Vermögensbewertung als Teil des Vermögenscontrollings
Eine Kernaufgabe von Family Offices ist die zielgerichtete Steuerung der Vermögenswerte. Für effektive Investitions- oder Desinvestitionsentscheidungen ist eine regelmäßige und zeitnahe Beobachtung der Wertentwicklung aller Vermögensklassen nötig. Darüber hinaus dient eine marktgerechte Bewertung von Vermögenswerten zur Bestimmung von Abschreibungsbedarf im handelsrechtlichen Jahresabschluss sowie für ein belastbares Reporting gegenüber Prinzipalen, Banken und weiteren Stakeholdern.
Aktuell wird die Vermögensbewertung und damit ein effektives Vermögenscontrolling jedoch durch zahlreiche potenzielle Wertberichtigungsrisiken erschwert. Dies betrifft insbesondere illiquide Vermögenswerte, wie Unternehmensbeteiligungen, Immobilien, Beteiligungen an Private Equity Fonds oder Anteilen an Projektentwicklungsgesellschaften, die das Anlageportfolio von Family Offices trotz oder gerade wegen der gegenwärtigen Herausforderungen weiterhin dominieren.
Aktuelle Wertberichtigungsrisiken im Portfolio von Family Offices
Immobilien
Neben Aktien und Anleihen stellen Immobilien bei der Mehrzahl der Family Offices die größte Anlageklasse dar. Im Unterschied zur Anlage in Kapitalmarktinstrumente gestaltet sich die Bewertung von Immobilien zwar deutlich aufwendiger, aufgrund von geringen Wertschwankungen eigenen sie sich jedoch besonders für die langfristige Anlagestrategie von Family Offices. Trotzdem gibt es eine Reihe von Faktoren, die den Immobilienwert aktuell beeinflussen und daher ggf. eine Neubewertung des Immobilienbestands erfordern.
- Aufgrund des gestiegenen Zinsniveaus und der Verteuerung von Immobilienkrediten sind die Vervielfältiger im Immobilienbereich sowohl bei Wohn- als auch bei Gewerbeimmobilien gesunken. Zudem drohen höher verzinste Anschlussfinanzierungen.
- Vor dem Hintergrund der aktuellen gesetzgeberischen Entwicklungen besteht bei älteren Gebäuden ein erhöhter Investitionsbedarf für energetische Sanierungen.
- Die Leerstandsquoten für Gewerbeimmobilien sind in den letzten Jahren in den sieben größten Städten deutlich angestiegen, was zu Wertminderungen führt. Dies betrifft vor allem ältere Gebäude, die nicht für neue und flexible Raumnutzungskonzepte ausgelegt sind.
- Auch Logistikobjekte haben sich in letzter Zeit aufgrund globaler Lieferketten-Problemen als nicht absolut krisensicher gezeigt.
Projektentwicklungsgesellschaften
Neben der Direktinvestition in Immobilien haben Family Offices in den letzten Jahren zunehmend in Immobilienprojektentwicklungen investiert. Insbesondere die im Vergleich zur Investition in Bestandsimmobilien deutlich höheren Renditeerwartungen haben Family Offices dazu veranlasst, sich selbst oder auch gemeinsam in Club Deals an Projektentwicklungsgesellschaften zu beteiligen oder eigene Projektentwicklungen zu betreiben.
Für diese Anlageklasse ist insbesondere aufgrund der folgenden Risiken eine Neubewertung erforderlich.
- Sinkende Vervielfältiger führen zu geringeren Verkaufspreisen bei Fertigstellung des Immobilienprojekts mit negativen Auswirkungen auf die kalkulatorische Rendite.
- Steigende Baukosten durch gestiegene Rohstoffpreise und Personalkosten und der Fachkräftemangel am Bau, verschlechtern die Profitabilität der Projektentwicklung und sorgen für erhöhte Unsicherheit in den Projektkalkulationen und der Ergebniserwartung.
- Darüber hinaus belasten Verzögerungen bei der Fertigstellung aufgrund von Kapazitätsengpässen im Baugewerbe die Finanzierung und erfordern ggf. eine Nach- oder Refinanzierung bzw. einen Nachschuss von Eigenkapital.
- Vielfach sind Projektentwicklungsfinanzierungen durch - zumindest teilweise - variable Finanzierungskonditionen gekennzeichnet. In Zeiten steigender Zinsen wirkt sich dies nachteilig auf die Ergebniskalkulation und die Rendite der Projektentwicklung aus.
Direktbeteiligungen
Zwar setzen viele Family Offices aktuell nur zu einem geringen Anteil auf Direktinvestitionen. Die Investition in direkte Unternehmensbeteiligungen oder alternative Investments (v. a. in Infrastruktur wie bspw. Wind- oder Solarparks, Glasfasernetzbetreiber etc.) stellt jedoch eine interessante Alternative zu Anleihen und Immobilien dar und gewinnt daher zunehmend an Bedeutung.
Auch Direktbeteiligungen sind im aktuellen Marktumfeld einer Reihe von Risiken ausgesetzt, die sich auf die Bewertung dieses Vermögensinstruments niederschlagen können.
- Aufgrund der gestiegenen risikolosen Zinssätze sind die Kapitalisierungszinssätze gestiegen, was zu einer niedrigeren Bewertung führt. Dies spiegelt sich auch in sinkenden Multiplikatoren bei Unternehmenstransaktionen wider.
- Steigende Refinanzierungskosten belasten die Cashflows. Da viele Unternehmen über variabel verzinsliche Finanzierungen verfügen, wirken sich steigende Zinsen unmittelbar auf die Cashflows aus.
- Zudem sehen sich viele Direktbeteiligungen aufgrund der makroökonomischen Situation in Deutschland, aber auch weltweit, mit operativen Herausforderungen konfrontiert.
Hinweis: Für Private Equity-Investitionen gelten grundsätzlich die gleichen Werttreiber wie für Direktbeteiligungen. Durch die Investition in Private Equity-Fonds ist jedoch die Diversifikation und die damit zu erzielende Risikostreuung tendenziell breiter als bei einem Einzelinvestment. Jedoch sind Wertrisiken in einem Private Equity-Portfolio schwieriger zu identifizieren, da die Investoren in der Regel keinen direkten Zugang und keine detaillierten Informationen über die Geschäftsentwicklung der Portfoliogesellschaften haben.
Herausforderungen bei der Bewertung illiquider Vermögenswerte
Um einen Überblick über die Vermögensstruktur und deren Optimierung zu behalten, nutzen viele Family Offices digitale Softwarelösungen zur Steuerung der Asset Allocation und der Bewertung ihres Vermögens. In Fällen liquider Vermögenswerte, wie bspw. Aktien oder Anleihen, erfolgt die Bewertung auf Basis aktueller Kurse. Eine Vermögenscontrollingsoftware kann diese einfach und transparent abbilden. Bei illiquiden Vermögenswerten, wie Unternehmensbeteiligungen, Immobilien, Beteiligungen an Private Equity-Fonds oder Anteilen an Projektentwicklungsgesellschaften existieren hingegen keine am Markt ablesbaren Bewertungen. Daher ist es erforderlich, diese Vermögenswerte anhand von oftmals komplexen Bewertungsverfahren zu ermitteln. Hier ist Expertenwissen gefragt.
Wie wir Sie unterstützen können
Im Rahmen eines unabhängigen Risk Assessment identifizieren unsere Experten aus dem Bereich Family Offices die potenzielle Bewertungsrisiken Ihrer illiquiden Vermögenswerte. Darüber hinaus begleiten und beraten wir Sie beim Umgang mit identifizierten Wertrisiken, seien es Fragen der Bilanzierung, die Erstellung von Sanierungskonzepten oder der Beurteilung und Erstellung von Fortführungsprognosen und Handlungsalternativen bis hin zur rechtlichen Würdigung insolvenzrechtlicher Fragestellungen.
- Erstellung von individuell auf die Vermögenswerte abgestimmten Planungs- und Bewertungsmodellen (integrierte Planungsrechnung mit variablen Inputparametern) in Abstimmung auf Ihre konkrete Situation,
- Werttreiber-Analyse zur Visualisierung unterschiedlicher Szenarien und deren Effekt auf die Asset Allocation, Anlagerichtlinien und Liquiditätssteuerung,
- Validierung der Bewertungsparameter und Abgleich auf Fremdüblichkeit,
- Plausibilisierung von Planungsrechnungen inkl. Validierung der Planungsprämissen,
- Validierung der von Ihnen verwendeten Bewertungsmodelle und Bewertungsverfahren (Independent Modell Review bzw. Independent Valuation Review).
- Beratung bei der bilanziellen Abbildung von Bewertungsrisken und Impairments,
- Sondierung von Sanierungsmöglichkeiten und Implementierung von Restrukturierungsmaßnahmen sowie,
- Beurteilung insolvenzrechtlicher Fragestellungen.