Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine Verbraucherzentrale. Die beklagte Kreissparkasse ist mit Wirkung zum 1.1.2008 im Wege der Aufnahme von zwei Kreissparkassen durch die Kreissparkasse B entstanden. Die Rechtsvorgängerinnen der Beklagten hatten zahlreiche Prämiensparverträge mit Kunden abgeschlossen. Darin war vereinbart, dass der Sparer einen bestimmten mtl. Betrag auf das Sparkonto einzahlt und zwar eine Herabsetzung, nicht aber eine Erhöhung der Sparbeiträge möglich ist. Nach dem weiteren Inhalt der Verträge war das Sparguthaben variabel mit dem jeweils gültigen Zinssatz für Sparguthaben zu verzinsen. Darüber hinaus zahlte die Beklagte auf die während eines Kalenderjahres geleisteten Sparbeiträge jeweils am Jahresende eine sog. "SPrämie" gemäß der im Vertrag genannten Prämienstaffel. Diese Prämienstaffel umfasst je nach Vertragsgestaltung 15 oder 25 Jahre.
Im Jahr 2015 kündigte die Beklagte zahlreiche dieser Prämiensparverträge, wobei sie folgende Formulierung verwendete: "Bei den bestehenden Verträgen handelt es sich um Einlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist. Eine Vertragslaufzeit ist nicht vereinbart." Die Klägerin hält diese Kündigungsschreiben für irreführend, weil bis zum Ablauf der jeweils vereinbarten Prämienstaffel kein Kündigungsrecht der Beklagten bestehe. Die fehlerhafte Information veranlasse den Verbraucher, auf die Durchsetzung ihm zustehender Rechte, insbesondere auf die Zahlung von Prämien, zu verzichten.
Die Klägerin beantragte sinngemäß, der Beklagten zu verbieten, Verbrauchern, die mit ihr derartige Prämiensparverträge geschlossen haben, vor Ablauf des letzten Jahres der Prämienstaffel mitzuteilen, bei dem Vertrag handele es sich um eine "Einlage mit dreimonatiger Kündigungsfrist" und/oder der Vertrag werde unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist gekündigt. Ferner beantragte die Klägerin, die Beklagte zu verurteilen, ihr Auskunft über die Verbraucher zu erteilen, mit denen sie derartige Prämiensparverträge abgeschlossen hat, an diese Verbraucher ein individualisiertes Berichtigungsschreiben mit einem näher bezeichneten Inhalt zu übermitteln und dessen Versendung nachzuweisen. Hilfsweise beantragte sie Auskunft über die Anzahl der Prämiensparverträge sowie die Versendung von Berichtigungsschreiben und den Nachweis der Versendung. Außerdem begehrt die Klägerin die Erstattung der Abmahnkosten i.H.v. 200 € zzgl. Zinsen.
LG und OLG wiesen die Klage ab. Die Revision der Klägerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das OLG hat zu Recht angenommen, dass die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung und Beseitigung (§ 8 Abs. 3 Nr. 3, Abs. 1 UWG i.V.m. § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 7 UWG; § 2 UKlaG) nicht bestehen. Damit sind auch der die Beseitigung vorbereitende Auskunftsanspruch, der (Folgen-)Beseitigungsanspruch und der Anspruch auf Ersatz von Abmahnkosten unbegründet.
Bei den beanstandeten Aussagen in den Kündigungsschreiben handelt es sich um Angaben i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 2 UWG. Zur Täuschung geeignete Angaben i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 UWG sind nicht nur Tatsachenbehauptungen, sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch Meinungsäußerungen. Das ergibt sich aus der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung des § 5 Abs. 1 Satz 2 UWG. Aussagen über die Rechtslage werden allerdings nur in bestimmten Fällen von § 5 Abs. 1 UWG erfasst. Dabei ist entscheidend, wie der Verbraucher die Äußerung des Unternehmers unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Art und Weise der Äußerung auffasst.
Ist für die betroffenen Verkehrskreise erkennbar, dass es sich um eine im Rahmen der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung geäußerte Rechtsansicht handelt, fehlt dieser Äußerung die zur Erfüllung des Tatbestands der Irreführung erforderliche Eignung zur Täuschung. Das folgt aus der Überlegung, dass es dem Unternehmer bei der Rechtsverfolgung oder der Rechtsverteidigung unbenommen bleiben muss, eine bestimmte Rechtsansicht zu vertreten. Vertritt ein Unternehmen im Rahmen der Rechtsdurchsetzung oder -verteidigung eine bestimmte Rechtsansicht, so handelt es sich um eine Meinungsäußerung, die deshalb grundsätzlich selbst dann nicht wettbewerbswidrig ist, wenn sie sich als unrichtig erweist. Ob diese Rechtsansicht richtig ist, kann nicht im Wettbewerbsprozess, sondern muss in dem Rechtsverhältnis geprüft und entschieden werden, auf das sich diese Rechtsansicht bezieht.
Dagegen erfasst § 5 Abs. 1 UWG Äußerungen, in denen der Unternehmer gegenüber Verbrauchern eine eindeutige Rechtslage behauptet, die tatsächlich nicht besteht, sofern der angesprochene Kunde die Aussage nicht als Äußerung einer Rechtsansicht, sondern als Feststellung versteht. Ebenso ist eine objektiv falsche rechtliche Auskunft eines Unternehmers, die er auf eine ausdrückliche Nachfrage des Verbrauchers erteilt, zur Irreführung und Beeinflussung des Verbrauchers geeignet, weil sie ihn daran hindert, eine Entscheidung in voller Kenntnis der Sachlage zu treffen. Auch in dieser Situation versteht der angesprochene Kunde die Aussage nicht als Äußerung einer Rechtsansicht, sondern als Feststellung.
Nach diesen Grundsätzen werden die beanstandeten Äußerungen der Beklagten in den Kündigungsschreiben nicht von § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 Nr. 7 UWG erfasst. Die Klägerin kann ihre Ansprüche auch nicht auf § 2 UKlaG stützen. Bei den Bestimmungen der §§ 3, 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 7 UWG handelt es sich zwar um Verbraucherschutzgesetze im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 UKlaG. Das ergibt eine richtlinienkonforme Auslegung des Begriffs Verbraucherschutzgesetz. Es fehlt aber an einem Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Fall 2 Nr. 7 UWG.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung ist auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
- Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.