied zum Tatbestand der beschränkten Steuerpflicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 2d EStG umfasst Art. 17 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 1 DBA Österreich keine Einkünfte aus anderen Leistungen, die mit den künstlerischen Leistungen in Zusammenhang stehen.
In derartigen Fällen ist auch unter praktischen Gesichtspunkten eine Aufteilung - ggf. im Wege der Schätzung gem. § 162 AO - nicht undurchführbar. So könnte die Steuerpflichtige etwa durch Vorlage von Kostenaufstellungen und sonstige Darlegungen ihrer Kalkulationsgrundlagen eine hinreichende Basis für eine Zuordnung von Vergütungsteilen im Schätzungswege schaffen. Insofern wird der Streitfall zur weiteren Sachaufklärung an das FG zurückverweisen. Dabei wird sich das FG auch ggf. näher mit dem Einwand des BZSt befassen müssen, die Steuerpflichtige habe im Hinblick auf die von ihr an einzelne Künstler gezahlten Honorare ihrerseits die Anmeldepflicht nach § 50a Abs. 4 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2d EStG verletzt.
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