Mit dem auf der EU-Richtlinie 2017/828 basierenden Gesetz wurden weitere Konsequenzen aus der Finanzkrise gezogen. Eine wesentliche Änderung ist der in § 162 AktG festgeschriebene Vergütungsbericht, der erstmalig für das nach dem 31.12.2020 beginnende Geschäftsjahr anzuwenden ist.
Neue Anforderungen an den Vergütungsbericht
Nach § 87a AktG obliegt es dem Aufsichtsrat, ein klares und verständliches System zur Vergütung der Vorstände zu bestimmen, welches nun auch die Festlegung einer Maximalvergütung der Vorstandsmitglieder vorsieht. Dabei kann die Maximalvergütung auf den Vorstand insgesamt oder für jedes einzelne Vorstandsmitglied individuell festgelegt werden.
In dem jährlich von Vorstand und Aufsichtsrat zu erstellenden Vergütungsbericht ist unter anderem auch zu erläutern, wie die festgelegte Maximalvergütung der Vorstandsmitglieder eingehalten wurde, da nur so der Hauptversammlung eine Überprüfung des Vergütungssystems möglich ist.
Der Vergütungsbericht enthält nach § 162 AktG eine jährliche Berichterstattung durch Vorstand und Aufsichtsrat über die im letzten Geschäftsjahr jedem einzelnen gegenwärtigen oder früheren Mitglied des Vorstands und des Aufsichtsrats von der Gesellschaft und von Unternehmen desselben Konzerns (§ 290 HGB) gewährte und geschuldete Vergütung.
Die einzelnen Mindestbestandteile des Vergütungsberichts sind – soweit einschlägig – in § 162 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 und § 162 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 AktG vorgegeben.
Die bisherigen Mustertabellen des DCGK 2017 sind in dem überarbeiteten DCGK 2019 nicht mehr enthalten. Der Gesetzgeber hielt vor diesem Hintergrund eine Übernahme in § 162 AktG nicht für erforderlich. Stattdessen verweist er in seiner Begründung darauf, dass nach Art. 9b Abs. 6 der zweiten Aktionärsrechterichtlinie Leitlinien von der EU-Kommission zur Präzisierung einer standardisierten Darstellung veröffentlicht werden, die nach derzeitiger Auffassung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz über den bisherigen Umfang hinausgehen. Zum bisherigen Zeitpunkt sind noch keine solchen Leitlinien erlassen worden. Ein Rückgriff auf die bestehenden Tabellen aus dem DCGK 2017 ist aber weiterhin möglich, wobei diese an die neuen gesetzlichen Anforderungen anzupassen sind.
Soziale und ökologische Aspekte bei der Wahl der Vergütungsanreize
Dem Beitrag der Vergütung zur Förderung der Geschäftsstrategie und zur langfristigen Entwicklung der Gesellschaft wird nun deutlich mehr Relevanz beigemessen, als dies in der Vergangenheit der Fall war.
Bisher war der Aufsichtsrat verpflichtet, bei der Festsetzung der Vorstandsvergütung auf eine „nachhaltige Entwicklung“ der Gesellschaft zu achten. Mit der in § 87 Abs. 1 Satz 2 AktG vollzogenen Dopplung der Begriffe „nachhaltig“ und „langfristig“ soll deutlich werden, dass der Aufsichtsrat bei der Festsetzung der Vergütung, insb. der Wahl der Vergütungsanreize, auch soziale und ökologische Gesichtspunkte in den Blick zu nehmen hat. Die Festlegung sozialer und ökologischer Gesichtspunkte bei der Bemessung der Vorstandsvergütung und deren Gewichtung obliegt dem Aufsichtsrat; ein Mindestanteil ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. In Anlehnung an die Kommentierung zur Angabe von Informationen zur sog. Geschlechterquote kann auch ein Anteil von „0 %“ zulässig sein, wobei dies dann in den Vergütungsbericht aufzunehmen und ggfs. zu begründen ist. Zudem ist darin nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 AktG zu erläutern, wie die Vergütung die langfristige und nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft fördert.
Kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern sind zur Veröffentlichung einer nicht-finanziellen Erklärung verpflichtet, die u. a. auch auf soziale und ökologische Aspekte eingehen soll.
Der Vergütungsbericht kann – muss jedoch nicht – auf diese Erklärung eingehen und hieraus Vergütungsbestandteile ableiten und insoweit den Einklang von Vergütungsbericht und nicht-finanzieller Erklärung sicherstellen.
Hinweis
Obwohl die nicht-finanzielle Erklärung in den Verantwortungsbereich des Vorstands fällt und die Vergütungspolitik in den Verantwortungsbereich des Aufsichtsrats, halten wir eine materielle inhaltliche Diskrepanz zwischen nicht-finanzieller Erklärung und Grundlagen der Incentivierung einer nachhaltigen Vergütung für nicht sachgerecht, u. a. da der Aufsichtsrat die Erklärung selbst zu prüfen hat.
Kapitalmarktorientierte Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitern waren bisher nicht zur Veröffentlichung einer solchen Erklärung verpflichtet. Hier obliegt es dem Aufsichtsrat, eine angemessene Grundlage zur Erarbeitung entsprechender nachhaltiger Anreizsysteme zu schaffen und den hierfür notwendigen zeitlichen Vorlauf zu berücksichtigen.
Rolle der Hauptversammlung
Die Hauptversammlung beschließt nicht nur über das Vergütungssystem, sondern muss jährlich über die Billigung des Vergütungsberichts entscheiden.
Wer muss veröffentlichen?
Der Vergütungsbericht ist von Vorstand und Aufsichtsrat zu erstellen und zusammen mit einem Vermerk des Abschlussprüfers § 162 Abs. 4 AktG folgend für zehn Jahre auf der Internetseite kostenfrei öffentlich zugänglich zu machen, wobei bestimmte personenbezogene Daten nicht enthalten sein dürfen.
Rolle des Abschlussprüfers
Nach Herauslösen des Vergütungsberichtes aus dem Lagebericht obliegt dem Abschlussprüfer nur noch eine formelle Prüfung nach § 162 Abs. 3 AktG. Diese ist darauf beschränkt, ob die Angaben nach § 162 Abs. 1 AktG im Vergütungsbericht enthalten sind. Darüber hinaus hat der Abschlussprüfer zu prüfen, ob die Bezugnahme auf die Internetseite nach § 289f Abs. 2 Nr. 1a AktG richtig erfolgt ist. Ergebnis einer solchen formellen Prüfung soll ein Vermerk über die Prüfung sein. Die Ausgestaltung eines solchen Prüfvermerks hat sich berufsrechtlich noch nicht etabliert, wird sich vermutlich aber in Form und Aufbau an Prüfvermerken zu nicht-finanziellen Erklärungen orientieren. Grundsätzlich kann eine inhaltliche Prüfungspflicht durch einen Abschlussprüfer vorgenommen werden, der nicht zugleich Jahres- und Konzernabschlussprüfer ist. Es ist gesetzlich nicht geregelt, ob das Ergebnis einer solchen inhaltlichen Prüfung ebenso zu veröffentlichen ist, wie das Ergebnis der formellen Prüfung.